# taz.de -- Neue Firmenzentrale in Bremen: Kühne+Nagel soll bauen | |
> Die Bremer Baudeputation befürwortet den Platzverkauf an Kühne+Nagel. Die | |
> NS-Firmengeschichte dürfe aber nicht unter den Tisch fallen, fordert der | |
> Vorsitzende. | |
Bild: Für ihn geht's voran: Klaus-Michael Kühne | |
BREMEN taz | In nicht-öffentlicher Sitzung hat die Baudeputation gestern | |
dem Grundstücksverkauf an der Kaisenbrücke an Kühne+Nagel zugestimmt. Das | |
detaillierte Abstimmungsergebnis wird nicht kommuniziert. | |
Im öffentlichen Teil wurde der entsprechende Bebauungsplan gegen die Stimme | |
von Claudia Bernhard (Linke) beschlossen. Während Frank Imhoff für die CDU | |
den Bau „begrüßte“, sprach Bernhard von einer „inakzeptablen“ Archite… | |
mit „belastender Massivität“. | |
Der Deputations-Vorsitzende Jürgen Pohlmann (SPD) erklärte, ein | |
Architektur-Wettbewerb wäre „in jedem Fall besser“ gewesen. Wenigstens | |
hatte die Senatsbaudirektorin verhindert, dass Kühne+Nagel an die | |
Kaisenbrücke einen Glas- und Stahlpalast hinstellt, wie ihn die Firma in | |
Hamburg besitzt und ursprünglich auch für Bremen wollte. | |
Auch der Kaufantrag der taz für vier Quadratmeter der selben Fläche wurde | |
wiederholt angesprochen: Dank eines erfolgreichen Crowdfundings bietet die | |
taz mit 2.000 Euro pro Quadratmeter mehr als das Doppelte dessen, was | |
Kühne+Nagel bezahlen soll. Auf dieser Fläche will die taz ein | |
„Arisierungs“-Denkmal initiieren. Hintergrund ist die von Kühne+Nagel noch | |
immer nicht eingestandene Dimension seiner NS-Geschäfte: Das Unternehmen | |
hatte sich das faktische Monopol für den Abtransport sämtlicher Besitztümer | |
der aus Westeuropa deportierten jüdischen Bevölkerung gesichert. | |
Zunächst hatte das Bauressort den Kaufantrag der taz mit dem Hinweis | |
abgewiesen, die Fläche könne nur als ganze verkauft werden. Zudem habe die | |
taz keine Kostenübernahme für die Entsorgung im Boden liegender Altlasten | |
übernommen sowie für „die erforderlichen Umbauten hinsichtlich der | |
Verkehrsinfrastruktur“. | |
Allerdings will die taz keineswegs – im Gegensatz zu Kühne+Nagel – ein | |
Stück der bestehenden Kreuzung überbauen. Die taz garantierte jedoch die | |
Aufarbeitung etwaiger geologischer Altlasten unter dem Denkmal und bat um | |
Begründung, warum der erlös-maximierende Separat-Verkauf von vier | |
Quadratmetern nicht möglich sein soll. | |
Gestern nun erklärte das Ressort, der Antrag der taz entspräche „nicht dem | |
Aufstellungsbeschluss“ für das Grundstück, der dort alternativlos ein | |
Bürogebäude vorsehe. Dieses wiederum könne „ausschließlich an Anlieger zum | |
Zwecke der Betriebserweiterung“ veräußert werden. Da es demzufolge keine | |
öffentliche Ausschreibung gegeben habe, bestehe „keine Verpflichtung, | |
Kaufangebote Dritter zu berücksichtigen“. Dieser Argumentation folgte | |
offensichtlich eine Mehrheit. | |
Kontroversen gab es im öffentlichen Teil um die Frage, ob | |
Neubau-Genehmigung und fehlende Geschichtsaufarbeitung im Zusammenhang zu | |
diskutieren seien. Robert Bücking von den Grünen verneinte das vehement. | |
Pohlmann bezeichnete es hingegen als „kluge Idee der taz“, das historische | |
Thema auch auf diese Weise zu transportieren. Das Thema müsse weiter bewegt | |
werden. Auch der Beirat Mitte hatte erklärt: „Der Neubau an dem Ort, an dem | |
bereits das Stammgebäude der Firma stand, wäre ein guter und geeigneter | |
Zeitpunkt, sich seiner Vergangenheit zu stellen.“ | |
Jens Crueger (SPD) erinnerte hingegen an den „zwecklosen Versuch“ der Stadt | |
Coburg, die Benennung einer Straße nach einem NS-belasteten Firmengründer | |
zu verweigern. Letztlich habe sie vor dem großflächigen Sponsoring-Entzug | |
seitens des Unternehmens einknicken müssen. | |
Die nächsten Entscheidungen treffen kommende Woche Senat und | |
Haushaltsausschuss. | |
11 Feb 2016 | |
## AUTOREN | |
Henning Bleyl | |
## TAGS | |
Kühne und Nagel | |
Kühne und Nagel | |
"Arisierung" | |
"Arisierung" | |
Bremen | |
Denkmal | |
NS-Gedenken | |
NS-Opfer | |
NS-Verbrechen | |
Schwerpunkt Nationalsozialismus | |
NS-Verbrechen | |
Aufarbeitung | |
Bremer Mahnmal zur „Arisierung“ | |
Bremer Mahnmal zur „Arisierung“ | |
Kühne und Nagel | |
Kühne und Nagel | |
Kühne und Nagel | |
Kühne und Nagel | |
Bremen | |
Kühne und Nagel | |
Kühne und Nagel | |
KZ | |
Bremer Mahnmal zur „Arisierung“ | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Protest gegen Kühne + Nagel-Neubau: „Peinlich und respektlos“ | |
Die Logistikfirma Kühne + Nagel feiert Richtfest am Neubau des Bremer | |
Stammsitzes an der Domsheide. AktivistInnen protestierten mit einem | |
30-Meter-Transparent. | |
Kühne+Nagel: Jetzt ist der Bremer Senat an der Reihe | |
Am Dienstag entscheidet der Senat, ob der Logistikkonzern an der Weser baut | |
- und ob die taz auf dem Gelände an dessen immense NS-Geschäfte erinnern | |
darf. | |
Kommentar: „Arisierungs“-Gewinne: Fakten statt Fahrradständer | |
Es ist ausgesprochen selten, dass der weltweit drittgrößte Logistikkonzern | |
auf städtische Gremien angewiesen ist. Bremen sollt die Chance nutzen, sich | |
Gehör zu verschaffen | |
Entwürfe Kühne+Nagel-Grundstück: „taz bemüht sich“ | |
Der Logistik-Konzern Kühne+Nagel will den Firmensitz erweitern, die taz an | |
„Arisierungs“-Profit erinnern. Für beides liegen nun Entwürfe vor. | |
Mahnmal gegen „Arisierungs“-Geschäfte: Crowdfunding gegen das Vergessen | |
Der Logistikkonzern Kühne und Nagel will einen pompösen Neubau. Wir wollen | |
ein Denkmal, um an die NS-Geschäfte der Firma zu erinnern. | |
Verhandlungen über neues Stammhaus: Ein Bau-Denkmal für Kühne | |
Der groß dimensionierte Neubau von Kühne+Nagel an der Kaisenbrücke stößt | |
auf Kritik – nicht nur wegen dessen unaufgearbeiteter NS-Vergangenheit | |
Die Kühne-Story: Wie ein Traditions-Unternehmen Jubiläum feiert: Kühne&Sohn | |
Kühne+Nagel pflegt einen äußerst eigenwilligen Umgang mit seiner | |
Geschichte: Das liegt daran, dass die zugleich eine gut gehütete | |
Familiengeschichte ist. | |
Zweifelhafte Würdigung: „Moralische Pflicht verstanden“ | |
Großspediteur Kühne lässt sich von Hamburgs SPD-Bürgermeister das Goldene | |
Buch vorlegen – obwohl er Deutschland einst der SPD wegen verließ. | |
Kühne+Nagel mauert: Verwertung ohne „Relevanz“ | |
Kühne+Nagel profitierte im „Dritten Reich“ nicht nur von der | |
Judenverfolgung, es „arisierte“ sich auch selbst. Von alldem will das | |
Unternehmen nach wie vor nichts wissen – sondern hält einen | |
„kulturpolitischen Zusammenhang“ für möglich. | |
Jubel-Jubiläum statt ehrlicher Rückschau: Der Lohn der Spedition | |
Klaus-Michael Kühne ist als „Retter“ von HSV und Hapag-Lloyd präsent und | |
lässt sich als Sponsor der Elbphilharmonie feiern. Doch seine Firma wurde | |
auch durch Arisierungsgewinne groß. |