| # taz.de -- Kommentar zum VW-Skandal: Dreister Konzern, naive Politik | |
| > Jahrelang hat VW die Behörden belogen. Während die USA entschlossen | |
| > vorgehen, reagiert die Bundesregierung mit Klientelpolitik. | |
| Bild: Mit der Manipulation von Abgaswerten hat VW die Gesundheit der Menschen g… | |
| So viel Dreistigkeit ist schwer zu glauben: Jahrelang hat Volkswagen mit | |
| eindeutig illegalen Mitteln die Abgaswerte seiner Autos manipuliert und die | |
| Behörden belogen. Das ist nicht nur kriminell, sondern auch unglaublich | |
| dumm. Hat in diesem Weltkonzern wirklich niemand geahnt, wie groß der | |
| Schaden ist, wenn der Betrug auffliegt? Denn neben den Straf- und | |
| Schadenersatzklagen steht VW vor einem Imageschaden, von dem sich das | |
| vermeintliche deutsche Vorzeigeunternehmen über viele Jahre nicht erholen | |
| dürfte. | |
| Doch genauso erschreckend wie die Dreistigkeit von Volkswagen ist die | |
| Reaktion der deutschen Politik auf den Skandal: Um zu klären, ob die | |
| illegalen Manipulationen auch in Europa eingesetzt wurden, plant das | |
| zuständige Verkehrsministerium nicht etwa schnelle eigene Untersuchungen, | |
| durch die der Skandal in den USA aufgedeckt wurde. Stattdessen fordert die | |
| Regierung allen Ernstes vom Konzern selbst Informationen darüber ein, ob er | |
| auch in Deutschland betrogen hat. Und das ist erst mal alles. | |
| Diese Naivität und Hilflosigkeit ist schockierend. Aber sie ist leider | |
| symptomatisch für den Umgang der deutschen Politik mit den Autokonzernen: | |
| Statt diese zu kontrollieren und zu reglementieren, präsentiert sich die | |
| Bundesregierung regelmäßig als deren oberste Interessenvertretung. Wann | |
| immer in der EU über schärfere Abgasnormen diskutiert wurde, setzt | |
| Deutschland sein ganzes Gewicht ein, um diese zu verzögern und | |
| aufzuweichen. Alle Hinweise auf falsche Messwerte, die es in der | |
| Vergangenheit gab, hat die Regierung ignoriert. | |
| Die Umsetzung von EU-Vorgaben zur Luftbelastung ist in Deutschland so | |
| halbherzig, dass Brüssel jetzt ein offizielles Vertragsverletzungsverfahren | |
| eingeleitet hat. Mit dieser Klientelpolitik setzt die Bundesregierung nicht | |
| nur die Gesundheit der Menschen aufs Spiel, die unter Stickoxiden und | |
| Feinstaub leiden. Wie sich jetzt zeigt, tut sie auch den deutschen | |
| Autokonzernen keinen Gefallen, wenn sie sie in der falschen Sicherheit | |
| wiegt, dass ihnen am Ende schon kein Ungemach droht. | |
| Anderswo, das zeigt jetzt das entschlossene Vorgehen der USA, entlässt die | |
| Politik die Hersteller nicht so einfach aus der Verantwortung. Ein Zwang zu | |
| sauberer Technik ohne schmutzige Tricks wäre darum auch im Sinne der | |
| deutschen Automobilbauer gewesen. | |
| Anmerkung der Redaktion: Der Kommentar beruht auf der Nachrichtenlage von | |
| Montag, 17 Uhr. Am Abend hat Verkehrsminister Alexander Dobrindt in einem | |
| BILD-Interview angekündigt, dass es nun doch bei allen | |
| Volkswagen-Diesel-Modellen „strenge, spezifische Nachprüfungen durch | |
| unabhängige Gutachter“ geben solle. Die Details sind noch offen. | |
| 21 Sep 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Malte Kreutzfeldt | |
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