# taz.de -- Pfusch mit krebeserregendem Straßenbelag: Baufirmen verstreuen Gif… | |
> Beim Ausbau der A 7 haben Baufirmen krebserregenden Schutt kurzerhand in | |
> der Umwelt verteilt. Unklar ist, wer die Entsorgung zahlt. | |
Bild: Ausbau der A 7: Giftiger Bauschutt wurde in Vorgärten entsorgt. | |
HANNOVER taz | Im südlichen Niedersachsen wurde offenbar giftiges | |
Baumaterial weiträumig verteilt. Allein im Kreis Hildesheim gelten 82 | |
Privatgrundstücke als kontaminiert, bestätigte Ordnungsdezernent Helfried | |
Basse der taz. Zwei weitere „Verdachtsflächen“ lägen im Landkreis Goslar, | |
eine andere im Kreis Wolfenbüttel. | |
Der mit polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) belastete | |
Bauschutt stammt ursprünglich von Baustellen der Autobahn 7, die zwischen | |
2011 und 2014 sechsspurig ausgebaut wurde. Im Unterbau der in den | |
Fünfzigerjahren errichteten Straße fand sich eine Teersandschicht mit hoher | |
PAK-Kontamination. Auch Teile des Asphalts waren von dem Gift belastet. Die | |
ringförmigen Kohlenwasserstoffe sind krebserregend, ihre Verwendung im | |
Straßenbau ist deshalb seit den Siebzigern verboten. | |
## Privatgrundstücke als „kostenlose Müllkippe“ | |
Beim Ausbau der A7 sollten die krebserregenden Stoffe deshalb „mit Zement | |
verfestigt“ werden, heißt es aus dem niedersächsischen Verkehrsministerium | |
in Hannover. Diese Bauweise sei „üblich“ und entspreche dem „Stand der | |
Technik“. Allerdings leisteten sich die beteiligten Baufirmen massiven | |
Pfusch: Sie verteilten das giftige Baumaterial nicht nur im Umkreis der | |
Autobahn, sondern nutzten auch Privatgrundstücke als kostenlose Müllkippe. | |
Nichtsahnend ließen sich Anwohner den Bauschutt anliefern – und verwandten | |
ihn als „Unterbaumaterial für Gehwege, Carports und Garagen“, sagt | |
Ordnungsdezernent Basse. | |
Zwar sind die dringendsten Umweltschäden im Umfeld der ursprünglichen | |
Autobahnbaustelle im Süden der Landeshauptstadt Hannover mittlerweile | |
beseitigt: „Im Umfeld von Regenrückhaltebecken finden sich keine PAK mehr“, | |
sagt Stefan Wittke, Sprecher des niedersächsischen Wirtschafts- und | |
Verkehrsministers Olf Lies (SPD). Nicht saniert seien dagegen „der Mittel- | |
und der Seitenstreifen“ – an einem entsprechenden Konzept werde „noch | |
gearbeitet“. | |
## Spielplätze sind abgesperrt | |
Unklar ist bisher, wer die Kosten des Umweltskandals trägt: Das Land hat | |
Strafanzeige erstattet, doch die Baufirmen weisen sich offenbar gegenseitig | |
die Schuld zu. Sicher ist aber, dass auch die Privatgrundstücke aufwendig | |
saniert werden müssen: „Das Schadstoffpotenzial ist erhöht“, sagt ein | |
Sprecher des grünen Umweltministers Stefan Wenzel. „Flächen, auf denen | |
Kinder spielen, sind bereits abgesperrt.“ Ziel sei, „das belastete | |
Baumaterial ausbauen zu lassen“. | |
Doch dazu müssen Pflaster von Einfahrten und Wegen aufgenommen, das | |
darunterliegende Baumaterial ausgebaggert und fachgerecht entsorgt werden. | |
Den privaten Grundstückseigner drohen damit Kosten im vier- bis | |
fünfstelligen Bereich. Die will der Kreis Hildesheim mit einem Fonds | |
abmildern – vor Ort ist von einem Volumen von rund 1,5 Millionen Euro die | |
Rede. | |
„In den nächsten Wochen“ seien dazu „zahlreiche Termine verabredet“, s… | |
Dezernent Basse. „Eigenmittel“ werde der Landkreis dazu nicht einsetzen, | |
versichert er. Zahlen sollen offenbar die Baufirmen – oder das Land: | |
Schließlich, wird in Hildesheim argumentiert, habe auch die Landesbehörde | |
für Straßenbau und Verkehr bei der Kontrolle der Bauarbeiten auf der A 7 | |
versagt. | |
2 Feb 2016 | |
## AUTOREN | |
Andreas Wyputta | |
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