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# taz.de -- SPD-Politiker Miersch über TTIP: „Das Misstrauen ist schon bitte…
> Die SPD hat keinen guten Stand bei TTIP-Gegnern. Das bekam jetzt der
> sozialdemokratische Abgeordnete Matthias Miersch zu spüren.
Bild: Möchte gern TTIP verabschieden: Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD)
taz: Herr Miersch, am Samstag war in Hannover viel SPD-Klientel auf der
Straße. Auch Gewerkschafter demonstrierten gegen TTIP und buhten Sie als
Sozialdemokrat aus. Was macht das mit Ihnen?
Matthias Miersch: Gerade weil ich Freihandelsabkommen sehr kritisch sehe
und als Anwalt seit mehr als 20 Jahren für die Rechte der Bauern und gegen
große Konzerne kämpfe, war das pauschale Misstrauen, das mir da
entgegengeschlagen ist, natürlich schon bitter. Es zeigt aber vor allem,
wie viel Porzellan durch die Intransparenz um die Freihandelsabkommen
zerschlagen worden ist.
Sigmar Gabriel hat Anti-TTIP-Demonstranten schon als reich und hysterisch
bezeichnet. Nicht gerade geschickt, oder?
Die Befürworter von TTIP gehen genauso pauschal vor, wenn sie sagen, das
sei alles Hysterie. Sich gegenseitig abzukanzeln sollte man von beiden
Seiten unterlassen, denn so ist kein Austausch mehr möglich. Die SPD hat
klare rote Linien gezogen, die die Freihandelsabkommen nicht verletzen
dürfen. Sie hat sich nicht pauschal auf ein Ja oder Nein festgelegt.
Glauben Sie echt, eine SPD mit Gabriel an der Spitze würde TTIP je
ablehnen?
Auch Sigmar Gabriel hat die Anforderungen der SPD mitgetragen. Jetzt ist es
wichtig, sie mit dem Ceta-Vertrag zu vergleichen, von dem wir im Juni eine
deutsche Übersetzung bekommen. Ich erwarte von der Parteiführung eine
Gegenüberstellung des Vertrags und unserer roten Linien. Ich selbst sitze
seit sechs Monaten an dem Text und habe Zweifel und Fragen, was ihre
Einhaltung angeht.
Die SPD hat 14 „rote Linien“ formuliert, Ceta hat 1.600 Seiten. Da kann
doch jeder hineinlesen, was er will.
Sicher wird es am Ende um Interpretationen gehen, aber es stellt sich die
Frage, wie groß die Spielräume sind. Momentan stehen im Ceta-Vertrag sehr
viele unbestimmte Rechtsbegriffe. Die muss man diskutieren und zur Not
nachverhandeln – es wird ja bis jetzt über Präzisierungen verhandelt.
Haben Sie ein Beispiel?
Die umstrittenen Schiedsgerichte, vor denen Unternehmen Staaten verklagen
können, sollen bei Ceta durch ordentliche Handelsgerichte ersetzt werden –
ein wichtiger Verhandlungserfolg, der aber nichts bringt, wenn die
Rechtsgrundlagen für diese Gerichte schlecht sind. Zum Beispiel verklagt
Vattenfall gerade die Bundesrepublik wegen des Atomausstiegs auf
Schadenersatz. Grundlage für diese Klage ist die sogenannte Energiecharta.
Im Ceta-Vertrag tauchen Formulierungen aus ebendieser Charta auf. Wenn
Konzerne absurde Klagen auf unbestimmte Begrifflichkeiten stützen, muss das
problematisiert werden.
Wäre es für die SPD nicht klüger, sich wieder als Arbeiterpartei zu
profilieren und TTIP abzulehnen, statt ständig „Ja, aber“ zu sagen?
Die SPD ist beim Freihandel nur einer von vielen Akteuren in Europa. Aber
klar ist: Mit uns gibt es keinen Freifahrtschein für TTIP und Ceta. Wir
haben wie keine andere Partei die Gerechtigkeit als Markenkern – deshalb
ist für uns die Frage zentral, wie man Globalisierung gestaltet. Das Primat
muss Gerechtigkeit sein, nicht der Markt.
TTIP steht für „Handels- und Investitionspartnerschaft“. Das ist ein klares
Primat.
Ich setze auf weitere Verhandlungen. Die neue kanadische Regierung ist viel
fortschrittlicher als die alte. Das ist doch eine Gelegenheit, Ceta und
auch TTIP unter ganz neue Vorzeichen zu stellen. Man muss nicht zu allem
Amen sagen, sondern kann auch neu ansetzen.
Wie? TTIP ist fast fertig.
Was wir als Abgeordnete von den TTIP-Texten zu sehen bekommen, ist eine
Farce. Die EU-Kommission zeigt uns nichts weiter als veraltete Protokolle.
Ich habe große Zweifel, ob je ein fertiger Vertrag das Licht der
Öffentlichkeit erblickt. Ceta ist momentan viel wichtiger als TTIP, denn es
liegt uns vor.
25 Apr 2016
## AUTOREN
Ingo Arzt
## TAGS
Schwerpunkt TTIP
CETA
SPD
Sigmar Gabriel
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