# taz.de -- Formale Hürden: Baubremser ausgebremst | |
> Die Bezirke lehnen Bürgerbegehren gegen große Flüchtlingsunterkünfte ab, | |
> weil sie sich nicht gegen Bezirks-, sondern Landesbeschlüsse richten | |
> würden. | |
Bild: Auch die Volksgesetzgebung muss administrative Hürden überwinden | |
HAMBURG taz | Sechs Hamburger Bezirke haben am Dienstag wortgleich die bei | |
Ihnen eingereichten Bürgerbegehren gegen Unterkünfte für mehr als 300 | |
Flüchtlinge für „unzulässig“ erklärt. Die Bescheide wurden am Nachmitta… | |
den Dachverband der „Initiativen für eine gelungene Intergration“ | |
verschickt. Ihre Ablehnung begründen die Bezirke vor allem damit, dass die | |
bezirklichen Begehren gegen mehrere Senatsbeschüsse opponieren, statt sich | |
wie erlaubt nur um Bezirksbeschlüsse zu kümmern. | |
Der Senat hatte im Oktober beschlossen, in jedem der sieben Bezirke der | |
Stadt bis Ende 2016 rund 800 Wohnungen pro Bezirk für die | |
Folgeunterbríngung von insgesamt 28.000 Flüchtlingen bauen zu lassen. Dabei | |
sollen „auch deutlich größere Einheiten als 300 Flüchtlinge pro | |
Wohnungsbauvorhaben“ möglich sein, heißt es in einer Erklärung des | |
Bezirksamtes Nord. | |
Dagegen geht der Dachverband bereits mit einer stadtweiten Volksinitiative | |
an, die aber die Planungen nicht aufhält. Die bezirklichen Bürgerbegehren | |
hingegen würden dem Initiativzusammenschluss bereits nach der Sammlung | |
weniger Tausend Unterschriften pro Bezirk ein Bau-Moratorium bis zur | |
Entscheidung bescheren. Damit würden die Senatspläne zumindest auf der | |
Zeitachse gegenstandslos werden. | |
In Wandsbek etwa wurden bereits am Montag laut Initiativ-Sprecher Klaus | |
Schomacker 4.049 Unterschriften gegen Großunterkünfte abgegeben, fast | |
doppelt so viele, wie für ein Bürgerbegehren und damit ein Moratorium | |
notwendig wären. Hamburgweit haben die Initiatoren der Begehren nach | |
eigenem Bekunden in der vergangenen Woche bereits mehr als Zehntausend | |
Unterschriften gesammelt. Der Initiativenverbund gegen Großunterkünfte will | |
gegen die bezirkliche Ablehnung vorgehen. | |
Acht erfahrene Juristen hätten den Text der Bürgerbegehren vorab geprüft, | |
darunter auch zwei Richter, sagt Schomacker. Er ist überzeugt, dass ein | |
Widerspruch gegen den Stopp der Bürgerbegehren erfolgreich sein wird. | |
Darüber muss nun binnen zehn Tagen die Finanzbehörde entscheiden, die die | |
Aufsicht über die Bezirke hat. Bestätigt sie den verhängten Stopp der | |
Begehren, bleibt den Gegnern der Großunterkünfte nur der Gang vor das | |
Verwaltungsgericht. | |
Doch darf das Volk mit unterschiedlichen Instrumenten gleichzeitig im | |
Bezirk und auf Landesebene gegen die Baupläne vorgehen? Der Verein „Mehr | |
Demokratie“ hält sich bei der Bewertung bedeckt. „Diese Rechtsfrage ist | |
etwas unübersichtlich“, sagt Manfred Brandt von „Mehr Demokratie“. Aus | |
seiner Sicht gibt es „keine saubere Trennung zwischen der Landes- und der | |
Bezirksebene“. | |
Es müsse aber differenziert werden zwischen der Flüchtlingspolitik aus | |
Stadtstaatsebene und Bebauungsplänen, so Brandt. Letztgenannte fielen in | |
die Kompetenz der Bezirke und seien deshalb mit Bürgerbegehren angreifbar, | |
die aber für Senat und Bürgerschaft nur „empfehlenden Charakter“ hätten. | |
Die Ablehnung zeige, dass dem Senat „nicht an einer inhaltlichen Einigung | |
mit der Initiative gelegen ist, sondern lediglich an einer schnellen | |
Abwicklung der Begehren“, sagt die FDP-Fraktionschefin Katja Suding: Das | |
Vorgehen führe zu Verdrossenheit. Stattdessen müsse der Senat endlich | |
offenlegen, wie viele „Expresswohnungen“ genau an welchen Standorten | |
geplant seien. „Die Menschen haben ein Recht zu erfahren, wie es konkret | |
weitergehen soll.“ | |
12 Apr 2016 | |
## AUTOREN | |
Marco Carini | |
Sven-Michael Veit | |
## TAGS | |
Energie | |
Unterbringung von Geflüchteten | |
Direkte Demokratie | |
Flüchtlinge | |
Flüchtlinge | |
FDP Hamburg | |
Flüchtlinge | |
Hamburg | |
Hamburg | |
Schwerpunkt Flucht | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Kommentar Einigung über Flüchtlingsunterbringung: Ein wertvoller Kompromiss | |
Die Einigung verhindert einen Volksentscheid, der flüchtlingsfeindliche | |
Gruppen mobilisiert hätte und nimmt auch die mit, die in puncto Integration | |
Bedenken hatten. | |
Flüchtlinge werden verteilt: Volksentscheid abgewendet | |
Die Hamburgische Bürgerschaft hat den Kompromiss zur Unterbringung von | |
Geflüchteten durchgewunken. Künftig werden Schutzsuchende dezentral wohnen. | |
Verwirrspiel um Kosten der Unterkünfte: 58 Cent pro Flüchtling reichen | |
FDP-Abgeordnete Dutschke „beweist“ mit absurden Rechnungen: Kleine | |
Flüchtlingsunterkünfte seien nicht teurer als große. | |
Neue Initiative für Flüchtlinge: „Wir wollen mitbestimmen“ | |
Die „Initiativen für gute Integration“ bekommen Konkurrenz: Der neue Verein | |
„Hamburg Integriert“ hält die geplanten Bürgerbegehren für den falschen | |
Weg. | |
Nicht in meinem Hinterhof: Ausweitung der Kampfzone | |
In Hamburg kündigen die Gegner großer Flüchtlingsheime Bürgerbegehren an. | |
Damit sind sie auf dem Holzweg: Die Bezirke werden sie wohl für unzulässig | |
erklären. | |
Initiative für Dezentralisierung: Senat verhandelt über Asylheime | |
Hamburgs rot-grüne Koalition und die Volksinitiative gegen Großunterkünfte | |
verhandeln über dezentrale Flüchtlingsunterkünfte und bessere Integration. | |
Direkte Demokratie in Hamburg: Volksini gegen Flüchtlingsheime | |
Die Hamburger Volksinitiative ist gestartet und will Großunterkünfte für | |
Flüchtlinge stoppen – ohne Integration zu verhindern. |