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# taz.de -- Kommentar Visumfreiheit für die Türkei: Das falsche Druckmittel
> Die EU hätte der Türkei schon vor dem Flüchtlingsdeal Visumfreiheit
> gewähren müssen. Um Druck auf Erdoğan auszuüben, gibt es bessere
> Maßnahmen.
Bild: 2,9 Millionen Menschen mit türkischen Wurzlen leben in Deutschland – i…
Keine Frage, der Flüchtlingspakt mit der Türkei ist ein schmutziger. Der
Deal mit dem repressiven Erdoğan-Regime zur Abwehr von Menschen, die aus
ihren Heimatländern fliehen, lässt sich jedenfalls nur schwer mit jener
„wertebasierten Außenpolitik“ vereinbaren, von der die Bundesregierung so
gerne spricht. Deshalb ist es eigentlich ein Grund zur Freude, wenn nun die
Türkei droht, das Abkommen aufzukündigen, falls die EU nicht bis Oktober
zur Visumliberalisierung für türkische Staatsangehörige bereit ist.
Was für eine hervorragende Gelegenheit, den miesen Deal zu kippen! Doch so
einfach ist es nicht. Schon die Gewährung von Reiseerleichterungen zum
Verhandlungsgegenstand zu machen war grundfalsch. Damit wurde dem
türkischen Autokraten etwas in Aussicht gestellt, was er als politischen
Erfolg hätte verkaufen können.
Dass es die Visumfreiheit nicht längst gibt, ist ein Versagen der deutschen
und der europäischen Politik – unabhängig vom EU-Türkei-Deal. Die
Bundesrepublik wäre es allein schon den knapp 2,9 Millionen hier lebenden
Menschen mit türkischen Wurzeln schuldig. Es ist unwürdig, welch
schikanösen bürokratischen Aufwand deren Verwandte in der Türkei betreiben
müssen, um ihre Angehörigen zu besuchen. Außerdem gibt es keinen Grund,
warum für Menschen aus der Türkei andere Regeln gelten sollen als für
Deutsche, die in die Türkei reisen wollen.
Angesichts der aktuellen Repressionswelle müsste die Visumfreiheit
eigentlich das Gebot der Stunde sein. Denn sie würde vor allem denen
dienen, die unter der Herrschaft Erdoğans leiden. Wer in der – berechtigten
– Sorge ist, dass sich die Verhältnisse am Bosporus weiter in Richtung
Diktatur entwickeln, der darf es den verfolgten JuristInnen, DozentInnen,
JournalistInnen oder KünstlerInnen nicht auch noch unnötig schwer machen,
sich in Sicherheit zu bringen.
Um Druck auf Erdoğan auszuüben, würden sich wirkungsvollere Mittel als die
Verweigerung der Visumfreiheit anbieten – vom sofortigen Stopp aller
Waffenlieferungen bis zu harten Wirtschaftssanktionen. Doch davon ist
bisher keine Rede. Denn das würde tatsächlich das EU-Türkei-Abkommen
riskieren. Am Ende könnte es dazu kommen, dass der Deal hält, ohne dass die
Visumfreiheit kommt. Das wäre die denkbar schlechteste Variante.
1 Aug 2016
## AUTOREN
Pascal Beucker
## TAGS
Visafreiheit
Recep Tayyip Erdoğan
Flucht
Ditib
Schwerpunkt Türkei
Schwerpunkt Türkei
EU-Türkei-Deal
EU-Türkei-Deal
EU-Türkei-Deal
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