# taz.de -- Kommentar Ditib: Der Verband muss sich entscheiden | |
> Die Kontroverse um den größten islamischen Dachverband in Deutschland | |
> zeigt: Er muss sich positionieren. Was will er sein? | |
Bild: Will Ditib eine Vertretung der in Deutschland lebenden Muslime sein oder … | |
Die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion,kurz Ditib, fühlt | |
sich schlecht behandelt. Dass die deutsche Politik zunehmend auf Distanz | |
geht, empfindet der größte islamische Dachverband in der Bundesrepublik als | |
höchst ungerecht. Schließlich seien alle gegen die Ditib erhobenen Vorwürfe | |
„tendenziös, in einigen Teilen gar offen feindselig“. Im Brustton der | |
Überzeugung weist die Organisation „sämtliche Unterstellungen der | |
Fremdsteuerung“ zurück. Es gäbe gar keine politische Einflussnahme aus der | |
Türkei. Wirklich nicht? | |
Tatsächlich kann nicht ernsthaft bestritten werden, dass die Ditib seit | |
ihrer Gründung 1984 ein verlängerter Arm des türkischen Staates ist. Ihre | |
Geschicke bestimmte von Anfang an das dem türkischen Ministerpräsidenten | |
direkt unterstellte Diyanet, das Präsidium für Religiöse Angelegenheiten. | |
Bis heute wird de facto in Ankara über den Ditib-Vorsitzenden entschieden, | |
der in Personalunion stets auch türkischer Botschaftsrat ist. Die etwa 970 | |
Imame, die in den Ditib-Moscheen predigen, sind bezahlte Beamte der | |
türkischen Religionsbehörde und verfügen vielfach nur über völlig | |
unzureichende deutsche Sprachkenntnisse. Integrationsfördernd ist das alles | |
nicht. | |
Die Ditib war also schon vor den aktuellen Ereignissen in der Türkei ein | |
höchst problematischer Kooperationspartner. Sie muss sich endlich | |
entscheiden: Ist die derzeit noch mitgliederstärkste Migrantenorganisation | |
bereit zur Transformation hinein in die bundesdeutsche Gesellschaft? Oder | |
bleibt sie eine Filiale des Diyanet? | |
In letzterem Fall verliert die Ditib ihre Existenzberechtigung als | |
Religionsgemeinschaft in Deutschland. Nicht alleine, weil sie mit ihrer | |
türkisch-nationalistischen Ausrichtung Integration behindert. Sondern auch | |
und gerade, weil sie so kein Ort mehr für jene Muslime mit türkischer | |
Zuwanderungsgeschichte sein kann, die längst weder „Gastarbeiter“ noch | |
„Ausländer“ sind. Ihr Bezugspunkt ist die Bundesrepublik – nicht die | |
Türkei. An einer fünften Kolonne des autokratischen Erdoğan-Regimes besteht | |
kein Bedarf. | |
11 Aug 2016 | |
## AUTOREN | |
Pascal Beucker | |
## TAGS | |
Ditib | |
Recep Tayyip Erdoğan | |
Schwerpunkt Türkei | |
Integration | |
Ditib | |
Ditib | |
Staatsvertrag | |
Ditib | |
Muslime | |
Visafreiheit | |
Keupstraße | |
Zaman | |
Cem Özdemir | |
Militärputsch | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Streit um Islamverband in Deutschland: Kurden legen sich mit Ditib an | |
Die kurdische Gemeinde Deutschland kritisiert den Ditib-Verband als von der | |
Türkei gesteuert. Der spricht von einem „persönlichen Rachefeldzug“. | |
Ditib-Koordinator über deutsche Kritik: „Hysterisch und irrational“ | |
Ist der türkische Moscheenverband Ditib das Sprachrohr der | |
Erdoğan-Regierung? Fragen an den Koordinator Murat Kayman. | |
Staatsverträge mit MuslimInnen: Religion zweiter Klasse? | |
Per Vertrag sichern Hamburg und Bremen islamischen Gemeinden ähnliche | |
Rechte zu wie Christen. Aber nicht in allen Nord-Bundesländern laufen die | |
Verhandlungen. | |
Streit um Moscheeverband Ditib: Iba… was? | |
„Focus“, „FAZ“ und ein Freiburger Forscher gehen Ditib an. Dessen Syndi… | |
Murat Kayman soll versteckt zum Mord aufgerufen haben. | |
CDU-Niedersachsen gegen Muslim-Staatsvertrag: Rot-Grün ohne Islam-Angst | |
Niedersachsens Regierungskoalition und die FDP halten am Projekt des | |
Muslim-Staatsvertrags fest. Auch gegen den Willen der CDU, die jetzt | |
entdeckt hat, dass man mit dem türkischen Islamverband Ditib am besten | |
nicht reden sollte | |
Kommentar Visumfreiheit für die Türkei: Das falsche Druckmittel | |
Die EU hätte der Türkei schon vor dem Flüchtlingsdeal Visumfreiheit | |
gewähren müssen. Um Druck auf Erdoğan auszuüben, gibt es bessere Maßnahmen. | |
Die Kölner Keupstraße: Türkischer Mikrokosmos | |
Kurden, Erdoğan- und Gülen-Anhänger, die Keupstraße ist bunt gemischt. Nach | |
dem NSU-Attentat fanden alle zusammen. Und nach dem Putschversuch? | |
Pressefreiheit in der Türkei: Erdoğans lange Liste | |
Im Gegensatz zum Mutterblatt kann die Deutschland-Ausgabe der „Zaman“ nicht | |
von der Türkei verboten werden. Doch der Druck Ankaras ist groß. | |
Türkische Nationalisten in Deutschland: Der lange Arm von Erdogan | |
Grünen-Parteichef Cem Özdemir warnt vor dem Einfluss türkischer | |
Nationalisten in Deutschland. Er fordert ein entschiedeneres | |
Entgegentreten. | |
Streit unter Türken in Deutschland: Als Gülen-Anhänger angefeindet | |
Nach dem Putschversuch in der Türkei steigen auch in Deutschland die | |
Spannungen zwischen Erdoğan-Anhängern und -Gegnern. |