# taz.de -- Kommentar zur 3. Rot-Grünen Koalition: Endlich wieder Politik | |
> Im Bremer Koalitionsvertrag bleiben strittige Punkte offen. Das birgt das | |
> Risiko, dass Rot-Grün zerbricht – und Chancen für die Stadtgesellschaft. | |
Bild: Hat Lücken: Koalitionsvertrag von Sieling und Linnert. | |
BREMEN taz | Sind es Sollbruchstellen? Oder Diskursmotoren? Der neue Bremer | |
Koalitionsvertrag lässt eine ganze Reihe strittiger Themen offen, ja, er | |
stellt sogar ganz ausdrücklich in einigen Fragen den Dissens der Partner | |
fest. | |
Das ist höchst ungewöhnlich. Es ist keinesfalls ohne Risiko – ja, es kann | |
sehr gut sein, dass die neue, zu weiten Teilen alte, Bremer Stadtregierung | |
daran zerbricht. Denn selbstredend ist es möglich, dass die | |
Deutungsoffenheit lediglich zu einem machtpolitischen Gezerre führt. | |
Die Chance, die sie bedeutet, ist aber ungleich größer. Denn in einer | |
Koalition, die sich dazu entscheidet, nicht die Partnerparteien zu | |
homogenisieren, sondern ihre Differenz zu wahren und ihre Differenzen | |
auszutragen, können beide profitieren. | |
Vor allem aber gewinnt dadurch die Stadtgesellschaft, also das, was das | |
Wesen der Politik ausmacht. Denn die Politik lebt von Auseinandersetzungen | |
– und nicht davon, dass diese unterm Deckel gehalten werden. | |
Wenn es eine Möglichkeit gibt, die rot-grüne Koalition aus der | |
verantwortungsethischen Erstarrung in die Politik zu befreien, dann ist es | |
diese Öffnung für den Konflikt, für den Streit und die Debatte. | |
Denn das war ja der herbe und in Teilen sehr berechtigte Vorwurf an den | |
letzten Jens-Böhrnsen-Senat gewesen: Diskussionen und Kontroversen nach | |
Möglichkeit abgewürgt zu haben. Um ungestört verwalten und | |
regierungshandeln zu können. | |
Davon hat man sich, ob absichtlich oder aus Versehen, mit dem | |
Koalitionsvertrag nun verabschiedet: Die entscheidende Frage wird insofern | |
sein, ob man es schafft, die in das Bündnis per Vertrag eingeschriebenen | |
Konflikte als Themen der Mitbestimmung und der öffentlichen Debatte zu | |
fassen. | |
Ob und wie sehr das gelingt, lässt sich in vier Jahren vielleicht an der | |
Wahlbeteiligung ablesen. Wenn‘s missglückt, ist Bremens rot-grüne | |
Rekordkoalition in nicht einmal zwei Jahren am Ende. | |
13 Jul 2015 | |
## AUTOREN | |
Benno Schirrmeister | |
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