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# taz.de -- Nicht in meinem Hinterhof: Ausweitung der Kampfzone
> In Hamburg kündigen die Gegner großer Flüchtlingsheime Bürgerbegehren an.
> Damit sind sie auf dem Holzweg: Die Bezirke werden sie wohl für
> unzulässig erklären.
Bild: Integration ja, aber bitte woanders – besorgte Bürger im Hamburger Rei…
Hamburg taz | Sechs Bürgerbegehren sollen es werden, das ist beinahe eines
für jeden der sieben Hamburger Bezirke: Nur im Bezirk Mitte schwächelt der
Initiativ-verbund personell. Damit wollen die „Initiativen für eine
gelungene Integration“ den Bau fast sämtlicher Flüchtlingsunterkünfte in
der Stadt für Monate auf Eis legen und den Hamburger Senat zwingen, auf
ihre Forderungen einzugehen. Die lauten: Keine Unterkunft für mehr als 300
Flüchtlinge und einen Mindestabstand von einem Kilometer Luftlinie zwischen
den einzelnen geplanten Flüchtlingsheimen.
Um das zu erreichen, hat der Initiativverband bereits eine Volksinitiative
auf Hamburger Landesebene gestartet und verhandelt parallel mit dem Senat
und den Fraktionsspitzen der Regierungsparteien. Doch weder die
Volksgesetzgebung noch die Gespräche stoppen die bereits begonnenen
Bauvorbereitungen für 4.800 Wohnungen für Schutzbedürftige.“Trotz des
großen Erfolgs unserer Volksinitiative wird ununterbrochen an vielen
Unterkünften gebaut“, verleiht Initiativsprecher Klaus Schomacker seiner
Befürchtung Ausdruck, der Senat wolle voreilig vollendete Tatsachen
schaffen.
Um das zu verhindern, bedient sich der Initiativzusammenschluss nun auch
des Bürgerbegehrens. Der Vorteil für sie: Auf Bezirksebene müssen die
Initiativen nur wenige tausend Unterschriften pro Bezirk sammeln, damit
eine Sperrklausel greift. Die besagt, dass über Monate nichts passieren
darf, was dem Anliegen des eingereichten Begehrens widerspricht. Die
Bauarbeiten müssten also ersteinmal ruhen.
Doch die Begehren haben in diesem Fall auch einen gravierenden Nachteil:
Nach Einschätzung der Hamburger Verwaltungsjuristen sind sie unzulässig.
Nach taz-Informationen werden alle sechs Bezirke noch in der kommenden
Woche die Begehren ablehnen. Dann muss die Initiative das Hamburger
Verfassungsgericht anrufen, will sie das Instrument nicht aus den Händen
geben.
„Ansätze für die Unzulässigkeit“ sieht etwa Tom Oelrichs,
Steuerungsdezernent und Vizechef des Bezirksamts Nord, das die juristische
Prüfung der eingereichten Begehren federführend leitet. Oehlrich geht davon
aus, dass der Initiativtext einem Senatsbeschluss widerspricht –
Bezirksbegehren aber dürfen nicht Landesrecht aushebeln. Der Senat hatte
Ende vergangenen Jahres beschlossen möglichst noch in diesem Jahr in jedem
der sieben Hamburger Bezirke mindestens 800 Wohnungen für Flüchtlinge
fertigzustellen. Das aber würde das von dem Iniverbund angestrebte
Moratorium wie auch das Begehren selbst verhindern.
Zudem bestehe, so Oelrichs, die Gefahr, „dass unzulässig in die Rechte
Dritter eingegriffen“ werde. Er meint damit etwa die Besitzer von
Privatimmobilien, die diese Flüchtlingen zur Verfügungen stellen wollen und
dazu umbauen müssen. Ihr einklagbares Anrecht auf eine entsprechende
Baugenehmigung darf ein Bürgerbegehren nicht aushebeln. Eine weiteres
juristisches Problem: Die Bürgerbegehren könnten dem von den Inis
eingereichten Volksentscheid gegen große Flüchtlingsghettos vorgreifen –
auch hier besteht rechtlicher Klärungsbedarf.
Dass die Begehren vor dem Gesetz kaum Bestand haben werden, müsse auch der
Initiativverbund wissen, heißt es aus Senatskreisen. Das ganze sei deshalb
nur „ein PR-Gag“, für den tausende Bürger, die in den kommenden Tagen
unterschreiben dürften, instrumentalisiert würden. Ini-Sprecher Schomacker,
der gestern nicht zu erreichen war, wird deshalb von seinen Gegnern ein
wenig englischer ausgesprochen: „Showmaker“.
6 Apr 2016
## AUTOREN
Marco Carini
## TAGS
Hamburg
Volksbegehren
Bürgerinitiative
Unterbringung von Geflüchteten
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Flüchtlinge
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