| # taz.de -- Annäherung bei Ökostrom-Reform: Zwei vor, eins zurück | |
| > Der Ausbau der Nutzung der erneuerbaren Energien soll langsamer | |
| > voranschreiten. Auch die Beteiligung von Bürgern wird schwierig. | |
| Bild: Es ist wunderschön | |
| Freiburg taz | Das Schlimmste“ sei verhindert worden, urteilte gestern | |
| Baden-Württembergs Umweltminister Franz Untersteller (Grüne). Ein | |
| Durchbruch und eine zukunftsfähige Lösung sei das Resultat der | |
| Verhandlungen jedoch nicht. | |
| Als einer der ersten Landespolitiker äußerte sich Untersteller damit nach | |
| den langen Gesprächen zwischen Bund und Ländern über die Reform des | |
| Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). Vor allem nannte er es „absurd, die | |
| Netze für Braunkohlestrom frei zu halten, indem die Erneuerbaren gebremst | |
| werden“. | |
| Die Deutsche Umwelthilfe warnte gar, die Beschlüsse gefährdeten die | |
| Akzeptanz der Energiewende. Es sei fatal, wenn nur noch | |
| Kapitalgesellschaften ohne lokalen Bezug zur Energiewende beitragen können; | |
| für Bürgerenergien, kleine Biogasanlagen und Photovoltaik auf | |
| Mehrfamilienhäusern und für das Gewerbe werde eine Beteiligung an der | |
| Energiewende zunehmend schwieriger. | |
| Allein die Bundesregierung sieht das EEG, wie sie gestern mitteilte, „auf | |
| gutem Weg“. Bund und Länder hätten sich „auf Grundzüge der Reform des | |
| Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) verständigt“. Doch mit ihrer | |
| Formulierung, dass „die größte Wegstrecke zurückgelegt“ sei, machte Ange… | |
| Merkel auch deutlich, dass es noch immer Differenzen gibt, vor allem was | |
| die Bioenergie angeht. | |
| Fest steht bereits: Die Bundesregierung hat für das Jahr 2025 ein wenig | |
| ambitioniertes Ziel definiert. Denn lediglich 40 bis 45 Prozent des | |
| Stromverbrauchs in Deutschland sollen dann aus erneuerbaren Energien | |
| gedeckt werden – verglichen mit den zurückliegenden Jahren ein äußerst | |
| bescheidener Fortschritt. 2015 lag Deutschland bereits bei 33 Prozent | |
| Ökostromanteil, allein binnen zwei Jahren war der Wert um 7 Prozentpunkte | |
| gestiegen. Nach dem Regierungsplan sollen nun in zehn Jahren lediglich | |
| weitere 7 bis 12 Prozentpunkte hinzukommen. | |
| ## Förderkonzept komplett umgestalten | |
| Um die Dynamik zu begrenzen, soll das Förderkonzept ab 2017 komplett | |
| umgestaltet werden. Bislang wurden die betreffenden Erzeugungsanlagen durch | |
| fixe Einspeisekonditionen gefördert. Wer zu den gegebenen Bedingungen an | |
| einem Standort wirtschaftlich arbeiten konnte, und – sofern für die Anlage | |
| nötig – eine Baugenehmigung bekam, konnte sein Projekt realisieren. Die | |
| bundesweite Zubaumenge ergab sich dann schlicht aus den Marktbedingungen. | |
| Diese Praxis will die Bundesregierung nun beenden. Sie will stattdessen | |
| feste Zubaumengen definieren, die künftig ausgeschrieben werden. Um die | |
| Volumina der Kontingente wurde allerdings lange gerungen. Bei der | |
| Windenergie an Land soll der jährliche Zubau künftig bei 2.800 Megawatt | |
| liegen. Das ist ein Bruttowert, das heißt, für den Rückbau von Altanlagen | |
| gibt es keine Zusatzkontingente. Letztes Jahr wurden in Deutschland gut | |
| 3.700 Megawatt an Windkraftanlagen neu errichtet. | |
| Zugleich soll die räumliche Verteilung der Anlagen stärker gesteuert | |
| werden: In Norddeutschland soll der Zubau auf 60 Prozent dessen reduziert | |
| werden, was im Durchschnitt der letzten drei Jahre installiert wurde. | |
| Begründung: Es fehle an Netzen. | |
| Damit wird die Windbranche zwar gebremst, ihr Einsatz der letzten Wochen | |
| hat sich aber gelohnt. Denn zeitweise waren noch deutlich niedrigere Zahlen | |
| im Gespräch. Anfangs sollte die Windkraft sogar zu einer reinen | |
| Steuerungsgröße degradiert werden, deren Ausbau sich aus einer komplexen | |
| Formel ergeben sollte, in die auch der Zubau aller anderen Technologien | |
| eingeht. Nun kann die Branche mit dem Ergebnis leben: „Wir danken den | |
| Bundesländern für ihren deutlichen Einsatz“, sagte Hermann Albers, | |
| Präsident des Bundesverbandes Windenergie. | |
| ## „Ordnungsrechtlichen Sündenfall“ | |
| Was die Branche allerdings noch umtreibt, sind Pläne, zum kommenden Jahr | |
| die Vergütungen für Neuanlagen, die noch unter das alte EEG fallen, | |
| pauschal um 5 oder gar 7,5 Prozent zu senken. Denn das würde Projekte | |
| treffen, deren Anlagen genehmigt und bereits bestellt sind und die | |
| kaufmännisch längst durchkalkuliert sind. Der Verband Deutscher Maschinen- | |
| und Anlagenbau (VDMA) nennt diese Pläne einen „ordnungsrechtlichen | |
| Sündenfall“. | |
| Unterdessen stehen auch bei der Photovoltaik Ausschreibungen an. 600 | |
| Megawatt sollen jährlich davon umfasst sein. Zusammen mit kleineren | |
| Anlagen, die nicht an der Ausschreibung teilnehmen, setzt die | |
| Bundesregierung einen Gesamtzubau von 2.500 Megawatt pro Jahr an. | |
| Allerdings ist völlig unklar, wie diese Menge erzielt werden soll, nachdem | |
| im vergangenen Jahr lediglich 1.460 Megawatt installiert wurden. | |
| Entsprechend kritisiert der Bundesverband Solarwirtschaft, auf Basis der | |
| jüngsten Verhandlungsergebnisse sei „die angestrebte Wiederbelebung der | |
| Photovoltaiknachfrage nicht erreichbar.“ | |
| 1 Jun 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Bernward Janzing | |
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| Jochen Flasbarth | |
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