# taz.de -- Kommentar Grüne und Dieselmotoren: Eine Frage der Taktik | |
> Eine Umstellung auf Elektroautos ist ohne das Wollen der Autokonzerne | |
> nicht möglich. Kompromisse könnten helfen, aber ein Termin muss sein. | |
Bild: Ja, die Herren Kretschmann und Zetsche verstehen sich gut | |
Wer Politik machen will, muss Termine setzen. Sonst passiert nichts. So ist | |
es eine klare Aussage, wenn Baden-Württembergs grüner Ministerpräsident | |
Winfried Kretschmann [1][einen konkreten Termin für das Aus für | |
erdölgetriebene Fahrzeuge ablehnt]. Da freut sich Daimler-Vorstand Dieter | |
Zetsche, der zum Parteitag der Grünen im November als Redner eingeladen | |
ist. | |
Kann man sich einen Atomausstieg ohne Zeitplan vorstellen? Nach dem Motto: | |
Wäre schön, wenn wir die AKWs bald abstellen könnten, denn wir halten sie | |
für gefährlich. Und irgendwann machen wir das auch bestimmt. Eine solche | |
Energiepolitik würde zu Recht für lächerlich gehalten. Deshalb hat die | |
Bundesregierung einen Termin festgelegt: 2022 ist Schluss. | |
Nun kann man den Zeitplan für die Autos, wie ihn etwa SPD-Umweltministerin | |
Barbara Hendricks vorschlägt, für ambitioniert halten. In nur 14 Jahren | |
sollen Daimler, BMW, VW, Audi, Porsche quasi keine Fahrzeuge mit | |
Verbrennungsmotor mehr herstellen, die heute nahezu ihre gesamte Produktion | |
ausmachen? Das klingt ein bisschen wie „zeitnaher Bau einer | |
Einfamilienhaussiedlung auf dem Mars“. | |
Dass die erneuerbaren Energien ein Drittel des Stroms in Deutschland | |
liefern, dafür brauchte es 30 Jahre. Es dürfte sehr kompliziert und | |
langwierig werden, globale Autokonzerne, die auf einer 130 Jahre alten | |
Technologie basieren, komplett umzustellen. Da können die Grünen das | |
Pariser Abkommen zur Dekarbonisierung der Weltwirtschaft noch so toll | |
finden. Sie sind auf das Wohlergehen der großen Unternehmen angewiesen. | |
Geht es einem Konzern wie Daimler schlecht, weil die Regierung zu hart | |
auftritt, kann ihr der Laden um die Ohren fliegen: Demonstrationen der | |
Beschäftigten, Protest der Gewerkschaften, Niederlage bei der nächsten | |
Wahl. | |
Wer das nicht will, macht Kompromisse, wartet auf eine günstige Gelegenheit | |
und lädt einen wie Zetsche zum Parteitag ein. Kretschmann hat Recht: 2030 | |
oder 2034 ist nicht so wichtig. Man kann mit der Entscheidung, das | |
faktische Ende des Verbrennungsmotors im Individualverkehr zu terminieren, | |
vielleicht auch noch etwas warten. Irgendwann allerdings muss man den | |
Beschluss doch fällen – wenn man die eigene Politik ernst nimmt. Kein | |
Termin bedeutet: keine Klimapolitik. | |
12 Oct 2016 | |
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## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
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