# taz.de -- Kommentar Flüchtlingsdeal EU-Türkei: Das Ende eines Prinzips | |
> Der mit einem Milliardenbetrag erkaufte Flüchtlingsdeal fällt jetzt der | |
> Kanzlerin auf die Füße. Denn mit Erdoğan darf man keine Geschäfte machen. | |
Bild: Das konnte ja nicht gutgehen: Angela Merkel und Recep Tayyip Erdoğan (Ar… | |
Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, wie halbgar der Flüchtlingsdeal | |
der Großen Koalition mit der Regierung in Ankara war, so ist dieser Beweis | |
nun erbracht. Geld gegen Schließungen der Grenzen zu Europa – so könnte man | |
grob umschreiben, was die Bundesregierung mit dem Autokraten Recep Tayyip | |
Erdoğan vereinbart hat. Jetzt fällt dieser Deal Merkel auf die Füße. | |
Nach dem gescheiterten Militärputsch vom Wochenende muss sich die Kanzlerin | |
fragen lassen, ob sie es verantworten kann, flüchtende Menschen einem Staat | |
wie der Türkei anzuvertrauen, dessen demokratische Standards immer weiter | |
erodieren. Ihre Antwort darauf müsste lauten: Nein. Aber ein solches Nein | |
aus Berlin bleibt aus. | |
Stattdessen lässt die Kanzlerin ihren Sprecher selbst in diesem Augenblick | |
des Aufruhrs ausrichten, Berlin erwarte die Einhaltung des | |
Flüchtlingsabkommens: Die Europäische Union erfülle ihre Zusagen – „Wir | |
erwarten das auch von der Türkei.“ Den Putschversuch und den | |
Flüchtlingsdeal sehe man gern „getrennt“. | |
Berlin wünscht sich also nichts weniger als stille Vertragstreue, und zwar | |
von einem Land, in dem aktuell politische Gegner gelyncht, Journalisten | |
eingeschüchtert und Vertreter der Justiz und der Polizei eingesperrt | |
werden. Einem Land, dessen Präsident all diese gravierenden Verstöße als | |
quasi legitime „Säuberungen“ bezeichnet. Dieser Mann soll also weiter | |
Angela Merkels Partner sein? | |
Auf dem Spiel steht nun nichts Geringeres als die innenpolitische | |
Glaubwürdigkeit der Flüchtlingspolitik der Bundeskanzlerin. Einerseits | |
regierungsamtlich die Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien zu fordern | |
und zugleich diesem offensichtlich unberechenbaren Staat und dessen | |
Präsidenten Menschen in Not anzuvertrauen – das passt einfach nicht | |
zusammen. | |
Die Kanzlerin wollte unsichtbare Flüchtlinge. Deshalb war sie für den | |
6-Milliarden-Deal mit der Türkei. Viele ihrer Wähler waren nicht länger | |
bereit gewesen, die „Wir schaffen das“-Linie der CDU-Kanzlerin mitzutragen. | |
Länder und Kommunen ächzten unter der riesigen Aufgabe, während auf der | |
rechten Flanke die Hetzer fleißig Zustimmungspunkte sammelten. | |
Und tatsächlich, seit die Flüchtenden in der Türkei nicht mehr | |
weiterkommen, ist es innenpolitisch ruhiger geworden. Doch um welchen | |
Preis. Geld gegen Prinzipien – das hat noch nie funktioniert. | |
18 Jul 2016 | |
## AUTOREN | |
Anja Maier | |
## TAGS | |
Militärputsch | |
Recep Tayyip Erdoğan | |
Schwerpunkt Flucht | |
Schwerpunkt Angela Merkel | |
Menschenrechte | |
Griechenland | |
EU-Türkei-Deal | |
Schwerpunkt Flucht | |
Schwerpunkt Türkei | |
Schwerpunkt Türkei | |
Schwerpunkt Türkei | |
Schwerpunkt Türkei | |
Schwerpunkt Türkei | |
Bundeswehr | |
Aydan Özoguz | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Zukunft des Flüchtlingspakts: Griechische Regierung verlangt Plan B | |
Was, wenn die Türkei die Vereinbarung über den Umgang mit Flüchtlingen | |
platzen lässt? Die EU müsse sich für den Fall Gedanken machen, heißt es aus | |
Athen. | |
Flüchtlingsdeal mit der EU: Türkei fordert baldige Visumfreiheit | |
Ankara macht Druck auf die EU, die Visumfreiheit für türkische Bürger | |
schnell umzusetzen. Wegen der Kölner Erdoğan-Demo wird der deutsche | |
Gesandte einbestellt. | |
Umstrittener EU-Türkei-Flüchtlingsdeal: Der vertrackte Pakt | |
Trotz Erdoğans Vorgehen hält Merkel am Flüchtlingsdeal fest. Die Opposition | |
ist empört. Auch Kritik aus der Union wird laut. | |
Nach dem Putsch in der Türkei: Erdoğan will die Todesstrafe | |
Der Präsident hält an der Wiedereinführung von Hinrichtungen fest. Zudem | |
will er die USA offiziell um die Auslieferung Fethullah Gülens ersuchen. | |
Kommentar Putsch in der Türkei: Vom Vorbild zur Fassadendemokratie | |
Das Land galt lange als das demokratische Vorbild in der muslimischen Welt. | |
Jetzt bleibt frustrierten jungen Leuten nur noch die Hinwendung zur | |
Religion. | |
Opposition im Bundestag zu Erdoğan: „Zusammenarbeit auf Eis legen“ | |
Nach den Reaktionen Erdoğans auf den Putschversuch fordern Linke und Grüne | |
eine harte Haltung der Bundesregierung. | |
Nach dem Putschversuch in der Türkei: Säuberungsaktion geht weiter | |
In der Nacht strömten Tausende auf die Straßen, um Erdogan ihre | |
Unterstützung zuzusagen. Der denkt indes über die Einführung der | |
Todesstrafe nach. | |
Internationale Reaktionen: Schulterschluss mit Leerstelle | |
Politiker aus aller Welt stellen sich an die Seite der Demokratie in der | |
Türkei. Der Name Erdoğan fällt in den Solidaritätsadressen allerdings | |
nicht. | |
Besuchsverbot für Abgeordnete bleibt: Erdogan lässt Merkel abblitzen | |
Erst ist Verteidigungsministerin von der Leyen gescheitert, jetzt Kanzlerin | |
Merkel: Abgeordnete dürfen deutsche Soldaten in der Türkei nicht besuchen. | |
Türkischstämmige Abgeordnete: Özoguz fordert Distanzierung | |
Die Integrationsbeauftragte des Bundes Özoguz will, dass sich türkische | |
Verbände gegen Hetze aussprechen. Mehrere Abgeordnete stehen unter | |
Polizeischutz. |