Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Facebook und Hasskommentare: Die Gesellschaft soll Nazis sehen
> Um aus der Hass-Krise zu kommen, setzt Facebook auf das Prinzip
> „Counterspeech“, die Gegenrede. Ob das klappen kann?
Bild: Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) und Richard Allen, „Manager of Po…
Im analogen Leben müsste man sich Facebooks Konzept gegen Hass so
vorstellen: Ein Nazi schmiert sein „Deutschland den Deutschen“ an die Wand
und der Hausbesitzer lässt die Parole einfach stehen, obwohl er selbst ganz
anders denkt. Aber er wolle ja das öffentliche Meinungsbild nicht
verfälschen. Wenn alles gut läuft, kommt wenigstens bald jemand vorbei und
sprayt ein dickes „Pfui!“ dazu oder – noch besser – ein „Nazis raus!�…
Nicht anders will das „asoziale Netzwerk“ (B.Z.) auch künftig mit den
Hassbotschaften seiner Nutzer umgehen, so sie nicht unmittelbar zu Gewalt
aufrufen. „Counterspeech“, also Gegenrede, heißt der Ansatz, den Facebook
nach dem Gespräch seiner Vertreter mit Bundesjustizminister Heiko Maas
(SPD) nach den USA nun auch hierzulande fördern will. Dazu kommen übliche
Greenwashingversprechen wie die Mitgründung einer Arbeitsgruppe gegen Hass
im Netz sowie finanziellen Zuwendungen für externe Projekte. Selbst etwas
ändern, gar mehr Leute einsetzen, will Facebook nicht.
Hinter den Kulissen argumentiert Facebook tatsächlich so: Der US-Konzern
wolle keine Beweise vernichten, die Gesellschaft müsse schließlich sehen,
um welche Probleme – Nazis! – sie sich zu kümmern habe. Der mündige Bürg…
könne dagegenhalten, so wie es viele auf der Straße doch auch täten.
Demo und Gegendemo, Rede und Gegenrede – kann das funktionieren? Experten
können Facebooks Denke in der Theorie durchaus etwas abgewinnen, haben für
die Praxis aber arge Bedenken.
## NutzerInnen gegen ätzende Parolen
„Man bekommt keine Community geschenkt, in der einfach so Counterspeech
betrieben wird“, sagt etwa Anna-Mareike Krause. Die
Social-Media-Koordinatorin der „Tagesschau“ löscht mit ihren KollegInnen
konsequent rassistische Beiträge und setzt dabei deutlich strengere
Maßstäbe an als Facebook – so wie viele andere Medien auch.
Inzwischen halten auch immer mehr NutzerInnen gegen ätzende Parolen – aber
eben nur, weil die Redaktion das vorlebe und immer wieder auch selbst
einschreite, sagt Krause. „Man macht sich auch angreifbar, wenn man
Gegenrede gegen Nazis betreibt“, mahnt die Redakteurin. Niemand solle
unterschätzen, was es bedeute, mit seinem Klarnamen gegen Nazis Stellung zu
beziehen. „Counterspeech ist erst dann möglich, wenn wir selber eine klare
Haltung gegen menschenverachtende Kommentare zeigen“, sagt Krause. Facebook
selbst zeige in laufenden Debatten wiederum keine Präsenz.
In der deutschen Wissenschaft beschäftigt sich derzeit wiederum kaum einer
so intensiv mit den Mechanismen sozialer Netzwerke wie Wolfgang Schweiger
an der Universität Hohenheim. Für den Kommunikationsforscher sind Facebook
Algorithmen förmlich Brandbeschleuniger für Hasskommentare. Die
„Filterblase“, die personalisierte Sicht auf das Internet, schaffe ein
Klima, in der sich „ganz dumme Angeberei“ breitmache.
NutzerInnen würden meist nur die Botschaften Gleichgesinnter wahrnehmen.
„Das bringt Menschen schnell zu dem Gefühl ‚Wir sind ja ganz viele, wir
sind eine dominante Gruppe, wir sind vielleicht sogar die Mehrheit in der
Gesellschaft’“, sagt Schweiger. An das Prinzip Gegenrede glaube er daher
nur bedingt, denn Facebook sorge mit seinen ausgeklügelten Algorithmen
selbst dafür, dass viele Hassbotschaften den Rest der Gesellschaft gar
nicht erreichten – wie solle es dann aber jemand dagegen anschreiben?
Schweiger fordert wie Justizminister Maas, Facebook müsse deutlich strenger
gegen fremdenfeindliche Einträge vorgehen. Der Wissenschaftler sieht
allerdings deutlich stärker als der Politiker auch den Staat in der
Pflicht: „Wir brauchen sehr viel mehr Strafverfolger, die nach solchen
Äußerungen suchen und dann dagegen vorgehen.“ Auf Facebook alleine
verlassen wolle er sich jedenfalls nicht.
15 Sep 2015
## AUTOREN
Daniel Bouhs
## TAGS
Hate Speech
Heiko Maas
Schwerpunkt Meta
Schwerpunkt Meta
Social Media
Hasskommentare
Internet
Schwerpunkt Meta
Schwerpunkt Meta
Internet
Schwerpunkt Rassismus
Schwerpunkt Meta
Schwerpunkt Meta
Schwerpunkt Meta
Schwerpunkt TTIP
Schwerpunkt Rassismus
Schwerpunkt Meta
Schwerpunkt Rassismus
Schwerpunkt Meta
Schwerpunkt Meta
## ARTIKEL ZUM THEMA
Werber über Aktion #keingeldfürrechts: „Wir sind Opfer eines Hatestorms“
Per Hashtag wollte Gerald Hensel Werbekunden darauf hinweisen, dass ihre
Anzeigen auf rechten Blogs landen könnten. Inzwischen erhält er
Morddrohungen.
Hasskommentare in Online-Netzwerken: Das Internet zurückerobern
Netzfeministinnen wie Anne Wizorek engagieren sich schon lange gegen
Online-Hasskommentare. Das hat Wirkung, wie ein EU-Beschluss zeigt.
Safer Internet Day 2016: Ein Tag gegen den digitalen Hass
Hierzulande läuft der Aktionstag für sicheres Internet unter dem Motto
„Extrem im Netz“. Er richtet sich auch gegen extrem rechte Hassbotschaften.
Initiative gegen Hasskommentare: Zivilcourage statt Zensur auf Facebook
Facebook, Think Tanks und eine Stiftung starten eine Initiative gegen
Hassrede im Internet. Es geht um starke Gegenrede statt bloßen Löschens.
Urteil zu Facebook: Rote Karte für belästigende Werbung
Der Bundesgerichtshof beanstandet die Funktion „Freunde Finden“ des
sozialen Netzwerks. Auch andere Anbieter sind betroffen.
Maas gegen Hatespeech auf Facebook: Das war wohl nichts
Die groß angekündigte Initiative des Justizministers bringt nur dünne
Ergebnisse. Die Konzerne bestimmen weiterhin, was rechtens ist.
Kommentare im Netz: Hass nur noch 24 Stunden lang
Hassparolen sollen künftig nach einem Tag aus dem Internet verschwinden.
Unternehmen verpflichten sich zu konsequenterem Vorgehen gegen Hetze.
Antisemitismus bei Facebook: Klage aus Israel eingereicht
Auf rund 1.000 Seiten wird auf Facebook zur Gewalt gegen Juden aufgerufen.
Eine israelische Gruppe verklagt das Netzwerk nun. Facebook will sich
wehren.
„Hass hilft“ – Aktion gegen Rechts: Wir haben euch was mitgebracht
Geld, Geld, Geld. Die Kampagne „Hass hilft“ wandelt Hasskommentare auf
Facebook in Spenden für Flüchtlinge und rechte Aussteiger um.
EuGH-Urteil zu Facebook und Datenschutz: In unsicheren Gewässern
Irland darf die Übermittlung europäischer Facebook-Daten an US-Server
verbieten. Der EuGH erklärte das „Safe-Harbor“-Abkommen für ungültig.
Kommentar EuGH-Gutachten zu Facebook: Ich will nicht überwacht werden
Die Daten europäischer Bürger sind auf US-Servern nicht sicher, befindet
der Europäische Gerichtshof. Sehr gut. Jetzt müssen Konsequenzen folgen.
Hasskommentare auf Facebook: Löschen binnen 24 Stunden
Rasch raus: Wenn es nach Justizminister Heiko Maas geht, sollen
Hasskommentare in dem sozialen Netzwerk innerhalb einer Tagesfrist
verschwinden.
Facebook kündigt Maßnahmen an: Task-Force gegen den Hass
Wenn du nicht mehr weiterweißt, gründe einen ... Facebook zeigt sich
gewillt, gegen Hasskommentare vorzugehen. Drei Dinge sollen künftig helfen.
Hate Speech in sozialen Medien: Facebook gibt Fehler zu
Nach der Einladung von Justizminister Maas zu einem Gespräch reagiert
Facebook Deutschland. Fehler bei der Löschung rassistischer Inhalte seien
bedauerlich.
Hate Speech in sozialen Netzwerken: Maas will mit Facebook reden
Der Justizminister hat das Unternehmen aufgefordert, stärker gegen
rechtsextreme und rassistische Inhalte vorzugehen. Ihn hätten viele
Beschwerden erreicht.
Anzeige gegen Facebook-Nutzer: Im Kampf gegen die Trolle
Eine NS-Überlebende wehrt sich juristisch gegen einen Facebook-Hetzer.
Seine Kommentare haben sie auf eine Stufe mit den Tätern gestellt.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.