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# taz.de -- Hans Eichel über die Öko-Steuer: „Wir brauchen zusätzliches Ge…
> Der frühere SPD-Finanzminister Hans Eichel fordert höhere Abgaben auf
> Umweltverschmutzung. Umweltfreundliches Verhalten will er belohen.
Bild: Steuerbefreiung für Kerosin? Ohne sie hätte die Regierung mehr Geld.
taz: Herr Eichel, als Bundesfinanzminister haben Sie ab 1999 die
ökologische Steuerreform umgesetzt. Jetzt engagieren Sie sich erneut für
diese Idee. Warum?
Hans Eichel: Wir müssen den Kampf gegen den Klimawandel entschiedener
führen. Dazu haben sich bei der Weltklimakonferenz der Vereinten Nationen
im vergangenen Dezember alle Staaten der Erde verpflichtet. Für uns heißt
das: Umweltfreundliches Verhalten sollten wir stärker belohnen,
umweltschädliches dagegen finanziell bestrafen. Es gibt jede Menge
Subventionen im Steuersystem, die Umweltschäden begünstigen. Ich sage: Weg
damit.
Zum Beispiel?
Ich sehe keinen Grund, warum Diesel für Autos niedriger besteuert wird als
Benzin. Auch die Steuerbefreiung für Kerosin ist so ein Fall. Sie stammt
noch aus der Zeit von CSU-Chef Franz-Josef Strauß. Würde sie beseitigt,
hätten die Regierungen mehr Geld. Und die Fluggesellschaften würden
umweltfreundlichere Maschinen bestellen.
Warum soll jetzt gerade der richtige Zeitpunkt sein, um die Steuern auf
Umweltverbrauch zu erhöhen?
Der drastisch gesunkene Ölpreis begünstigt umweltschädliches Verhalten und
verzögert ökologische Innovationen. Das sieht man am Automobilmarkt.
Fahrzeuge mit starken Motoren und hohem Schadstoffausstoß erfreuen sich
großer Beliebtheit. Elektroautos gibt es dagegen kaum auf deutschen
Straßen. Das können wir nicht hinnehmen. So etwas wirft uns auch in die
Zeit vor der ökologischen Steuerreform von Rot-Grün zurück. 2003 stammten
immerhin 6,5 Prozent des Steueraufkommens aus Steuern auf
Umweltbelastungen. Heute sind es nur noch 5 Prozent.
Damals ging es darum, Energieverbrauch teurer und Arbeit billiger zu
machen. Mit den Einnahmen aus der Ökosteuer wurden die Rentenbeiträge
verringert. Sollte heute dasselbe Prinzip gelten?
Ja, man müsste gezielt die Bezieher kleiner Einkommen bei den
Sozialbeiträgen entlasten. Ein anderer Ansatz bestünde darin, Leute mit
niedrigen Verdiensten bei der Anschaffung sparsamer Autos, Heizungen und
Elektrogeräte zu unterstützen. Oder man investiert mehr Mittel in den
Ausbau umweltfreundlicher Verkehrssysteme.
Auch Leute mit wenig Geld fahren Auto und müssen heizen. Ihre Energiekosten
würden steigen. Werden sie unter dem Strich be- oder entlastet?
Man kann und muss die Reform so gestalten, dass die Umwelt gewinnt und der
Normalverdiener nicht die Zeche zahlt.
Die Union will gegenwärtig überhaupt keine Steuererhöhungen. Ihre Partei,
die SPD, hat sich vorläufig damit abgefunden. Die Chancen für eine neue
ökologische Steuerreform stehen nicht gut, wenn es nochmal zur Großen
Koalition auf Bundesebene kommt.
Ich spreche hier für das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft. Meine
Partei führte die ökologische Steuerreform zusammen mit den Grünen ein –
gegen den wütenden Protest der damaligen Opposition. Längst haben aber die
meisten eingesehen, dass der Weg richtig war. Wir müssen ihn jetzt mit
größerer Geschwindigkeit weitergehen. Da sind alle Parteien gefordert.
Finanzminister Wolfgang Schäuble hat kürzlich vorgeschlagen, eine
zusätzliche europaweite Benzinsteuer zu erheben, um mit Einnahmen die
Außengrenzen der EU zu sichern. Ist das eine gute Idee?
Nein, man sollte nicht die Kosten der Flüchtlingskrise bei den
Normalverdienern abladen. Sonst bekommt man ein Förderprogramm für
Fremdenfeindlichkeit. Ja, wir brauchen zusätzliches Geld. Aber besser wäre
es, wenn es die Bevölkerungsgruppen mit höheren Einkommen und Vermögen
aufbrächten.
Ohnehin kreist die öffentliche Finanzdebatte um den wachsenden Abstand
zwischen Arm und Reich. Was schlagen Sie vor?
Kapitaleinkünfte müssen wieder in derselben Höhe belastet werden wie
Arbeitseinkommen. Für diese beträgt der Spitzensteuersatz 45 Prozent, für
jene nur 25 Prozent. Für Bezieher kleiner Einkommen ist die Höhe der
Sozialbeiträge eine schwere Last, bei mittleren Einkommen ist es der
sogenannte Mittelstandsbauch im Steuersystem. Hier müssen wir ansetzen. Was
die Vermögensungleichheit betrifft: Auch angelsächsische Länder belasten
die große Vermögen und Erbschaften deutlich mehr als wir. Hier gibt es
Spielraum nach oben.
12 Feb 2016
## AUTOREN
Hannes Koch
## TAGS
Ökologie
Steuer
Hans Eichel
Steuersenkung
Jochen Flasbarth
Elektroauto
Elektrogeräte
Energiewende
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