# taz.de -- Europa billigt Flussvertiefung: Ausbaggern nur mit Auflagen | |
> Der Europäische Gerichtshof hat mit seinem Urteil den Gewässerschutz | |
> gestärkt, ein Rückschlag für die Vertiefung von Weser und Elbe. | |
Bild: Haben bald freie Fahrt nach Hamburg und Bremerhaven: Großcontainerschiff… | |
Die norddeutschen Umweltverbände können ihr Glück kaum fassen. Von einem | |
„Meilenstein für den Gewässerschutz in ganz Europa“ schwärmen | |
Naturschutzbund (Nabu), der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland | |
(BUND) und die Umweltstiftung WWF. | |
Das Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom gestrigen Mittwoch zur | |
Konkretisierung der Wasserrechtsrahmenrichtlinie der EU setze „strenge | |
Maßstäbe für den Schutz von Weser und Elbe“. Damit seien die Hürden für | |
eine Genehmigung der Vertiefung von Weser und Elbe „noch höher geworden“. | |
Der Gewässerschutz stehe bei Entscheidungen über das Ausbaggern von Flüssen | |
im Vordergrund, urteilten die Luxemburger Richter. Er müsse bei jedem | |
Einzelprojekt beachtet werden und sei nicht nur eine allgemeine politische | |
Zielvorgabe. Bereits geringe Verschlechterungen in Teilbereichen bedeuteten | |
eine Verschlechterung des Gewässerzustands insgesamt. Damit legt der EuGH | |
die Regeln zum Gewässerschutz zwar streng aus. | |
Was das aber genau für die Schifffahrtswege Weser und Elbe bedeutet, muss | |
nun das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig bewerten. Denn der EuGH lässt | |
„in übergeordnetem öffentlichen Interesse“ Ausnahmen zu – und somit wer… | |
letztlich die Bundesverwaltungsrichter entscheiden müssen, ob Flora und | |
Fauna der beiden Flüsse wichtiger sind als die Erreichbarkeit der beiden | |
größten Häfen der Exportnation Deutschland. | |
Der Bund und die Länder Bremen und Niedersachsen wollen die rund 65 | |
Kilometer lange Außenweser so ausbaggern, dass künftig Containerschiffe mit | |
einem Tiefgang von 13,5 Meter Bremerhaven erreichen können. Auch die 57 | |
Kilometer lange Unterweser soll vertieft werden, um die Häfen Brake und | |
Bremen besser anlaufen zu können. | |
Die Kosten für das Vorhaben wurden im Jahr 2000 mit insgesamt mit rund 50 | |
Millionen Euro angegeben, aktuelle Zahlen gibt es nicht. Die Elbe soll nach | |
den Plänen von Bund und Hamburg auf 120 Kilometer Länge von der Nordsee bis | |
Hamburg für Schiffe mit Tiefgang von 14,50 Metern ausgebaggert werden. Die | |
Kosten betragen mindestens 750 Millionen Euro. | |
In beiden Fällen befürchten Nabu und BUND schwere ökologische Schäden für | |
die Flora und Fauna der beiden Flüsse. Deshalb hatten sie vor dem | |
Bundesverwaltungsgericht Klagen gegen die Baggerpläne eingereicht. Dieses | |
bat die Europarichter um verbindliche Auslegungen der | |
Wasserrechtsrahmenrichtlinie – die liegen nun vor. | |
Nach Ansicht von Michael Reinhardt, Direktor des Instituts für Deutsches | |
und Europäisches Wasserwirtschaftsrecht in Hamburg, erleichtert der | |
Richterspruch aus Luxemburg die Vertiefung von Weser und Elbe: „Der EuGH | |
hat ein sehr pragmatisches Urteil gesprochen und das | |
Verschlechterungsverbot damit abgemildert“, sagte Reinhardt. Nun dürfe sich | |
die Gewässerqualität „innerhalb einer Güteklasse verschlechtern, ohne dass | |
ein Verstoß gegen die EU-Richtlinie vorliegt“. Zuvor hätten auch | |
geringfügige Verschlechterungen gegen die Richtlinie verstoßen und damit | |
nahezu jegliche Nutzung von Gewässern in Europa erschwert, so Reinhardt. | |
Die Wasserqualität in Europa wird nach einer Reihe von ökologischen | |
Kriterien in sieben Güteklassen unterteilt. Wenn keines dieser Kriterien | |
beeinträchtigt ist, so der EuGH, sei der Eingriff gerechtfertigt. | |
1 Jul 2015 | |
## AUTOREN | |
Sven-Michael Veit | |
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