# taz.de -- CDU-Niedersachsen gegen Muslim-Staatsvertrag: Rot-Grün ohne Islam-… | |
> Niedersachsens Regierungskoalition und die FDP halten am Projekt des | |
> Muslim-Staatsvertrags fest. Auch gegen den Willen der CDU, die jetzt | |
> entdeckt hat, dass man mit dem türkischen Islamverband Ditib am besten | |
> nicht reden sollte | |
Bild: Haben schon 2013 beschlossen, einen Vertrag auszuhandeln: Niedersachsens … | |
BREMEN taz | Auch gegen den Willen der CDU soll Niedersachsen einen | |
Staatsvertrag mit den Muslimen und Aleviten unterzeichnen. Das teilten die | |
Spitzen der rot-grünen Koalition am Dienstag mit: „Wir setzen auf | |
Zusammenhalt, die CDU offenbar auf Spaltung“, rügte die Chefin der | |
SPD-Fraktion Johanne Modder den vor einer Woche verkündeten der Ausstieg | |
der Christdemokraten aus den Verhandlungen. | |
Man sei überzeugt, ein wichtiges Zeichen für Zusammenhalt und Integration | |
gemeinsam mit den Menschen muslimischen Glaubens in Niedersachsen setzen zu | |
müssen. Auch FDP-Chef Stefan Birkner halte „den jetzigen Stand der Verträge | |
für geeignet, weiter auf den Abschluss hinzuarbeiten“. Verhandelt wird | |
unter Federführung von Niedersachsens Kultusministerin Frauke Heiligenstadt | |
(SPD) mit der Schura-Niedersachsen und dem Ditib-Landesverband. | |
Erklärtes Ziel der Landesregierung ist, das Abkommen nicht bloß mit der | |
Einstimmenmehrheit durchs Parlament zu boxen, sondern ihm eine möglichst | |
breite Basis zu verschaffen. Komplett infrage gestellt hatte es nun die CDU | |
infolge der jüngsten Entwicklungen in der Türkei. | |
Nachdem im April die Neuwahl des Vorsitzenden der Schura die | |
niedersächsische Politik verwirrt hatte, gilt jetzt Ditib als Problem: Der | |
Dachverband koordiniert seit 1984 die türkisch-islamischen Moscheegemeinden | |
in Deutschland. Mit dem könne man aber keinen Vertrag schließen, stellte | |
der Fraktionsvorsitzende der Niedersachsen-CDU vor einer Woche fest. Da war | |
ihm aufgefallen, dass Ditib von der türkischen Regierung „beeinflusst und | |
gesteuert“ ist. | |
Das ist keine neue Einsicht: Ditib ist die Dependance der türkischen | |
Religionsbehörde (Diyanet) in Deutschland. Bei ihrer Gründung in den frühen | |
1980er-Jahren war es zumal der CDU wichtig gewesen, dass der türkische | |
Staat die Moscheen kontrollierte aus Angst vor Ayathollah Khomeini und | |
einer schiitischen Infiltration. | |
Ganz abwegig sind die Vorbehalte nicht. Beeindruckt von der autoritären | |
Reaktion Recep Tayyip Erdoğans auf den Putschversuch hatten auch | |
Grünen-Promis vor einer allzu innigen Kooperation mit Ditib gewarnt. Und | |
die rot-gelb-grüne Rheinland-Pfalz-Regierung hat ihre Gespräche mit dem | |
Verein deshalb bereits auf Eis gelegt. | |
Aus Niedersachsen dagegen hatte es schon vor der gestrigen Beratung der | |
Koalitionsfraktionen deutliche Signale für ein Festhalten an den Gesprächen | |
und ihrem Ziel gegeben, etwa durch Anja Piel: „Die CDU ist kein | |
verlässlicher und kluger Verhandlungspartner“, hatte die Vorsitzende der | |
Landtagsgrünen die Union für deren Ausstiegsankündigung abgewatscht. Vor | |
allem dass man auf deren Betreiben den Vertrag im Frühjahr neu aufgeschnürt | |
und 14 chistdemokratische Änderungswünsche in einen neuen Vertragstext | |
integriert hatte, erzürnte sie. Die CDU fahre einen „nicht | |
nachvollziehbaren Zickzackkurs“, so Piel. Mit dem „brüskiert sie alle | |
Beteiligten“. | |
Tatsächlich sind Landes- und Bundesebene bei Ditib nicht identisch. Die | |
norddeutschen Ditib-Landesverbände hatten sich bereits während der | |
Gespräche zum Hamburger Staatsvertrag neu verfasst – um die dafür | |
vorausgesetzte Staatsferne herzustellen. Erfolgreich: So sieht auch die | |
Satzung des bremisch-niedersächsischen Ditib-Verbandes nach Hamburger | |
Vorbild für die Kontrolle des Religionsunterrichts „die Berufung einer | |
Kommission“ vor, erläutert der Kölner Staatskirchenrechtler Stefan Muckel | |
in einem Gutachten fürs Hannoversche Kultusministerium. | |
Dieser Kommission dürfe „ausdrücklich kein Amtsträger eines Staates | |
angehören“, so der Jura-Prof weiter. Darüber hinaus habe der Verein durch | |
Ergänzungsvorschriften auch einen mittelbaren Einfluss des Diyanet | |
verhindert. Ein Beleg dafür, dass durch die Verträge, wie Piel gestern | |
sagte, „die Unabhängigkeit der Verbände weiter gefestigt werden“ kann. Au… | |
deshalb halte man „am verabredeten Fahrplan fest“. | |
9 Aug 2016 | |
## AUTOREN | |
Benno Schirrmeister | |
## TAGS | |
Muslime | |
Zentralrat der Muslime in Deutschland | |
Staatsvertrag | |
Zentralrat der Muslime in Deutschland | |
Ditib | |
Niedersachsen | |
Staatsvertrag | |
Ditib | |
Ditib | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Ministerin zu Muslim-Staatsverträgen: „Es nutzt nichts, Gräben aufzureißen… | |
Niedersachsens Kultusministerin Frauke Heiligenstadt (SPD) erklärt, warum | |
die Regierung trotz Mehrheit die Staatsverträge mit den muslimischen | |
Verbänden nicht unterzeichnet | |
Streit um Islamverband in Deutschland: Kurden legen sich mit Ditib an | |
Die kurdische Gemeinde Deutschland kritisiert den Ditib-Verband als von der | |
Türkei gesteuert. Der spricht von einem „persönlichen Rachefeldzug“. | |
Woran scheitert der muslimische Staatsvertrag in Niedersachsen?: Der Glaubenskr… | |
Seit Monaten torpediert die CDU die geplanten Verträge zur Anerkennung der | |
300.000 Muslime in Niedersachsen. Ein Versuch, die AfD rechts zu überholen? | |
Staatsverträge mit MuslimInnen: Religion zweiter Klasse? | |
Per Vertrag sichern Hamburg und Bremen islamischen Gemeinden ähnliche | |
Rechte zu wie Christen. Aber nicht in allen Nord-Bundesländern laufen die | |
Verhandlungen. | |
Streit um Moscheeverband Ditib: Iba… was? | |
„Focus“, „FAZ“ und ein Freiburger Forscher gehen Ditib an. Dessen Syndi… | |
Murat Kayman soll versteckt zum Mord aufgerufen haben. | |
Kommentar Ditib: Der Verband muss sich entscheiden | |
Die Kontroverse um den größten islamischen Dachverband in Deutschland | |
zeigt: Er muss sich positionieren. Was will er sein? |