# taz.de -- Verkehrswende: E-Autos für die Weiten Niedersachsens | |
> Keine Diesel und Benziner mehr bis 2030? Unter anderem E-Autos sollen | |
> Alternativen bieten. Aber wie sieht es mit der Infrastruktur aus? | |
Bild: Niedersachsens Ministerpräsident Stefan Weil (SPD) testet einen Sportwag… | |
HAMBURG taz | Geht man abends durch Seitenstraßen im Bremer | |
Steintor-Viertel, so kann man ihn mit Glück beobachten: den Besitzer eines | |
E-Autos. Mit langem Kabel steht er dann auf der Straße und legt eine Spur | |
vom Briefkastenschlitz seines Reihenhauses über Gehweg und Fahrbahn bis zu | |
seinem BMW i3. Ganze 264 E-AutobesitzerInnen wie ihn gibt es in Bremen – | |
bei insgesamt 284.484 PKW. Das Aufladen eines E-Autos in einem Gebiet wie | |
dem hippen Steintorviertel ist dabei nicht einfach. Nur mit viel Glück | |
gelingt es, einen Parkplatz in der eigenen Wohnstraße zu finden, und Häuser | |
mit Garage sind selten. Dennoch sollen Verbrennungsmotoren aus den | |
Stadtbildern verschwinden, unter anderem E-Autos die Zukunft sein. Doch wie | |
geht das in ländlichen Regionen? | |
Derzeit diskutiert das Bundeskabinett in Sachen emissionsarmer Mobilität | |
über einen Beschluss des Bundesrats von Ende September. Darin wurde die | |
EU-Kommission gebeten, Vorschläge zu unterbreiten, „damit spätestens ab dem | |
Jahr 2030 unionsweit nur noch emissionsfreie PKW zugelassen werden“. | |
Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) lobte den Beschluss, | |
Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hält ihn für „Unsinn“. Dem | |
Bundesrats-Beschluss stimmte unter anderem auch Niedersachsen zu, wo | |
Volkswagen seinen Sitz hat. | |
Der Städte- und Gemeindebund des Flächenlandes hat nun am Montag eine | |
stärkere Förderung von E-Autos auf dem Land und in den Dörfern gefordert. | |
Wenn Niedersachsen bei der E-Mobilität an die Spitze wolle, müsse das Land | |
gemeinsam mit der Automobilindustrie einige Milliarden Euro in die Hand | |
nehmen, sagte Städtebund-Sprecher Thorsten Bullerdiek. Er forderte | |
flächendeckend Ladestationen und eine Förderung für den Einsatz von | |
E-Fahrzeugen. Die Infrastruktur in der Fläche dürfe nicht wieder | |
vernachlässigt und damit eine Zukunftstechnologie verschlafen werden. | |
Laut einer Erhebung des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft | |
gab es in Niedersachsen Mitte 2016 insgesamt 484 Ladestationen für E-Autos. | |
Das sind zehn Ladestationen auf 1.000 Quadratkilometer des Bundeslandes. | |
Zum Vergleich: In Hamburg ist das Netz mit 292 öffentlich zugänglichen | |
Ladestationen 15 Mal dichter. | |
Sind Elektroautos also eher eine Mobilitätsalternative für die Stadt? Der | |
kleine Flitzer für den kurzen Einkauf? Kommt man bei durchschnittlichen | |
Reichweiten zwischen 70 bis 100 Kilometern auf Landstraßen nicht regelmäßig | |
ins Schwitzen? Zumindest die Parkplatzsuche ist auf dem Land nicht das | |
Problem, das Laden eines E-Autos im Carport vor dem Haus scheint | |
komfortabel. | |
Tatsächlich sieht etwa der ökologische Verkehrsclub Deutschland (VCD) für | |
E-Autos eher eine Zukunft auf dem Land. E-Mobilität sei für Pendler | |
interessant, die 40 bis 50 Kilometer zur Arbeitsstelle fahren müssten und | |
ihre Strecken gut planen könnten. In der Stadt plädiert der VCD hingegen | |
eher für „autoreduzierte Mobilität“. Und ohnehin ist man beim VCD von | |
E-Autos nicht begeistert: Zwar helfen die Fahrzeuge bei der | |
Luftreinhaltung, ohne Strom aus regenerativen Energien seien E-Autos den | |
Benzinern bei der CO2-Bilanz aber keineswegs voraus. | |
Ganz in diesem Sinne setzt man etwa in Bremen auch nicht wirklich auf | |
Elektroautos. „Bremen als Großstadt setzt auf den Umweltverbund“, erklärte | |
Jens Tittmann, Sprecher des Bremer Umweltressorts – also auf öffentlichen | |
Personennahverkehr, Fahrräder, und den Gang zu Fuß. Ziel müsse es sein, von | |
Motoren mit fossilen Energien loszukommen. Bremen investiere dafür in neue | |
Straßenbahnen und elektrobetriebene Busse. | |
Hamburg hingegen verfolgt seit einem 2014 beschlossenen Masterplan den | |
Ausbau der Infrastruktur für E-Autos. „Elektromobiliät entwickelt sich aus | |
urbanen Räumen“, sagt dazu Christoph Steinkamp, Leiter des Projektes | |
Elektromobilität Modellregion Hamburg. Fast jeden Tag würden Ladestationen | |
im Stadtgebiet geschaffen. | |
(Mit Material von dpa und Reuters) | |
11 Oct 2016 | |
## AUTOREN | |
Jean-Philipp Baeck | |
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