# taz.de -- Kommentar Asylpolitik der Koalition: Eine Kampfansage an die SPD | |
> CDU und CSU einigen sich auf die von der SPD kritisierten Transitzonen. | |
> Es ist ein Teilsieg für Horst Seehofer – und mies für das Binnenklima der | |
> Koalition. | |
Bild: Heute mal Seite an Seite: die Kanzlerin und ihr bayrischer Quälgeist. | |
Am Ende läuft es plötzlich wieder bei der Union. Am Sonntagvormittag sah | |
alles noch so aus, als habe sich Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer | |
in der Großen Koalition nicht durchsetzen können. Zwei Stunden nach Beginn | |
des Spitzengesprächs zwischen ihm, der Kanzlerin und Vizekanzler Sigmar | |
Gabriel hatte der SPD-Mann das Kanzleramt verlassen. Wenig später | |
verkündete der Regierungssprecher das Ergebnis: kein Ergebnis. | |
Das war irritierend. Von dem Treffen sollte Ermutigung ausgehen. Die | |
Bayern, deren Verwaltungen unter dem Druck täglich eintreffender | |
Flüchtlinge am Limit arbeiten, sollten sehen: Euer Landesvater kümmert | |
sich, für euch legt er sich sogar mit Merkel an. Und jenen im ganzen Land, | |
denen angesichts frierender Flüchtlinge in Massenunterkünften und des | |
heftigen Streits in der Großen Koalition angst und bange wird, sollte | |
vermittelt werden: Die Politik findet eine Lösung. Sie ist | |
kompromissbereit, mithin handlungsfähig. | |
Danach sah es nun ganz und gar nicht aus. Dass sich die Union am | |
Sonntagabend schließlich – quasi mit sich selbst – auf ein Positionspapier | |
geeinigt hat, darf getrost als Kampfansage an den Koalitionspartner | |
verstanden werden. In dem Papier heißt es, man bestehe auf einer schnellen | |
Einführung sogenannter Transitzonen an der deutschen Grenze. Die SPD hatte | |
diese Idee als „Haftanstalten“ bezeichnet. Mit einem Nichtergebnis konnte | |
Seehofer unmöglich nach Hause fahren. Dafür hatte er die Latte viel zu hoch | |
gelegt, zuletzt mit seinem Ultimatum: Bei dem Treffen im Kanzleramt müsse | |
eine schnelle Begrenzung der Flüchtlingszahlen in die Wege geleitet werden. | |
Sonst ...? Tja, diese Frage war bislang offen geblieben. | |
Nun hat Seehofer einen Teilsieg errungen. Das war ihm wichtiger als alles | |
andere. Für Angela Merkel und ihre Union aber wird es ab jetzt richtig | |
spannend. Mal eben so den Koalitionspartner zu übergehen und eine auch für | |
das Binnenklima weitreichende Entscheidung zu fällen können die | |
Sozialdemokraten nicht unwidersprochen hinnehmen. | |
Jetzt ist der Eklat da. Eine aus drei Parteien gebildete Koalition kann | |
sich nicht nur in Teilen einig sein. In den nächsten Tagen wird das | |
Kanzleramt versuchen, den Affront herunterzuspielen. Aber das dürfte kaum | |
gelingen. Denn auch Sigmar Gabriel hat sein Gesicht zu verlieren. Mit ihrem | |
Positionspapier setzen sich CDU und CSU einfach über seine Sozis hinweg. | |
Hinnehmen werden die das nicht. Nicht bei Strafe des eigenen Untergangs. | |
1 Nov 2015 | |
## AUTOREN | |
Anja Maier | |
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