# taz.de -- Kommentar Ökostrom-Reform: Eine unehrliche Debatte | |
> Die Bundesregierung folgt in Sachen erneuerbare Energien einer verqueren | |
> Logik: einerseits fördern, andererseits bremsen. | |
Bild: Der Ausbau von Erneuerbaren geht vielen in der Regierung zu schnell | |
Die Logik ist schon bemerkenswert: Die erneuerbaren Energien sollen „an den | |
Markt herangeführt“ werden – dieser Satz ist zum Mantra der Bundesregierung | |
geworden. Gleichzeitig sollen aber gesetzlich definierte Ausbaukontigente | |
festgelegt werden, eine Art Fünfjahresplan der energiepolitischen | |
Zentralverwaltungswirtschaft. Was, bitte, ist daran Markt? | |
Die verquere Argumentation ist Ausdruck politischer Unehrlichkeit. Denn die | |
Floskel vom einzuführenden Markt soll nur kaschieren, dass es in Berlin in | |
Wahrheit ums Bremsen geht. Der Ausbau der Erneuerbaren geht vielen in der | |
Regierung zu schnell, weil die Kohlebranche unter den Wind- und | |
Solarstrommengen leidet. Nur will das in Zeiten nach dem Pariser | |
Klimagipfel, wo sich die Welt als einig Klimaschützer feierte, niemand so | |
sagen. Markt klingt besser. | |
Wie sehr die Regierung diesen Markt der Erneuerbaren aber wirklich will, | |
zeigt sich dort, wo Strom aus erneuerbaren Energien ohne Förderung, ohne | |
Einspeisevergütungen bereits wirtschaftlich ist: bei der Photovoltaik auf | |
dem eigenen Dach. Wer seinen Strom großteils selbst verbraucht, ist heute | |
nicht mehr auf das EEG angewiesen. Doch statt nun den Markt hochzuhalten, | |
sich zu freuen, dass es der Solarstrom zumindest in Nischen geschafft hat, | |
wirtschaftlich zu werden, dachte die Regierung sich Schikanen aus: Umlage | |
für Eigenverbrauch, womöglich bald sogar Stromsteuer. | |
So prägt Unehrlichkeit die Debatte. Auch beim Thema Netze: Man müsse die | |
Erneuerbaren kontingentieren, weil die Netze, deren Ausbau nicht Schritt | |
hält, den Strom nicht mehr aufnehmen können. Physikalisch im Grundsatz | |
korrekt. Im Sinne der Energiewende zielführender wäre es aber, endlich | |
Platz in den Leitungen zu machen, indem man im kritischen Netzgebiet | |
nördlich der Mainlinie Kohlekraftwerke raus nimmt. | |
Aber dann müsste man sich ja mit den Großen anlegen. Lieber ersinnt man | |
Ausschreibungsmodelle für Erneuerbare, bei denen am Ende jene Projekte auf | |
der Strecke bleiben, die einst der Start der Energiewende waren: | |
Bürgeranlagen. Und feiert sich dafür als Freund des Marktes. | |
1 Jun 2016 | |
## AUTOREN | |
Bernward Janzing | |
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