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# taz.de -- Anti-TTIP-Protest in Hannover: Breites Bündnis mobilisiert erfolgr…
> In Hannover demonstrierten Zehntausende gegen die sogenannten
> Freihandelsabkommen – und für Umweltschutz und soziale Gerechtigkeit.
Bild: Protest am Samstag in Hannover
Hannover taz | Für Umweltschützer, Gewerkschafter und
Globalisierungskritiker ist es ein riesiger Erfolg: Unter dem Motto „Für
einen gerechten Welthandel“ protestierten am Samstag fast 100.000 Menschen
in Hannover gegen die sogenannten Freihandelsabkommen TTIP, CETA und TiSA.
Die stehen in den Augen der DemonstrantInnen für eine
wirtschaftsfreundliche, an Konzerninteressen orientierte Angleichung von
Umwelt- und Sozialstandards zwischen Europa und Nordamerika.
„Stoppt TTIP, stoppt CETA“ war auf Fahnen von Globalisierungskritikern von
Attac und Campact zu lesen. „Keine Chlorhühnchen, keine Gentechnik, kein
Hormonfleisch“, steht auf anderen – und: „Stoppt die Freihandelslüge“.
Anlass des Protests ist eine Stippvisite von US-Präsident Barack Obama, der
am Sonntag zu seinem letzten Deutschland-Besuch als Staatsoberhaupt in der
niedesächsischen Landeshauptstadt erwartet wird.
Zusammen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wird er mit der „Hannover
Messe“ die größte Industrie-Leistungsschau der Welt eröffnen, deren
Partnerland in diesem Jahr die USA sind. Präsident und Kanzlerin werden
dabei kräftig Werbung für TTIP machen.
Teil des Obama-Trosses ist nicht nur US-Handelsministerin Penny Sue
Pritzker – auch die US-Ressortchefs für Verkehr, Anthony Foxx, und Energie,
Ernest Moniz, werden in Hannover erwartet. Merkel wiederum hat
SPD-Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel im Schlepp. Auch der
Sozialdemokrat will kräftig für das Freihandelsabkommen werben: „TTIP –
große Chancen für kleine Unternehmen“ lautet der Titel einer Diskussion mit
Gabriel und Pritzker am Montag.
## Gesetze als Handelshemmnisse
Auf der Demo-Bühne des schon eine Stunde vor Beginn prall gefüllten
Hannoveraner Openplatzes kritisierten RednerInnen dagegen TTIP als Kotau
der Politik vor kapitalstarken multinationalen Konzernen. Profitinteressen
drohten demokratische Grundrechte auszuhebeln, warnte Hanni Gramann von
Attac mit Blick auf die geplanten Sondergerichte für Konzerne, vor denen
gegen Gesetze als „Handelshemmnisse“ geklagt werden könnten.
„Pervers“ sei, wie Obama und Merkel mit TTIP Umwelt- und Sozialstandards
opfern wollten, für die sie auf dem UN-Nachhaltigkeitsgipfel im Herbst in
New noch selbst eingetreten seien, rief der Vorsitzende des Bunds für
Umwelt und Naturschutz (BUND), Hubert Weiger, unter dem Applaus
zehntausender DemonstrantInnen.
„Verlasst den falschen Weg“, appellierte Weiger an die Adresse von
Präsident und Kanzlerin: „Ihr habt versprochen, Euch für die
Überlebensinteressen eurer Völker einzusetzen. Beachtet diesen Eid!“ Auf
dem Opern- und dem angrenzenden Georgsplatz waren die Fahnen der
Gewerkschaften Ver.Di und NGG ebenso zu sehen wie die von Umweltschützern
von BUND und den Naturfreunden.
## Kritik an Sigmar Gabriel
Vertreten waren auch Grüne, Linke, Piraten und DKP. Auch SPD-Banner gab es
– dabei mussten die Sozialdemokraten auch von der Bühne aus heftige Kritik
einstecken. Gerade SPD-Chef Gabriel nehmen viele DemonstrantInnen noch
immer übel, dass er sie auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos als „reich
und hysterisch“ bezeichnet hatte.
„Herr Gabriel: Wir machen hier, was eigentlich ihr Job wäre: Demokratie und
Rechtsstaat verteidigen“, rief Cristoph Bautz vom Vorstand der
Bewegungsplattform Campact, bevor sich die Demo gegen 13:00 Uhr in Bewegung
setzte. Die Spitze des Protestzuges bildeten Landwirte mit Dutzenden
Traktoren. Schon gegen 10 Uhr am Morgen hatten sie vor dem grün geführten
niedersächsischen Verbraucherschutzministerium demonstriert – und dem
grünen Landwirtschaftsminister Christian Meyer als Symbol für ihr
Höfesterben ein paar alter Gummistiefel überreicht.
„Allein im vergangenen Jahr haben in Deutschland 3.500 Milchbauern ihre
Existenz verloren, haben ihre Stiefel in die Ecke gestellt“, erklärte der
Bundesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL),
Martin Schulz, die Aktion. „TTIP dient allein den Interessen großer
Agrarkonzerne“, so Annemarie Volling, Gentechnikexpertin der AbL.
„Landwirte spielen in dem Vertrag keine Rolle.“
Schon jetzt sorge die Überproduktion in den USA und der EU für fallende
Preise: „Auf dem Weltmarkt können wir nicht konkurrieren, wenn wir Qualität
anbieten wollen.“
Elf Verbraucherschutzminister hätten sich auf ihrer Konferenz in Düsseldorf
gegen TTIP ausgesprochen, revanchierte sich Minister Meyer: „Als Agrarland
Nummer 1 in Deutschland hat Niedersachsen besonders viel zu verlieren.“ Am
Samstagnachmittag zogen nach Veranstalterangaben mehr als 90.000 Menschen
über Hannovers Innenstadtring. Die Polizei sprach von mehr als 35.000
Teilnehmern.
Begeisterung weckte besonders ein Groß-Transparent, das Greenpeace-Kletter
am DGB-Haus entfaltet hattet. „Yes, we can – stop TTIP“ stand darauf. „…
komplette Stadtring ist voll“, freute sich Demo-Sprecher Christian Weßling.
„Das übertrifft alle unsere Erwartungen.“
23 Apr 2016
## AUTOREN
Andreas Wyputta
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