# taz.de -- Türkischstämmige Abgeordnete: Özoguz fordert Distanzierung | |
> Die Integrationsbeauftragte des Bundes Özoguz will, dass sich türkische | |
> Verbände gegen Hetze aussprechen. Mehrere Abgeordnete stehen unter | |
> Polizeischutz. | |
Bild: Aydan Özoguz (SPD) fordert eine Versachlichung der Debatte | |
BERLIN/FRANKFURT A. M. afp/epd | Die Integrationsbeauftragte der | |
Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), hat die türkischen Verbände in | |
Deutschland aufgefordert, klar Stellung gegen die Hetze gegen | |
türkischstämmige Bundestagsabgeordnete zu beziehen. „Ich erwarte von den | |
türkischen Verbänden in Deutschland, dass sie die Drohungen gegen uns | |
Abgeordnete deutlich verurteilen und zu einer Versachlichung der Debatte | |
beitragen“, [1][sagte die SPD-Politikerin der Bild am Sonntag]. | |
Die Staatsministerin wird wie alle türkischstämmigen Abgeordneten des | |
Bundestages bedroht, seit sie für eine Resolution stimmte, in der [2][das | |
Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich vor gut hundert Jahren als | |
„Völkermord“ bezeichnet wird]. „Spätestens jetzt sollten alle verstehen, | |
dass wir zu unserer Herkunft stehen, aber gleichzeitig kein verlängerter | |
Arm der Türkei sind“, bekräftigte Özoguz. | |
Die ebenfalls von den Drohungen betroffene CDU-Abgeordnete Cemile Giousouf | |
erwartet von den Sicherheitsbehörden ein konsequentes Vorgehen gegen | |
Hetzer. „Unter die Drohungen und Schmähungen gegen uns setzen die Leute | |
ihren richtigen Namen“, sagte sie der BamS. Polizei und Justiz müssten | |
„hart dagegen vorgehen und die Täter zur Rechenschaft ziehen“. | |
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte nach der Verabschiedung | |
der Armenien-Resolution gesagt, die türkischstämmigen Abgeordneten seien | |
ein Sprachrohr der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und | |
[3][hätten „verdorbenes Blut“]. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) | |
verurteilte dies scharf und erhielt dafür Unterstützung von Bundeskanzlerin | |
Angela Merkel (CDU). | |
## Polizeischutz für türkischstämmige Abgeordnete | |
Nach Morddrohungen wegen der Armenien-Resolution erhalten die elf | |
türkischstämmigen Bundestagsabgeordneten offenbar verstärkten | |
Polizeischutz. Dies sei bei einer Sitzung von Abgeordneten mit Vertretern | |
der Berliner Polizei, der Polizei des Bundestages und des | |
Bundeskriminalamts vereinbart worden, [4][berichtete die Frankfurter | |
Allgemeine Sonntagszeitung]. | |
Innenminister Thomas de Maizière (CDU) bezeichnete die Bedrohungen als | |
inakzeptabel. „Selbstverständlich werden, wenn erforderlich, die | |
Sicherheitsmaßnahmen angepasst“, sagte er der Zeitung. „Die meisten der 3,5 | |
Millionen Menschen mit türkischen Wurzeln in Deutschland, das möchte ich | |
noch mal betonen, sind aber gute Nachbarn und ein wichtiger Teil unserer | |
Gesellschaft“, fügte er hinzu. Extremisten seien Einzelfälle. | |
## Auswärtiges Amt rät Parlamentariern von Türkeireisen ab | |
Einem Bericht zufolge hält das Auswärtige Amt Türkei-Reisen der betroffenen | |
Politiker für nicht ratsam. Nach interner Einschätzung des Ministeriums | |
könne die Sicherheit der Parlamentarier nicht garantiert werden, berichtete | |
der Spiegel am Samstag. „Es ist unsäglich zu wissen, dort nun erst mal | |
nicht hinfliegen zu können“, sagte die SPD-Abgeordnete und | |
Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz, dem Magazin. | |
Das Auswärtige Amt wollte den Bericht auf Anfrage nicht kommentieren. Laut | |
Spiegel haben mehrere türkischstämmige Bundestagsabgeordnete dienstliche | |
oder private Reisen in die Türkei abgesagt. | |
Die Linken-Abgeordnete Sevim Dagdelen erhob Vorwürfe gegen die | |
Bundesregierung. „Lediglich eine Reisewarnung an uns Abgeordnete | |
auszusprechen, reicht nicht“, sagte sie der Nachrichtenagentur AFP. Die | |
Regierung müsse „endlich handeln“ und die für die „Hatz“ auf | |
Bundestagsabgeordnete Verantwortlichen in der türkischen Regierung mit | |
einem Einreiseverbot belegen. | |
Özoguz sagte dem Spiegel, Erdogan müsse begreifen, dass die | |
Bundestagsabgeordneten mit türkischen Wurzeln „nicht der verlängerte Arm | |
der Türkei sind“. Die CDU-Abgeordnete Cemile Giousouf bezeichnete die | |
Äußerungen des türkischen Präsidenten als „absolut inakzeptabel und eines | |
Staatsoberhaupts unwürdig“. | |
Die Linksfraktionsvorsitzende Sahra Wagenknecht nannte Erdogans | |
Ausführungen „faschistoid“. „Die Nationalität über Blut zu definieren … | |
die Abstammung ins Zentrum zu stellen, das ist wirklich der Kern der | |
Rassenideologie“, sagte sie im SWR. | |
## Özdemirs Aufruf an türkische Verbände | |
Der Grünen-Parteichef Cem Özdemir forderte die türkischen Verbände und | |
Integrationsbeiräte in Deutschland auf, klar Stellung gegen Drohungen gegen | |
türkischstämmige Abgeordnete wegen der Armenien-Resolution zu beziehen. Die | |
türkischen Verbände müssten „ohne jede Hintertür die Mordaufrufe | |
verurteilen“, sagte Özdemir der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. | |
Özdemir steht derzeit wegen Morddrohungen unter Polizeischutz. Der | |
Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir sagte der Frankfurter Allgemeinen | |
Sonntagszeitung: „Man liest Sachen wie: Irgendwann werden Deine deutschen | |
Freunde das vergessen haben – wir nicht. Oder: Wir finden Dich überall.“ | |
Der Grünen-Abgeordnete Özcan Mutlu erklärte: „Wir sind absolut unter | |
Beschuss. Hier wird ein Verfassungsorgan, der Bundestag, angegriffen und | |
wir als Terroristen dargestellt.“ | |
Ein Sprecher der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion | |
(Ditib), Murat Kayman, sagte, Bedrohungen und Beschimpfungen von | |
Parlamentariern seien „nicht hinnehmbar, sondern entschieden zu | |
verurteilen“. | |
12 Jun 2016 | |
## LINKS | |
[1] http://www.bild.de/politik/ausland/recep-tayyip-erdogan/abgeordnete-fordert… | |
[2] /Voelkermord-Resolution/!5309770 | |
[3] /Erdoan-attackiert-Gruenen-Chef-erneut/!5311863 | |
[4] http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/nach-morddrohungen-tuerkischstaem… | |
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