# taz.de -- Flüchtlingsdeal mit der EU: Türkei fordert baldige Visumfreiheit | |
> Ankara macht Druck auf die EU, die Visumfreiheit für türkische Bürger | |
> schnell umzusetzen. Wegen der Kölner Erdoğan-Demo wird der deutsche | |
> Gesandte einbestellt. | |
Bild: Auffanglager für Flüchtlinge im türkischen Nizip (Archivbild) | |
Berlin/Ankara dpa | Wegen neuer Drohungen der türkischen Regierung könnte | |
das Flüchtlingsabkommen mit der EU auf der Kippe stehen. Außenminister | |
Mevlüt Cavusoglu droht der Europäischen Union ultimativ mit der | |
Aufkündigung des Pakts, wenn türkischen Reisenden nicht zügig Visumfreiheit | |
gewährt wird. Seine Regierung erwarte einen konkreten Termin. | |
„Es kann Anfang oder Mitte Oktober sein – aber wir erwarten ein festes | |
Datum“, sagte er der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. „Wenn es nicht zu | |
einer Visaliberalisierung kommt, werden wir gezwungen sein, vom | |
Rücknahmeabkommen und der Vereinbarung vom 18. März Abstand zu nehmen.“ | |
Das Flüchtlingsabkommen hat – zusammen mit dem Bau des Grenzzauns in | |
Mazedonien – dazu geführt, dass inzwischen deutlich weniger Migranten auf | |
die griechischen Inseln übersetzen und sich über die nunmehr geschlossene | |
Balkanroute Richtung Norden und vor allem nach Deutschland durchschlagen. | |
Die Visumpflicht für türkische Staatsbürger sollte ursprünglich ab Juli | |
aufgehoben werden. Dieser Termin hat sich aber verschoben, weil die Türkei | |
noch nicht alle 72 Bedingungen erfüllt hat, darunter die Reform der | |
türkischen Anti-Terror-Gesetze. Die EU will, dass sie so geändert werden, | |
dass sie nicht gegen politische Gegner missbraucht werden können. | |
## Keine Drohung | |
Die EU-Kommission reagierte reserviert und erklärte am Abend, man werde | |
sich von den Drohungen aus Ankara nicht beeinflussen lassen. Die | |
Visumfreiheit werde es nur geben, wenn alle Bedingungen erfüllt seien, | |
sagte eine Sprecherin der Brüsseler Behörde. Aus der Kommission hieß es, | |
Experten der Kommission stünden weiter bereit, um Ankara bei der Umsetzung | |
zu unterstützen. | |
Cavusoglu sagte der Zeitung, das Flüchtlingsabkommen funktioniere, weil die | |
Türkei „sehr ernsthafte Maßnahmen“ ergriffen habe, unter anderem zur | |
Bekämpfung der Menschenschmuggler. „Aber all das ist abhängig von der | |
Aufhebung der Visumpflicht für unsere Bürger, die ebenfalls Gegenstand der | |
Vereinbarung vom 18. März ist.“ Der Minister versicherte, dies solle keine | |
Drohung sein. | |
Im Zentrum des EU-Flüchtlingspaktes mit der Türkei steht ein Tauschhandel. | |
Die EU schickt Flüchtlinge und andere Migranten, die seit dem 20. März | |
illegal in Griechenland eingereist sind, zurück in die Türkei. Für jeden | |
zurückgeschickten syrischen Flüchtling darf seit dem 4. April ein anderer | |
Syrer aus der Türkei legal und direkt in die EU einreisen. | |
## Botschafter einbestellt | |
Im Streit um die Pro-Erdoğan-Demonstration in Köln bestellt das türkische | |
Außenministerium den Gesandten der deutschen Botschaft in Ankara ein. Dies | |
sei für Montagmittag geplant. Botschafter Martin Erdmann ist im Urlaub, | |
daher nimmt der Gesandte – sein Stellvertreter – den Termin wahr. | |
Die türkische Regierung hatte scharfe Kritik daran geäußert, dass | |
Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan sich am Sonntag nicht per | |
Videoleinwand an die Demonstranten in Köln wenden durfte. Erdoğans Sprecher | |
Ibrahim Kalin hatte das Verbot durch das Bundesverfassungsgericht | |
inakzeptabel genannt. Kalin hatte eine „befriedigende Erklärung“ | |
Deutschlands dafür verlangt. | |
Gut zwei Wochen nach dem vereitelten Putsch in der Türkei hatten am Sonntag | |
Zehntausende in Köln friedlich ihre Unterstützung für Erdogan demonstriert. | |
Zugleich feierten sie die Niederschlagung des Umsturzversuchs. Eigentlich | |
hatten die Veranstalter der Kundgebung in Köln geplant, Erdoğan auf einer | |
Großleinwand live zuzuschalten – dies war angesichts der aufgeheizten | |
Stimmung aber verboten worden. | |
1 Aug 2016 | |
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