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# taz.de -- Kommentar Spenden der Deutschen: Fragile Hilfsbereitschaft
> Die großen Katastrophen blieben 2016 aus. Das macht sich bei der
> Spendenbereitschaft bemerkbar. Ein nüchterner Blick ist angebracht.
Bild: Eine Mitarbeiterin der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (…
Die Gebefreudigkeit der Bevölkerung in Deutschland lässt wieder nach. Der
Deutsche Spendenrat rechnet in diesem Jahr mit einem Rückgang an
Geldspenden im Vergleich zum Jahr 2015. Danach sind die Spenden um knapp 10
Prozent auf 3,1 Milliarden Euro zurückgegangen.
Das vergangene Jahr war allerdings ein Rekordjahr gewesen. Besonders die
Erdbebenkatastrophe in Nepal im Mai und die vielen Flüchtlinge hatten das
Spendenvolumen in die Höhe getrieben. In diesem Jahr gibt es weniger
dramatische Flüchtlingsbilder in den Medien, das bedeutet: weniger
Geldspenden. Auch wenn sich weltweit nicht weniger Geflüchtete als im
Vorjahr in mieser Lage befinden.
Die Ökonomie des Mitgefühls gehorcht bestimmten Gesetzen, die nur bedingt
mit der objektiven Lage der Leidenden zu tun haben. Spenden sind, wie das
Freiwilligenengagement, ein Tausch: Man spendet, und will etwas dafür
zurück. Einen ideellen Wert, das Gefühl, einen Unterschied machen zu können
für die Bedachten, das Gefühl, höheren moralischen Normen gerecht zu
werden, an der globalen Dramatik des Lebens teilzuhaben, wertvoll zu sein.
Dabei ist ein nüchterner Blick auf diese Prozesse angebracht. Psychologen
haben zum Beispiel herausgefunden, dass sich gerade gerechtigkeitsbewusste
Menschen angesichts der andauernden Bilder massiver globaler Ungleichheit
überfordert und ohnmächtig fühlen. Nichts illustriert globale Ungleichheit
aber deutlicher wie die Bilder Hunderter von Flüchtlingen auf halb kaputten
Booten, die den Tod riskieren, um Europa zu erreichen.
Die Bilder erzeugen ein schlechtes Gewissen und ein Gefühl von Ohnmacht.
Gerade gerechtigkeitsbewusste Menschen schieben die Schuld am Leid dann
mitunter sogar den Betroffenen selbst zu: Sie bräuchten ja nicht in die
Boote zu steigen. Diese Abwehrreaktion ist ein Mechanismus, den man auch
bei Linken findet.
Jede Hilfsbereitschaft kann umkippen in Gleichgültigkeit und Abwendung und
sogar in Aggression. Es ist nichts zu romantisieren an der Gebefreudigkeit,
auch sie hat eine dunkle Seite. Genau deswegen brauchen wir eine
verlässliche, durchfinanzierte Integrationspolitik, die von Gefühlslagen
auf dem Spendensektor unabhängig ist.
17 Nov 2016
## AUTOREN
Barbara Dribbusch
## TAGS
Spendengelder
Humanitäre Hilfe
Schwerpunkt Flucht
Wohlfahrt
Lageso
Schwerpunkt Flucht
Schwerpunkt Flucht
Schwerpunkt Syrien
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