# taz.de -- Neue Zahlen zur Flüchtlingsbewegung: Die Weltgemeinschaft ist gesc… | |
> Über 65 Millionen Menschen wurden 2015 durch Krisen und Konflikte aus | |
> ihrer Heimat vertrieben. Die Zahl belegt einen neuen Höchststand. | |
Bild: Flüchtlinge auf Durchreise in eine ungewisse Zukunft | |
BERLIN taz | Mehr Menschen denn je sind auf der Flucht. Nach den am Montag | |
vom UN-Flüchtlingswerk UNHCR veröffentlichten Zahlen mussten bis Ende | |
Dezember 2015 65,3 Millionen ihre Heimat verlassen. Ein Jahr zuvor waren es | |
59,5 Millionen. | |
Statistisch gesehen ist damit jeder 113. Mensch auf der Welt entweder | |
asylsuchend, binnenvertrieben oder anerkannter Flüchtling – eine weiterer | |
neuer Höchststand. Die Zahl entspricht in etwa der Einwohnerzahl von | |
Großbritannien oder Frankreich. Rund 41 Millionen, die im eigenen Land | |
fliehen, sind eingerechnet. | |
Das belegt das Scheitern der Weltgemeinschaft bei der Beilegung von | |
Konflikten. Seit Mitte der 1990er nehmen Flucht und Vertreibung zu, in den | |
letzten fünf Jahren immer schneller. Zu alten Krisengebieten wie | |
Afghanistan oder Somalia kamen neue wie Syrien, der Südsudan, Burundi, die | |
Ukraine oder die Zentralafrikanische Republik. Die meisten neuen | |
Binnenflüchtlinge gab es 2015 im Jemen. | |
Die Mehrheit der Flüchtlinge kommt nicht weit. Zwar stehen die Bemühungen | |
Europas bei der Aufnahme im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Tatsächlich | |
aber haben 86 Prozent der Flüchtlinge, die 2015 unter dem Mandat von UNHCR | |
standen, in Entwicklungsländern Schutz gesucht. Sie bleiben in | |
unmittelbarer Nähe der Konfliktgebiete. | |
## Warnung vor Gleichgültigkeit | |
Mit über 17 Flüchtlingen je 100 Einwohnern hat der Libanon im Verhältnis | |
zur Bevölkerung mehr Flüchtlinge aufgenommen als jedes andere Land. In | |
Relation zur Wirtschaftskraft leben die meisten Flüchtlinge in der | |
Demokratischen Republik Kongo (siehe Grafik). Keines dieser Länder kann | |
eine ausreichend Versorgung gewährleisten. Sie brauchen die Unterstützung | |
internationaler Hilfsorganisationen, die ihrerseits auf Spenden angewiesen | |
sind. | |
„Höchst beunruhigend“ nennt UN-Flüchtlingskommissar Filippo Grandi die | |
Zahlen. „Auf dem Meer verlieren erschreckend viele Menschen ihr Leben, der | |
Landweg ist durch geschlossene Grenzen zunehmend blockiert, und in manchen | |
Ländern wird gegen Asyl politisch Stimmung gemacht.“ | |
Pro Asyl warnt anlässlich des heutigen Weltflüchtlingstags vor einer | |
„Kultur der Gleichgültigkeit“ gegenüber Flüchtenden. Europa werde bald | |
„faktisch für Schutzsuchende nicht mehr erreichbar sein“, so | |
Geschäftsführer Günter Burkhardt. | |
„Die EU und auch Deutschland setzen vornehmlich auf die Bekämpfung | |
‚irregulärer Migration‘ “, sagt Cornelia Füllkrug-Weitzel, Präsidentin… | |
Brot für die Welt und der Diakonie Katastrophenhilfe. Bisher hätten die | |
europäischen Staaten ihre Verpflichtung aus dem EU-Ratsbeschluss von | |
September letzten Jahres, 160.000 Flüchtlinge aus Italien und Griechenland | |
aufzunehmen, kaum eingelöst. „Höchste Priorität hat jetzt, dass alle Länd… | |
ihre Zusagen einhalten und Aufnahmeplätze für Asylsuchende bereitstellen“, | |
so Ulrich Lilie, Präsident der Diakonie Deutschland. | |
Am Freitag kündigte die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen an, aus | |
Protest gegen die Flüchtlingspolitik der EU kein Geld mehr von der Union | |
und ihren Mitgliedstaaten anzunehmen. | |
20 Jun 2016 | |
## AUTOREN | |
Christian Jakob | |
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