# taz.de -- Anti-Terrormaßnahmen des BKA: Wir müssen mit ihnen reden | |
> Um eine Radikalisierung zu verhindern, brauche man Präventivmaßnahmen. | |
> Das ist der neue Kurs des Bundeskriminalamtes. | |
Bild: Holger Münch, Präsident des Bundeskriminalamts auf der Herbsttagung 2015 | |
Mainz taz | Als Mehmet vom „Islamischen Staat“ vor die Wahl gestellt wurde, | |
ob er an der Front oder als Selbstmordattentäter eingesetzt werden wolle, | |
nahmen die Zweifel überhand. Er war zum Helfen nach Syrien gekommen, nicht | |
um andere Muslime zu töten. Dem 17-Jährigen gelang vor zwei Jahren die | |
Flucht. Er holte seinen Schulabschluss nach, seit September macht er eine | |
Ausbildung. | |
Betreut wird Mehmet, der in Wirklichkeit anders heißt, von den | |
Sozialarbeitern des Violence Prevention Networks. Geschäftsführer Thomas | |
Mücke hat Mehmets Geschichte am Donnerstag auf der Herbsttagung des BKA | |
erzählt. Seine Botschaft: Wir können und müssen mit Radikalisierten, auch | |
mit Syrien-Rückkehrer arbeiten. | |
Das sieht auch BKA-Präsident Holger Münch so. „Wir brauchen eine nationale | |
Präventionsstrategie“, sagte Münch in Mainz. Aktuell stehe nach den | |
Anschlägen in Paris die Gefahrenabwehr und die Strafverfolgung im | |
Vordergrund. Langfristig aber komme Prävention und Deradikalisierungsarbeit | |
eine Schlüsselrolle zu. | |
Schließlich weiß Münch auch, dass die Sicherheitsbehörden das Problem | |
alleine nicht in den Griff kriegen werden: „Je größer das Personenpotential | |
ist, umso schwieriger wird es für die Polizei, mögliche Täter im Blick zu | |
halten und Straftaten zu verhindern.“ Schon bei den 420 Personen, die | |
derzeit als sogenannte Gefährder eingestuft werden, müssten die | |
Sicherheitsbehörden entscheiden, wen sie aktuell für am gefährlichsten | |
halten. | |
## „Es ist viel Zeit vertan worden“ | |
Das BKA hatte deshalb Prävention zum zentralen Thema auf seiner | |
diesjährigen Herbsttagung gemacht. Das wäre vor einigen Jahren noch | |
undenkbar gewesen. Nach 9/11 hielten die Sicherheitsbehörden noch wenig von | |
Prävention. | |
Auch Wiebke Steffen vom Deutschen Präventionstag forderte auf der Tagung | |
eine nationale Strategie. „Es ist viel Zeit vertan worden“, sagte sie. Zwar | |
gebe es inzwischen zahlreiche Angebote, doch sei die „Professionalität der | |
Akteure“ mitunter „gering“. Andere seien nicht ausreichend ausgestattet. | |
Auch gebe es nur sehr wenig wissenschaftlich fundierte Kenntnisse zu den | |
Fragen, wer und warum sich jemand radikalisiere. | |
Der Chef der Bundeszentrale für politische Bildung, Thomas Krüger, wies auf | |
die Bedeutung der politischen Bildung für die Prävention hin. Wenn jemand | |
aber radikalisiert sei, „dann ist es für die politische Bildung zu spät. | |
Uns geht es um die Befähigung zur eigenen Urteilsbildung“, so Krüger. | |
19 Nov 2015 | |
## AUTOREN | |
Sabine am Orde | |
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Christian Flisek | |
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