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# taz.de -- Ökosteuer auf Solarstrom: Umstrittener „Schildbürgerstreich“
> Das Finanzministerium will künftig auch selbstverbrauchte Sonnenenergie
> besteuern. Das würde vor allem Mieter und Gewerbe treffen.
Bild: Solaranlagen auf Mietshäusern könnten von den Plänen betroffen sein
Berlin taz | Für Strom aus großen Solaranlagen, der von den Betreibern
selbst verbraucht oder direkt an nahegelegene Nutzer verkauft wird, soll
nach dem Willen des Bundesfinanzministeriums künftig Ökosteuer bezahlt
werden. Der Gesetzentwurf aus dem Haus von CDU-Minister Wolfgang Schäuble
sieht vor, dass bei einem Eigenverbrauch von mehr als 20.000
Kilowattstunden künftig auf den gesamten selbst verbrauchten Strom die
Ökosteuer von 2,05 Cent pro Kilowattstunde fällig werden soll. Die EU
verbiete eine Doppelförderung von Ökostrom durch die EEG-Vergütung und die
Ökosteuerbefreiung, sagte eine Sprecherin zur taz. Es gebe „Vorgaben aus
Brüssel, die wir umzusetzen haben.“
Solaranlagen auf Ein- und Zweifamilienhäusern wären von der Neuregelung
nicht betroffen, weil sie unter dem Grenzwert liegen. Auch für große
Freiflächenanlagen gebe es kaum Auswirkungen, weil der Eigenverbrauch dort
keine Rolle spielt. Doch etwa ein Drittel des Marktes wäre betroffen, etwa
Gewerbebetriebe und sogenannte Mieterstrommodelle.
Beim Mieterstrom werden auf Mehrfamilienhäusern Solaranlagen installiert,
deren Strom an die Bewohner verkauft wird – meist etwas günstiger als ein
normaler Stromtarif. „Die neue Regelung wäre für viele Mieterstrommodelle
fatal“, sagt Tim Loppe vom Stromanbieter Naturstrom, der solche Anlagen
betreibt. „Es ist zu befürchten, dass diese dadurch abgewürgt würden.“
Auch der Bundesverband Solarwirtschaft sieht die Pläne mit Sorge. „Die
Regelung würde große Teile des Solarstrommarktes auf einen Schlag
unrentabel machen“, erklärt Geschäftsführer Carsten Körnig. Eine Ökosteu…
auf Solarstrom wäre ein „Schildbürgerstreich“, so Körnig. Der Solarverba…
bezweifelt auch die europarechtliche Begründung des Finanzministeriums.
Dabei stützt er sich auf eine juristische Stellungnahme des Rechtsanwalts
Hartwig von Bredow. Dieser kommt zu dem Schluss, dass die geplante Änderung
„keinefalls notwendig, geschweige denn europarechtlich zwingend wäre“.
## Vorbehalte im Wirtschaftsministerium
Ob das Gesetz in der geplanten Form kommt, ist allerdings offen. Es
befindet sich derzeit in der Abstimmung zwischen den einzelnen Ressorts.
Das Wirtschaftsministerium, das hauptverantwortlich für die Energiepolitik
ist, will sich in dieser Phase nicht öffentlich äußern. Es ist aber zu
hören, dass es dort erhebliche Vorbehalte gibt.
Eine klare Absage kommt bereits aus dem Bundesumweltministerium. „Der
Referentenentwurf schießt über das eigentliche Ziel der Abschaffung von
Doppelförderungen hinaus“, sagte Staatssekretär Jochen Flasbarth der taz.
„Er benachteiligt dezentrale Quartierslösungen sowie
Erneuerbare-Energien-Anlagen massiv.“ Das sei nicht akzeptabel, weil
„dezentrale Versorgungslösungen – wie Quartierslösungen im Wohn- und
Gebäudebereich“ bei der Energiewende „eine zentrale Rolle“ spielten,
betonte Flasbarth.
23 May 2016
## AUTOREN
Malte Kreutzfeldt
## TAGS
Jochen Flasbarth
Energiewende
Wolfgang Schäuble
Solarenergie
Solarenergie
Steuersenkung
Erneuerbare Energien
EEG-Reform
Erneuerbare Energien
Ökologie
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Schweiß
Bundesministerium der Finanzen (BMF)
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