# taz.de -- Deutsche Sicherheitsbehörden nach Paris: „Die Lage ist ernst“ | |
> Nach den Anschlägen von Paris sind auch die deutschen Sicherheitsbehörden | |
> alarmiert. Konservative Politiker fordern neue Antiterrormaßnahmen. | |
Bild: Am Sonntag an der Grenze bei Saarbrücken: deutsche und französische Pol… | |
BERLIN taz | Die Schüsse von Paris waren noch nicht lange verhallt, da rief | |
das Bundeskriminalamt seinen Notfallplan aus: „Sofortmaßnahmen bei | |
terroristischen Ereignissen im Ausland.“ | |
Die Bundespolizei wurde noch Freitagnacht angewiesen, an der Grenze auf | |
Verdächtige zu achten. Der Verfassungsschutz sollte islamistische Gefährder | |
in den Blick nehmen. | |
Tags darauf trat Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) vor die | |
Presse. Zuvor saß er mit den Spitzen der Sicherheitsbehörden zusammen. „Die | |
Lage ist ernst“, sagt de Maizière. Man werde alle „gebotenen Maßnahmen zur | |
Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit ergreifen“. | |
Schwer bewaffnete Polizisten werden auf Bahnhöfe und Flughäfen geschickt, | |
Grenzkontrollen verstärkt. Ermittler setzen sich mit französischen Behörden | |
in Kontakt, ein Verbindungsbeamter des BKA ermittelt direkt in Paris: Gibt | |
es Bezüge der Attentate nach Deutschland? | |
## Acht Kalaschnikows im Auto | |
Eine erste Spur führt nach Rosenheim. Bereits am 5. November fanden dort | |
bayerische Polizisten bei einer Kontrolle des Autos eines Montenegriners | |
versteckte Waffen: acht Kalaschnikows, zwei Pistolen, einen Revolver, zwei | |
Handgranaten, 200 Gramm des Sprengstoffs TNT. Auf dem Navigationssystem war | |
als Ziel Paris angegeben, auf einem Zettel fand sich eine Pariser Adresse. | |
Die Beamten nahmen den 51-Jährigen fest. Er behauptete, von den Waffen | |
nichts gewusst zu haben. Erkenntnisse zu dem Mann fahnden sich laut dem LKA | |
Bayern in den europäischen Polizeidatenbanken nicht. Dennoch werden Bezüge | |
zu den Paris-Attacken weiter geprüft. | |
Die Sicherheitsbehörden warnen seit Monaten, dass auch hierzulande die | |
Anschlagsgefahr hoch sei. Allein in diesem Jahr wurde viermal Großalarm | |
ausgerufen: in Oberursel, Bremen, Braunschweig und Dresden. „Deutschland | |
steht unverändert stark im Fadenkreuz des Internationalen Terrorismus“, | |
bekräftigte de Maizière am Samstag. Es war ein Wort im mutmaßlichen | |
IS-Bekennerschreiben, das die Behörden aufhorchen ließ: Auch Deutschland | |
wird dort als „Kreuzfahrer-Nation“ ins Ziel genommen. | |
420 islamistische Gefährder haben die Sicherheitsbehörden hierzulande | |
derzeit fest im Blick. Darunter sind auch 250 Rückkehrer der bisher 750 | |
nach Syrien ausgereisten Deutschen. Aber selbst Verfassungsschutzchef | |
Hans-Georg Maaßen räumt ein, dass man nicht alle Islamisten „rund um die | |
Uhr überwachen“ könne. | |
## Terroristen unter Flüchtlingen? Bisher nein | |
Die Warnung, Terroristen könnten sich unter Flüchtlinge mischen, hat sich | |
in Deutschland bisher nicht bestätigt. Zwölf Fälle werden momentan geprüft. | |
„In den meisten Fällen bestätigt sich der Verdacht jedoch nicht“, heißt … | |
aus dem BKA. Auch Verfassungsschutzchef Maaßen nannte diese Variante am | |
Wochenende „weniger wahrscheinlich“. „Es wäre risikoreich und untypisch, | |
dass Personen mit Kampfauftrag in einem Seelenverkäufer von der Türkei auf | |
eine griechische Insel übersetzen.“ | |
Konservative Sicherheitspolitiker fordern dennoch bereits schärfere | |
Maßnahmen. Der CDU-Innenexperte Armin Schuster sagte der taz, das gesamte | |
Schengengebiet müsse sofort für die nächsten Monate Grenzkontrollen | |
einführen - mit Verweis auf die Festnahme in Rosenheim. „Die Chance, die | |
wir haben, ist, die Terroristen auf ihren Reiserouten abzufangen. Dort sind | |
die Täter verwundbar.“ Zudem müsse die geplante BND-Reform entschärft | |
werden, sagte Schuster. Angesichts von mehr als 3.500 Terrorgefährdern in | |
Europa dürfe man EU-Bürger nicht von Überwachung ausnehmen. | |
Auch der CDU-Außenpolitiker Karl-Georg Wellmann plädierte im | |
[1][Deutschlandfunk], die Sicherheitsdienste „stärker zu machen“. Die | |
Bürger hätten ein Anrecht darauf, dass solche Anschläge „von vornerein“ | |
verhindert würden. Und der Berliner CDU-Innensenator Frank Henkel forderte | |
Kriegswaffen für Polizisten. „Der einfache Streifenpolizist ist solchen | |
Terroristen hoffnungslos unterlegen.“ | |
## SPD: „Kein Law-and-Order-Geschrei“ | |
Bisher bremst die SPD Verschärfungen aus. „Ich rate allen, jetzt nicht in | |
Law-and-Order-Geschrei zu verfallen“, sagte ihr Innenexperte Christian | |
Flisek der taz. „Unser Rechtsrahmen reicht aus und unsere | |
Sicherheitsbehörden sind auf Situationen wie in Paris vorbereitet.“ Auch | |
bei der BND-Reform werde die SPD den Kurs nicht ändern. „Diese hat mit | |
Terroraufklärung, die natürlich auch künftig erfolgen kann, nichts zu tun.“ | |
Und die Sicherheitsinstrumente wurden ja erst verschärft – nach den | |
Anschlägen auf die Charlie Hebdo-Redaktion und einen jüdischen Supermarkt | |
in Paris im Januar. Die Vorratsdatenspeicherung ist wiedereingeführt, | |
Terrorverdächtigen kann nun der Personalausweis entzogen werden, schon der | |
Reiseversuch in Terrorcamps ist strafbar.Zudem bekam die Bundespolizei | |
3.000 neue Stellen, der BND 225, der Verfassungsschutz 250 – eine Vielzahl | |
davon soll sich der Terroraufklärung widmen. Die Bundespolizei soll zudem | |
neue Anti-Terror-Einheiten einrichten. | |
Dort allerdings hakt es. Erst zum Jahresende, so hieß es vor einigen Wochen | |
aus dem Bundesinnenministerium, sei eine „erste Teileinheit“ einsatzfähig. | |
15 Nov 2015 | |
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## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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