# taz.de -- USA erlauben Gentechmethode CRISPR: Der Champignon, der nicht braun… | |
> Das US-Agrarministerium stuft Pflanzen der Gentech-Methode CRISPR wie | |
> konventionelle ein. Sie könnten auch nach Europa exportiert werden. | |
Bild: Besseres Aussehen, bessere Haltbarkeit: einfach einen Teil des Erbgbuts a… | |
Berlin taz | Das US-Agrarministerium hat erstmals grünes Licht für Pflanzen | |
gegeben, die mit der neuen Gentechnikmethode CRISPR/Cas hergestellt wurden: | |
für einen Champignon der Universität Pennsylvania State und einen Mais des | |
Chemiekonzerns DuPont Pioneer. Beide Pflanzen benötigten keine Zulassung | |
als Biotechnologie-Produkt, heißt es in Bescheiden des Ministeriums. Das | |
Saatgut darf also wie konventionelles ohne spezielle Sicherheitsprüfung | |
amtlich registriert und dann verkauft werden. | |
Ob der Champignon vermarktet wird, ist noch unklar. Pioneer hingegen | |
kündigte an, [1][den Mais bis 2021 auf den US-Markt zu bringen]. „Das ist | |
nur der Anfang“, sagte Konzern-Vizechef Neal Gutterson. Die Technik lasse | |
sich bei allen „interessanten Pioneer-Pflanzen anwenden.“ | |
„Da ist die EU in einer schwierigen Situation“, sagte der Geschäftsführer | |
des gentechnikkritischen Vereins Testbiotech, Christoph Then. | |
„Mittelfristig könnte es sein, dass diese Pflanzen auch hierher importiert | |
werden“, ohne dass sie als gentechnisch verändert deklariert werden. Die | |
Europäische Kommission hat bisher nicht entschieden, ob sie | |
CRISPR/Cas-Pflanzen als Gentech-Produkte einstuft und sie deshalb auf der | |
Verpackung als solche gekennzeichnet werden müssen. „Dadurch könnte für den | |
Verbraucher eine ziemlich unübersichtliche Situation entstehen“, sagt Then. | |
Für ihn steht fest: „Das ist alles Gentechnik und muss gekennzeichnet | |
werden.“ | |
Das Agrarministerium in Washington begründete seinen [2][Bescheid für den | |
CRISPR/Cas-Mais] damit, dass bei der Herstellung des Saatguts „kein | |
genetisches Material von Pflanzenkrankheiten benutzt“ worden sei. Nur dann | |
hätte die Behörde nach dem im Vergleich zu den EU-Gesetzen sehr laxen | |
US-Gentechnikrecht Tests oder Auflagen anordnen können. Ähnlich | |
argumentieren die Beamten [3][im Fall des Champignons]. Die Behörde für | |
Lebens- und Arzneimittel (FDA), die für die Sicherheit von Nahrungsmitteln | |
in den Vereinigten Staaten verantwortlich ist, verlangt in der Regel keine | |
Zulassung für Gentech-Pflanzen. | |
## Teile des Erbguts ausgeschaltet | |
In dem Pilz haben die Wissenschaftler den Teil des Erbguts ausgeschaltet, | |
der Champignons braun anlaufen lässt. Das [4][„verbessert das Aussehen und | |
die Haltbarkeit bedeutend“], schrieb Erfinder Yinong Yang dem Ministerium. | |
Im DuPont-Pioneer-Mais wurde mithilfe von CRISPR/Cas ein Gen stillgelegt. | |
Das führt laut Unternehmen dazu, dass die Industrie mit der Stärke der | |
Pflanze leichter beispielsweise Fertiglebensmittel verdicken oder | |
Klebstoffe herstellen kann. Dafür eignen sich zwar auch konventionell | |
gezüchtete „Wachsmais“-Sorten, aber die liefern weniger Ertrag als normaler | |
Mais. Das soll bei den CRISPR-Sorten anders werden. | |
Die EU-Kommission verschiebt ihre Entscheidung über „neue | |
Züchtungsmethoden“ wie CRISPR/Cas seit Monaten. Derzeit überlege sie, ob | |
eine juristische Analyse nötig ist, teilte Sprecher Enrico Brivio mit. Doch | |
er riet bereits jetzt, „nicht alle neuen Technologien als ‚versteckte‘ | |
gentechnisch veränderte Organismen zu behandeln.“ Mit dem geplanten | |
TTIP-Freihandelsabkommen zwischen USA und EU habe das aber – anders als von | |
Kritikern befürchtet – nichts zu tun. | |
Mit CRISPR/Cas lässt sich Erbgut genauer und leichter verändern als mit | |
früheren Gentech-Methoden. [5][Gegner] kritisieren jedoch, dass auch bei | |
CRISPR/Cas ungewollte Veränderungen im Genom und damit Risiken für Umwelt | |
und Gesundheit möglich seien. Zudem würden die Pflanzen patentiert werden, | |
sodass Züchter dieses Saatgut nur noch mit Genehmigung der | |
Schutzrechteinhaber weiter entwickeln könnten. Pioneer bestätigte der taz, | |
dass es ein Patent auf den Mais beantragt habe. Außerdem, so die Kritiker, | |
beschleunige CRISPR/Cas die Rationalisierung und Intensivierung der | |
Landwirtschaft, die zu Problemen wie Umweltschäden und | |
Arbeitsplatzverlusten führten. | |
Wissenschaftler und Unternehmen antworten darauf, dass einerseits die | |
Risiken sehr gering seien. Andererseits biete CRISPR/Cas zum Beispiel die | |
Chance, Pflanzen in vergleichsweise kurzer Zeit [6][resistent gegen | |
Krankheiten] zu machen, um umweltschädliche Pestizide einzusparen. Bislang | |
werde CRISPR/Cas nicht von großen Konzernen dominiert, die dank neuer | |
Pflanzen noch mehr Agrarchemie verkaufen wollten. | |
26 Apr 2016 | |
## LINKS | |
[1] http://www.pioneer.com/home/site/about/news-media/news-releases/template.CO… | |
[2] https://www.aphis.usda.gov/biotechnology/downloads/reg_loi/15-352-01_air_re… | |
[3] https://www.aphis.usda.gov/biotechnology/downloads/reg_loi/15-321-01_air_re… | |
[4] https://www.aphis.usda.gov/biotechnology/downloads/reg_loi/15-321-01_air_in… | |
[5] /Streit-ueber-neue-Gentech-Methode/!5290332 | |
[6] /Oekoforscher-ueber-neue-Gentech-Methode/!5290509 | |
## AUTOREN | |
Jost Maurin | |
## TAGS | |
CRISPR | |
USA | |
EU | |
Schwerpunkt Gentechnik | |
Cas | |
Patente | |
Landwirtschaft | |
Schwerpunkt Gentechnik | |
Wald | |
Kanada | |
CRISPR | |
Schwerpunkt TTIP | |
Urs Niggli | |
Schwerpunkt Gentechnik | |
CRISPR | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Patente auf Braugerste: Skandal im Bierbezirk | |
Carlsberg und Heineken haben sich natürliche Braugersten patentieren | |
lassen. Das sollte laut EU-Kommission gar nicht möglich sein. | |
Saatgut mit Open-Source-Lizenz: Tomatenanbau ohne Konzerne | |
Sunviva ist eine Tomate ohne Eigentumsrechte. Die Entwickler*innen hoffen, | |
langfristig eine Konkurrenz für die großen Konzerne zu werden. | |
Streit über neue Gentechnik-Definition: Züchter befürchten Hemmnisse | |
Ist das Arbeiten mit den neuen molekularen Gen-Scheren als gentechnisches | |
Verfahren einzustufen? Gestritten wird darüber schon länger. | |
Kolumne Aufgeschreckte Couchpotatoes: Gehn wir in die Pilze! | |
Viele schwören darauf: Heilpilze sind Teil alternativer Medizin. Fans | |
können sie übers Netz beziehen oder selber suchen. Eine Pilzwanderung. | |
Gentech-Kritiker zu Handelsvertrag Ceta: „Klonfleisch-Verbot wäre unmöglich… | |
Das Freihandelsabkommen der EU mit Kanada ist eine Gefahr für | |
Verbraucherrechte, sagt Anti-Gentechnik-Aktivist Christoph Then. | |
Szene-Streit um Gentechnikaussagen: Demeter lässt fünfe gerade sein | |
Der Bioverband spricht sich nach langem Zögern gegen die Bestrafung eines | |
gentechnikfreundlichen Ökoforschers aus. | |
Anti-TTIP-Protest in Hannover: Breites Bündnis mobilisiert erfolgreich | |
In Hannover demonstrierten Zehntausende gegen die sogenannten | |
Freihandelsabkommen – und für Umweltschutz und soziale Gerechtigkeit. | |
Kommentar Gentechnik-GegnerInnen: Die Bio-Gesinnungspolizei | |
Manche Kritik an Urs Nigglis Aussagen zur Gentechnik ist autoritär. Teile | |
der Umweltbewegung sind so intolerant wie ihre Gegner. | |
Streit über Gentechnik in Landwirtschaft: Bio-Funktionäre wollen keine Zensur | |
Seit einem taz-Interview fordern Aktivisten den Rücktritt des | |
gentechnikfreundlichen Forschers Urs Niggli. Große Ökoverbände lehnen das | |
ab. | |
Ökoforscher über neue Gentech-Methode: „CRISPR hat großes Potenzial“ | |
Urs Niggli ist der wichtigste Wissenschaftler der Bioszene, die jede | |
Genmanipulation ablehnt. Nun macht er seine innere Wende öffentlich. |