# taz.de -- Krach in der großen Koalition: Kein schönes Bild | |
> Vor dem Treffen zwischen Angela Merkel und Horst Seehofer am Samstag | |
> betont die Bundesregierung ihre „Handlungsfähigkeit“. | |
Bild: Streit in der Koalition: Seehofer sorgt bei CDU und SPD für zunehmenden … | |
BERLIN taz | Nein, schön ist es nicht, das Bild, das die große Koalition in | |
der Flüchtlingsfrage abgibt. CDU und CSU balgen sich lautstark in der | |
Frage, wer wie viel zur Versorgung der über die Grenze strömenden Menschen | |
beiträgt. Und die SPD sträubt sich vehement gegen die Einrichtung | |
sogenannter Transitzonen in Grenznähe, in denen die Ankommenden erfasst – | |
aber eben auch festgehalten – werden sollen. | |
Vizekanzler Sigmar Gabriel rief am Freitag den Koalitionspartner zu mehr | |
Disziplin auf. Der Streit zwischen CDU und CSU bedrohe inzwischen „die | |
Handlungsfähigkeit der Regierung. Diese Form der gegenseitigen Erpressung | |
und Beschimpfung ist unwürdig und schlicht verantwortungslos“, sagte | |
Gabriel Spiegel Online. Je länger dieser Streit andauere, „desto mehr | |
Menschen werden sich von der Politik abwenden und desto mehr werden die | |
Rechtsradikalen an Boden gewinnen“. Jeder müsse jetzt seine Arbeit tun, | |
statt „jeden Tag neue unausgegorene Vorschläge und Scheindebatten“ | |
rauszupusten. | |
An diesem Wochenende nun werden die Kontrahenten nicht mehr übereinander, | |
sondern miteinander reden. Am Samstag spricht Angela Merkel mit Horst | |
Seehofer im Kanzleramt. Am Sonntag folgt ein Koalitionstreffen. Ziel ist | |
es, die Lage wieder zu beruhigen und, das vor allem, das Bild einer | |
handlungsfähigen Regierung wiederherzustellen. | |
In der Regierungspressekonferenz am Freitagmittag betonte die | |
stellvertretende Sprecherin Christiane Wirtz zwar: „Die Handlungsfähigkeit | |
ist gegeben.“ Doch den WählerInnen, den KommunalpolitikerInnen, vor allem | |
aber den freiwilligen HelferInnen vor Ort bietet sich ein anderes Bild. Mit | |
seinem Ultimatum hat Bayerns Ministerpräsident den Eindruck erweckt, es | |
bedürfe nur eines Fingerzeigs der Kanzlerin, um Menschen von ihrer Flucht | |
nach Deutschland abzubringen. | |
Diese wiederum ist Seehofers ständige Anfeindungen leid, zeigt sich aber | |
demonstrativ gesprächsbereit. Am Dienstag hat Angela Merkel ein Treffen mit | |
den Vertretern der kommunalen Spitzenverbände anberaumt, bei dem es um die | |
konkreten Aufgaben vor Ort gehen soll. Und am Donnerstag will sie erneut | |
mit den Ministerpräsidenten der Länder über Fragen der Registrierung und | |
über Abschiebungen reden. An beiden Treffen wird auch der Leiter des | |
Bundesamts für Flüchtlinge und Chef der Bundesagentur für Arbeit, | |
Frank-Jürgen Weise, teilnehmen. | |
## Spürbar genervte Sozialdemokraten | |
Bei den Sozialdemokraten ist man mittlerweile spürbar genervt. | |
SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi bezeichnete die unionsinternen Debatten | |
als „Kasperletheater“. Zu den geforderten Transitzonen sagte sie, die CSU | |
wisse genau, dass solche „Massenhaftanstalten“ nicht möglich seien. Die SPD | |
werde sich in diesem Punkt nicht erpressen lassen. Auch Vizeparteichef | |
Torsten Schäfer-Gümbel erklärte am Freitag: Was die CSU mit dem Thema | |
Transitzonen „an rechtspopulistischer Stimmung macht, werden wir nicht | |
mitmachen“. Der Realitätssinn sei in der CDU deutlich stärker ausgeprägt | |
als bei den Christsozialen aus Bayern. | |
Dort machte am Freitag ein Verdacht die Runde. Vor einem Spitzengespräch | |
mit Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) beklagten SPD-Fraktionschef | |
Markus Rinderspacher und die Grünen-Fraktionsvorsitzende Margarete Bause, | |
dass Kommunen in Grenznähe überlastet seien, während es in München und | |
anderswo noch freie Kapazitäten gebe. „Ich hoffe nicht, dass dahinter | |
Kalkül steckt“, sagte Bause. | |
Rinderspacher sagte, entweder es handele sich um „staatliches | |
Organisationsversagen“, oder die CSU habe die Willkommensbilder am Münchner | |
Hauptbahnhof als kontraproduktiv empfunden, weil dadurch immer mehr | |
Flüchtlinge kämen. „Deshalb sind uns die Bilder mit frierenden Flüchtlingen | |
auf der Innbrücke im Zweifelsfall lieber als die Willkommensbilder in | |
München – auch das könnte ein Kalkül sein.“ Und es gebe noch eine weitere | |
Spekulation: dass die Bayerische Staatsregierung die Situation bewusst | |
eskalieren lasse, um politischen Druck in Berlin aufzubauen. „Das wäre | |
etwas, was nun wirklich skandalös wäre“, sagte Rinderspacher. | |
30 Oct 2015 | |
## AUTOREN | |
Anja Maier | |
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