# taz.de -- TTIP-Verhandlungen in New York: Einigung nicht in Sicht | |
> Europaabgeordnete warnen vor Abkürzungen und anderen Tricks: Die 13. | |
> TTIP-Verhandlungsrunde in New York hat begonnen. | |
Bild: Mittelfinger gegen Freihandel: Anti-TTIP-Protest in Hannover | |
BRÜSSEL taz | US-Präsident Barack Obama war bester Laune, als er am Montag | |
mit Bundeskanzlerin Angela Merkel die Hannover Messe eröffnete. „Buy made | |
in America“, warb er lächelnd für amerikanische Produkte. „Buy German ist | |
auch schön“, gab Merkel zurück. | |
Ihre Antwort klang gequält. Denn das „Buy American“-Label ist ein | |
Knackpunkt bei den Verhandlungen über das TTIP-Freihandelsabkommen zwischen | |
der EU und den USA. Bei der 13. Verhandlungsrunde, die am Montag in New | |
York begann, könnte es deshalb zum Eklat kommen. | |
Den Mitgliedern der Verhandlungskommission aus der EU ist die Abschottung | |
öffentlicher Beschaffungsmärkte in den USA ein Dorn im Auge. Sie wollen | |
nicht hinnehmen, dass US-Bundesstaaten nur Autos, Straßenbahnen oder Züge | |
„made in America“ bestellen. Zumindest Ausschreibungen auf der | |
US-Bundesebene könnten für europäische Firmen geöffnet werden, heißt es in | |
Brüssel. Die USA müssten ihr Angebot nachbessern, fordert | |
Handelskommissarin Cecilia Malmström. | |
Die Amerikaner wollen jedoch stur bleiben. Schließlich sei der europäische | |
Markt auch nicht so offen, wie die EU immer behauptet: US-Firmen hätten | |
gerade einmal Zugang zu jeder zweiten EU-weiten Ausschreibung, heißt es. | |
Der Streit um „Buy America“ zeigt, wie Amerikaner und Europäer aneinander | |
vorbeireden. Dabei ist es nicht der einzige Knackpunkt. Auch bei den | |
Schutzstandards für Umwelt, Arbeit und Gesundheit geht es kaum voran. | |
„Die Verbraucherschutz-Standards werden nach unten angeglichen werden“, | |
warnt Lori Wallach von Public Citizen in den USA, der nach eigenen Angaben | |
größten Verbraucherorganisation der Welt. „Das kann alles Mögliche | |
betreffen, was derzeit in Europa besser geregelt ist. Denn einer der Tricks | |
ist es, in den Vereinbarungen vage zu bleiben.“ | |
## Die EU-Kommission drückt aufs Tempo | |
Der grüne Europaabgeordnete Reinhard Bütikofer teilt diese Sorge. In den | |
letzten Entwürfen gehe es „leider darum, Standards zu untergraben“, sagte | |
er der taz. Eine schnelle Einigung könne es nur geben, „wenn die | |
europäische Seite in wesentlichen Fragen schmucklos einknickt – und das | |
wäre nicht akzeptabel.“ | |
Dabei machen Obama und Merkel Druck: Trotz massiver Proteste – am Samstag | |
gingen in Hannover mehrere Zehntausend Menschen auf die Straße – wollen sie | |
die Verhandlungen noch in diesem Jahr abschließen. Die EU drängt sogar auf | |
eine Einigung noch vor der Sommerpause. Denn danach, so die Sorge in | |
Brüssel, wird Obama zur „Lame Duck“. Der Präsidentschaftswahlkampf könnte | |
auch kleinste Zugeständnisse erschweren, zumal auch in den USA die | |
TTIP-Kritiker Zulauf bekommen. | |
Die EU-Kommission drückt deshalb aufs Tempo. Sie möchte bis Ende Juni einen | |
„konsolidierten“, also fertig abgestimmten Text vorlegen. Doch das | |
Europaparlament, das dem Abkommen zustimmen muss, tritt auf die Bremse. | |
Es sei praktisch ausgeschlossen, dass TTIP bis zum Sommer ausverhandelt | |
wird, sagt der Chef des Handelsausschusses, Bernd Lange (SPD). Die | |
Amerikaner hätten erst zu 14 der 24 Verhandlungskapitel Vorschläge gemacht, | |
kritisiert er. Sensible Fragen wie Dienstleistungen, Arbeitnehmerrechte, | |
Investorenschutz, Anerkennung geografischer Herkunftsbezeichnungen und | |
vieles mehr seien überhaupt noch nicht richtig angepackt worden, so Lange. | |
## „Informelle Absprache“? | |
Keinerlei Einigung zeichnet sich zudem im Streit über den Schutz für | |
Investitionen ab. Die EU hat zwar vorgeschlagen, die bisher üblichen | |
privaten Schiedsgerichte (ISDS) durch ein neues öffentliches Handelsgericht | |
zu ersetzen. Doch die USA sind auf diese Idee nicht gut zu sprechen. | |
„Die Amerikaner müssen sich noch in sehr vielen Bereichen bewegen“, sagt | |
auch der CDU-Handelsexperte Daniel Caspary. Er wünscht sich zwar einen | |
Abschluss noch in diesem Jahr. „Es gilt aber auch: Gründlichkeit vor | |
Schnelligkeit.“ | |
Ohne das grüne Licht aus Straßburg kann TTIP nicht in Kraft treten. | |
Allerdings hört man im Europaparlament auch die Sorge, dass Obama und | |
Merkel versuchen könnten, ein „TTIP light“ auszuhandeln und das Abkommen | |
vorzeitig in Kraft zu setzen – also die vorgesehenen EU-Verfahren | |
auszuhebeln. | |
Eine „informelle Absprache“ sei immer noch möglich, warnt Bütikofer. Doch | |
da werde das Europaparlament nicht mitspielen, ergänzt Lange: „TTIP light | |
oder so etwas – das machen wir nicht mit, da gibt es die rote Karte.“ | |
26 Apr 2016 | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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