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# taz.de -- Sanftes Schippern: „Saubere Luft, sauberes Wasser“
> Monika Griefahn, Umweltdirektorin bei Aida, über das Erfolgsrezept für
> die Versöhnung von Ökonomie und Ökologie an Bord.
Bild: Umweltfreundlich: Monika Griefahn beim Anschluss der ersten LNG-Barge in …
taz: Frau Griefahn, welche Kriterien muss ein Kreuzfahrtschiff erfüllen, um
„nachhaltig“ zu sein?
Monika Griefahn: Wichtig für uns ist, dass Nachhaltigkeit nicht nur
Umweltschutz bedeutet, sondern auch soziale und kulturelle Aspekte
beinhaltet. Aber natürlich beinhaltet der Urlaub auch saubere Luft,
sauberes Wasser, nachhaltige Landausflüge und vieles mehr. Das ist die
Basis, damit wir auch künftig erfolgreich Kreuzfahrten anbieten können und
deshalb setzen wir uns dafür ein.
Licht, Schwimmbäder, Klimaanlagen: Ihre Schiffe haben den Verbrauch einer
Kleinstadt.
Alle unsere Schiffe seit 2007 haben Anschlüsse für Landstrom oder
Hybrid-Bargen, die Strom aus Flüssigerdgas liefern. Das verringert die
Emissionen von Kohlendioxid und anderen Luftschadstoffen erheblich.
Aber nicht vollständig.
Eine Reise mit unseren Schiffen ist äußerst umweltfreundlich. Der
Treibstoffverbrauch liegt nur noch bei drei Litern auf 100 Kilometer pro
Person. Und der Treibstoff wird immer sauberer. Mit Schweröl wird kaum noch
gefahren und es ist in vielen Gebieten, auch auf Nord- und Ostsee,
verboten. Dort fahren die Schiffe mit Marinediesel, der einen
Schwefelgehalt von weniger als 0,1 Prozent hat. Außerdem rüsten wir die
bestehende Flotte schrittweise mit mehrstufigen Abgasreinigungssystemen
aus. Und unsere neuesten Schiffe …
… die Aida gerade bei der Meyer-Werft in Papenburg in Auftrag gegeben hat …
Genau. Die werden als erste weltweit komplett mit Flüssigerdgas betrieben,
sodass Schadstoffemissionen fast vollständig vermieden werden. Der nächste
Schritt wäre dann Power-to-Gas, also das Produzieren von Brenngas aus
Sonnen- oder Windstrom. Wir treiben das gemeinsam mit Atmosfair voran, das
dauert aber noch einige Jahre.
2011 verlieh der Naturschutzbund Aida den Umwelt-Dinosaurier, jetzt
bewertet er ihre jüngsten Neubauten als umweltfreundlichste
Kreuzfahrtschiffe Europas – woher dieser rasche Wandel der
Unternehmensphilosophie?
Diese Philosophie gab es schon immer, nur haben wir darüber nie geredet,
für uns war es selbstverständlich. Aber die Umsetzung technischer Projekte
dauert eben, man kann einen Katalysator oder Filter nicht einfach von der
Stange kaufen. Wir haben vieles schon gemacht, bevor es vorgeschrieben
wurde.
Aus Eigenmotivation oder gesellschaftlichem Druck?
Das ist sicher eine Mischung. Wir haben vorwiegend deutsche Gäste und die
Deutschen sind im Allgemeinen sehr umweltbewusst und erwarten hohe
Umweltstandards. Dass woanders auf der Welt in Haushalten nicht wie bei uns
recycelt wird, ist ja vielen von uns unverständlich. Für Aida ist
Umweltschutz eine Frage der Verantwortung. Wir erfüllen nicht nur die
Umweltstandards wie an Land, sondern übertreffen diese an Bord sogar in
vielen Bereichen. Ein nachhaltiger und umweltschonender Urlaub ist für uns
Grundvoraussetzung, um auch morgen noch Kreuzfahrten anbieten zu können.
Saubere Luft, sauberes Wasser, genau das verbinden unsere Gäste ja auch mit
dem Kreuzfahrterlebnis.
Also ein rein ökonomisches Interesse?
Auch, natürlich. Wir sind in Deutschland Marktführer für Kreuzfahrten und
wollen das bleiben. Deshalb müssen wir unseren Kunden eine überzeugende
Mischung aus Ökonomie, Ökologie, Sozialem und Kultur bieten. Das
Gesamtkonzept muss überzeugen, und das tut es offenbar.
Sie waren Geschäftsführerin bei Greenpeace, SPD-Umweltministerin in
Niedersachsen, jetzt sind sie in leitender Position in einem
Wirtschaftsunternehmen tätig. In welcher Aufgabe war oder ist es am
einfachsten, ökologische Fortschritte zu erreichen?
Man kann in jeder Position etwas erreichen, wenn man sich engagiert, ob bei
Greenpeace oder in einer Landesregierung. In einem Wirtschaftsunternehmen
kann man viele Dinge bewegen, wenn sie für das Unternehmen gut sind. Meine
Vorschläge waren gut für Aida, deshalb konnte und kann ich hier viel
initiieren. Aber auch hier muss ich, ebenso wie früher bei Greenpeace und
in der Politik, überzeugen und Mehrheiten finden. Aber das geht bei Aida
sehr gut, weil hier viele engagierte und vorausschauende Menschen arbeiten,
die genau sehen, was für unsere Kunden und unser Unternehmen gut, sinnvoll
und auch finanzierbar ist.
Ökonomie durch Ökologie?
Ja, wir wollen das, wir machen das und sind damit erfolgreich.
Die Branche boomt. Wie ist Ihre Prognose?
Kreuzfahrten machen in Deutschland gerade mal etwa zwei Prozent am
Tourismus aus, da ist also noch Luft nach oben. Unsere Schiffe sind sichere
Orte, auch das ist ein Aspekt, und sie sind selbst zur Destination
geworden, weil man an Bord so viel machen kann. Auch deshalb hat Aida das
Durchschnittsalter der Passagiere von 65 auf 45 Jahre gesenkt. Unsere
Schiffe sind keine schwimmenden Seniorenheime, sie sprechen viele junge
Familien mit Kindern an. Unsere Schiffe sind sehr lebendig.
Der Trend setzt sich also fort? Immer größere Schiffe, immer mehr
Passagiere, immer neue Terminals?
Nur zum Teil, denn ältere und kleinere Schiffe werden durch modernere und
wahrscheinlich größere, effizientere und umweltfreundliche ersetzt werden.
Deshalb wird es weiterhin Wachstum geben, aber nicht unbegrenzt. Die Kurve
wird flacher werden.
Wie sieht Kreuzfahrt-Tourismus in 20 Jahren aus?
Ich denke, es wird nur noch hochmoderne und umweltfreundliche Schiffe
geben. An Bord werden hohe ökologischen Standards erfüllt, ob bei der
Ernährung, beim Abfallrecycling, bei Landausflügen. Und es werden Urlaube
für alle Generationen sein.
12 Jul 2015
## AUTOREN
Sven-Michael Veit
## TAGS
Kreuzfahrt
Umweltbilanz
Massentourismus
Umweltschutz
Umwelt
Stadtentwicklung Hamburg
Schifffahrt
Kreuzfahrt
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