# taz.de -- Kommentar Neue Flüchtlingszahlen: Für Zäune ist das Geld da | |
> Mehr Menschen als je zuvor sind auf der Flucht. Die Staatengemeinschaft | |
> versagt eklatant darin, Kriege und ihre Folgen zu verhindern. | |
Bild: Vor der Gewalt im Heimatland geflohen: eine Frau aus Burundi in einem Fl�… | |
Die [1][Rekord-Flüchtlingszahlen] belegen vor allem eines: Das Scheitern | |
der Weltgemeinschaft bei der Beilegung und Bewältigung von Konflikten. | |
Armutsflüchtlinge – die nichts weiter sind als ArbeitsmigrantInnen – sind | |
heute in der Minderheit. Flucht ist derzeit in allererster Linie die Flucht | |
vor Krieg. | |
Natürlich muss über Fluchtursachen gesprochen werden. Aber aktuell sind das | |
weit weniger Armut und allgemeine Perspektivlosigkeit – wer hiervon | |
betroffen ist, verlässt sein Land nur im Ausnahmefall –, sondern bewaffnete | |
Konflikte. | |
Die Staatengemeinschaft versagt nicht nur darin, Kriege zu verhindern, | |
einzudämmen oder zu beenden. Sie versagt auch eklatant darin, ihre Folgen | |
zu bewältigen. | |
Seit geraumer Zeit klagen die Hilfsorganisationen über einen | |
„Syrien-Effekt“: Die internationale Aufmerksamkeit gilt dem Großkonflikt im | |
Nahen Osten. Die anderen Krisen, vor allem in Afrika, die ähnlich viel | |
menschliches Leid verursachen, geraten in Vergessenheit. Entsprechend sind | |
weniger Ressourcen für ihre Opfer mobilisierbar. Von den | |
Langzeit-Flüchtlingen, die oft weit über ein Jahrzehnt in verfestigten | |
Lagern etwa in Kenia leben, ganz zu schweigen. Sie stehen ganz am Ende der | |
Hilfs-Priorität. | |
## Nothilfe ist massiv unterfinanziert | |
Insgesamt ist die Nothilfe heute massiv unterfinanziert. Die ohnehin schon | |
emotional und körperlich massiv belastende Fluchterfahrung wird dadurch für | |
viele Menschen lebensbedrohlich. | |
Nach und nach hat sich in Europa herumgesprochen, dass der massive Anstieg | |
der Flüchtlingszahlen im letzten Sommer eine direkte Folge der versiegenden | |
Hilfszahlungen war. Als die Lebensmittelrationen in Jordanien und dem | |
Libanon drastisch gekürzt wurden, machten sich mehr Menschen als je zuvor | |
auf den Weg. Die Syrien-Mittel wurden deshalb in diesem Frühjahr | |
aufgestockt. | |
Doch die Priorität der Ausgaben liegt heute immer mehr auf der | |
Migrationskontrolle. Während die UN Rekorde bei den Flüchtlingszahlen | |
verzeichnet, kündigt die EU Rekordausgaben an, um eben jene Flüchtlinge mit | |
allen Mitteln aufzuhalten. Für Zäune und Gefängnisse ist das Geld da, das | |
für Hilfe fehlt. | |
20 Jun 2016 | |
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## AUTOREN | |
Christian Jakob | |
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