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# taz.de -- Verfahren Vattenfall vs. Deutschland: Ein Sieger steht schon fest
> Warum TTIP und Ceta nicht egal sind, zeigt beispielhaft das
> Schiedsgerichtsverfahren Vattenfall gegen Deutschland, das derzeit
> stattfindet.
Bild: Dieses Jahr demonstrierten hunderttausend Menschen gegen die geplanten Ab…
BERLIN taz | Die Anwälte gewinnen immer. 8 Millionen Euro hatte die Klage
von Vattenfall gegen Deutschland den deutschen Steuerzahler im Sommer
bereits gekostet. Dabei hat das Schiedsgerichtsverfahren zwischen dem
schwedischen Energiekonzern und der Bundesregierung noch gar nicht richtig
angefangen.
Die Kosten für die Juristen dürften nun noch deutlich steigen – am Ende
könnte es richtig teuer werden. Am Montagabend startete vor dem
Internationalen Schiedsgericht ICSID in Washington die Anhörung im
Verfahren ARB/12/12. Auf ARB/12/12 zeigen viele, wenn sie erklären wollen,
warum sie gegen Freihandelsabkommen wie TTIP und Ceta sind.
Es geht natürlich auch um den Streitwert: 4,7 Milliarden Euro Schadenersatz
fordern die Schweden, weil sie ihre Atomkraftwerke Krümmel und Brunsbüttel
nach Fukushima stilllegen mussten. Bei dem Verfahren, das noch bis Mitte
2017 dauern soll, wird die deutsche Energiewende nach dem Atomausstieg
wegen der Kernschmelze in Japan am 11. März 2011 verhandelt.
Am Sitz der Weltbank in der US-Hauptstadt geht es aber auch um die ganz
großen Ängste der Freihandelsskeptiker: die Frage, ob TTIP oder Ceta die
Rechte von Staaten beschneiden, Gesetze zu erlassen. Den Vorwurf, dass
durch den Investitionsschutz eine Paralleljustiz entsteht. Die Furcht, dass
private Schiedsgerichte wie das ICSID das in Jahrhunderten gewachsene
europäische Rechtssystem einfach aushebeln.
## Da ist viel Geld zu holen
Insgesamt 3,5 Milliarden Euro Schadenersatz mussten allein EU-Länder in den
vergangenen 20 Jahren an Konzerne wegen Investitionsschutzklagen zahlen. In
60 Prozent der Fälle ging es um Umweltfragen: Vattenfall hatte so bereits
Deutschland wegen des Kohlekraftwerks Moorburg bei Hamburg verklagt. Am
Ende stand ein Vergleich. Der ist zwar „geheim“, aber der Hamburger Senat
musste wohl die Umweltschutzauflagen für Moorburg lockern.
Da viel Geld zu holen ist, haben sich inzwischen viele US-Kanzleien auf die
hochprofitablen Verfahren spezialisiert. Die Zahl der Klagen steigt
jährlich: Allein Argentinien wurde bereits 41-mal vor das Tribunal in
Washington gezogen. Zur höchsten Strafe wurde bislang Ecuador verdonnert:
2,3 Milliarden US-Dollar soll das lateinamerikanische Land laut einem
Urteil von 2012 an den US-Multi Occidental Petroleum Corporation zahlen,
weil eine bereits genehmigte Ölprobebohrung untersagt wurde. Basis dieser
Klagen waren Investorenschutzregeln in älteren Handelsverträgen. Bei
Vattenfall vs. Deutschland ist die internationale Energie-Charta die
Klagegrundlage, ein Abkommen zwischen 51 Staaten von 1998, das die
Bedingungen im Energiesektor regelt.
Wie die deutschen Energiekonzerne Eon und RWE hat Vattenfall auch vor dem
Bundesverfassungsgericht Klage auf Schadenersatz wegen des Atomausstiegs
eingereicht. Allerdings ist ungewiss, ob das Staatsunternehmen überhaupt
auf Grundrechtsschutz in Deutschland pochen kann. Deshalb setzt Vattenfall
nun auf das Schiedsgericht. Hier können wiederum weder Eon noch RWE klagen,
weil sie deutsche Unternehmen sind.
Laut Fachleuten sieht es für Vattenfall gar nicht so schlecht in Washington
aus. Die Schweden können geltend machen, dass die nachträgliche Begrenzung
der Laufzeiten ihr Vertrauen in die Verlässlichkeit der Deutschen
enttäuscht habe und deshalb „ungerecht und unbillig“ sei, schrieb der
Passauer Völkerrechtler Hans-Georg Dederer, als Vattenfall die Klage 2012
einreichte. Erst wenige Monate vor Fukushima waren die Laufzeiten der AKWs
von der Bundesregierung verlängert worden.
10 Oct 2016
## AUTOREN
Kai Schöneberg
## TAGS
Schwerpunkt TTIP
Schiedsgericht
Vattenfall
Atomausstieg
Freihandel
CETA
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