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# taz.de -- Jahrestag von Pegida in Dresden: Ein Jahr Fremdenfeindlichkeit
> Rund 15.000 Mitläufer der rechtsextremen Gruppe demonstrieren am Abend
> gegen „Feinde des deutschen Volkes“. Feierstimmung? Geht so.
Bild: Bachmann und die Veranstalter versuchten, die Atmosphäre einer großen F…
Dresden taz | „Wir sind kein Bühnenbild für Fremdenhass – Ihre Semperoper…
Zu Füßen dieser Leuchtschrift versammelten sich am Montagabend zum
Jahrestag des ersten Pegida-Aufzuges in Dresden mehr als 20.000 Menschen
auf dem Dresdner Theaterplatz. Zu diesem besonderen Anlass konnte Pegida
etwa so viele Teilnehmer mobilisieren wie auf dem Höhepunkt der Bewegung zu
Jahresbeginn.
Die Pegida-Organisatoren hatten zu einer stationären Kundgebung aufgerufen
und auf den üblichen „Abendspaziergang“ verzichtet. Denn auf fünf weiteren
benachbarten Plätzen der Innenstadt endeten fünf Sternläufe, zu denen das
Bündnis „Herz statt Hetze“ aufgerufen hatte. An ihnen nahmen nach ersten
Schätzungen etwa 10.000 Bürger teil, darunter zahlreiche von der Leipziger
No-Legida-Bewegung angereiste Gäste.
Schon vor Beginn krachten am Rande der Demonstration mehrere Böller.
Pegida-Anführer Lutz Bachmann wurde auf der mit Blumen geschmückten Bühne
lautstark begrüßt. „Lutz, halte durch!“, versuchten ihn Plakate angesichts
der gegen ihn laufenden Anklage wegen Volksverhetzung zu unterstützen.
Bachmann gerierte sich als Prophet des wahren Deutschlands, wollte sogar im
Namen der Gegendemonstranten sprechen, deren Erkenntnis noch nicht so weit
gediehen sei wie die der Pegida-Demonstranten. Mit Hilfe einer
Videoleinwand und eingespielter Kurzfilme versuchten Bachmann und die
Veranstalter, die Atmosphäre einer großen Familie zu erzeugen.
## Führer mit Geburtstagstorte
Diese Familie franste allerdings am Rande der Menge spürbar aus, wo eher
die Bierflaschen dominierten und die „Wir sind das Volk“-Rufe verebbten.
Langweilige Reden schienen das Publikum eher zu strapazieren. Von
Feierstimmung war wenig zu spüren. Dazu mag auch die hörbare akustische
Gegenwehr von Trommlern und Pfeifern beigetragen haben, die sich bis auf
Hörweite dem Theaterplatz näherten. Etwa 100 Anhänger der Satirepartei „Die
Partei“ begrüßten Pegida-Teilnehmer mit „Happy Birthday“-Gesang und
aufgesetzten Faschingshütchen. Voran schritt ein Führer mit einer um den
Bauch geschnallten Geburtstagstorte.
Vor der Bühne drängten sich die üblichen aggressiven Plakate. Kanzlerin
Merkel und Vizekanzler Gabriel wurden als „Feinde des deutschen Volkes“
beschimpft, die „einen Vernichtungsfeldzug gegen uns führen“. Die Menge
skandierte die bekannten „Merkel muss weg“-Rufe. Andere wollten das
„Politikerpack in den Gulag“ schicken. Der inzwischen identifizierte Träger
des symbolischen Galgens für Merkel und Gabriel aus dem erzgebirgischen
Schwarzenberg war an diesem Montag nicht zu entdecken. Auffällig viele
Plakate bedankten sich bei den Ungarn und ihrem Ministerpräsidenten Orbán.
In auffälliger Weise war Bachmann bemüht, Pegida einen internationalen
Anstrich zu geben. So traten Redner aus den Niederlanden, Polen und ein
Vertreter der italienischen Lega Nord auf. Nach Insiderinformationen sollte
Marine Le Pen, Vorsitzende des Front National, als Gastrednerin eingeladen
werden, sagte aber ab.
## Pirinçci labert Leute in die Flucht
Zu Wort kam hingegen der türkisch-deutsche Schriftsteller Akif Pirinçci,
2014 mit seinem Buch „Deutschland von Sinnen“ erfolgreich. Weniger
erfolgreich war sein Bonner Pegida-Ableger Bodiga. Pirinçci ist seit
einigen Jahren ins nationalkonservative Spektrum gerückt und hetzt auf
seiner Website „der-kleine-Akif“ gegen „Invasoren, Umvolkung und
Verschwulung“. Und trug am Montagabend einen derart langen Text auf der
Bühne vor, dass viele Teilnehmer die Flucht antraten.
Am Montag hatten sich Politiker und Kirchenleute zum Pegida-Jahrestag
geäußert. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) warnte Teilnehmer vor
Übergriffen, die streng geahndet würden. Auf die bei Pegida getragenen
Kreuze angesprochen, bezeichnete der Regionalbischof der Evangelischen
Kirche Mitteldeutschlands Johann Schneider dies als „politische
Instrumentalisierung“. „Guten Gewissens können sich Christen dieser
Bewegung nicht anschließen“, rügte er den Missbrauch.
Mit Ausnahme der AfD hatten sich alle Fraktionsvorsitzenden des Dresdner
Stadtrates eindeutig von Pegida distanziert. Diese Demonstranten könnten
nicht für 534.000 Dresdner sprechen. Die Initiative zu dieser Erklärung
hatte Oberbürgermeister Dirk Hilber (FDP) ergriffen.
19 Oct 2015
## AUTOREN
Michael Bartsch
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