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# taz.de -- Abgasskandal bei Volkswagen: Klagen, Klagen, Klagen
> Der VW-Aufsichtsrat fordert weitere personelle Konsequenzen. In den USA
> und Kanada gibt es bereits 37 Sammelklagen gegen den Autohersteller.
Bild: Hat es Volkswagen nur durch Zufall als Erstes erwischt?
Wolfsburg/Berlin/hamburg AFP | Nach dem Rücktritt von Konzernchef Martin
Winterkorn am Mittwoch will Volkswagen weitere personelle Konsequenzen aus
der Affäre um Abgas-Manipulationen ziehen. „Es wird in den nächsten Tagen
weitere personelle Konsequenzen geben, wir verlangen auch die
Konsequenzen“, kündigte der niedersächsische Wirtschaftsminister und
VW-Aufsichtsrat Olaf Lies (SPD) am Donnerstag im Bayerischen Rundfunk an.
Der Aufsichtsrat wolle sich am Freitag mit der „gesamten Struktur bei
Volkswagen“ beschäftigen. Zu möglichen Favoriten für die Nachfolge von
Winterkorn äußerte sich Lies nicht.
Das Präsidium und der Aufsichtsrat seien „sehr detailliert“ dabei, die
Vorgänge aufzuklären, „mit allen Möglichkeiten“, betonte Lies. Am Freitag
werde ein Sonderausschuss gegründet, der auch mit externer Beratung die
Aufklärung des Skandals vorantreiben solle. Derzeit gebe es „deutlich mehr
Fragen als Antworten“. Besonders die Frage, wer die Manipulationen zu
verantworten hat und warum, beschäftige den VW-Aufsichtsrat.
Nach dem Rücktritt Winterkorns will der Aufsichtsrat dem Handelsblatt
zufolge eine Entscheidung über den geplanten Konzernumbau vertagen. Sein
Nachfolger solle die Möglichkeit haben, auf die künftige Struktur Einfluss
zu nehmen, berichtete das Handelsblatt unter Berufung auf Konzernkreise.
Ursprünglich sollte der 20-köpfige Aufsichtsrat am Freitag über die
Neuausrichtung des Unternehmens entscheiden. Die zwölf Marken sollten in
vier Markengruppen aufgeteilt werden.
## Grüne fordern Prüfung anderer Autobauer
Die Vorsitzende des Umweltausschusses im Bundestag, Bärbel Höhn (Grüne),
hat Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) aufgefordert, auch
andere Autohersteller einer genauen Prüfung zu unterziehen. „Im Interesse
der Gesundheit der Bevölkerung muss er auch Modelle von anderen Herstellern
prüfen lassen“, sagte Höhn der Saarbrücker Zeitung vom Donnerstag.
Nur durch Zufall habe es Volkswagen als erstes erwischt, sagte Höhn der
Zeitung. Die Frage sei nun, ob nicht auch andere Autobauer die
Manipulations-Software verwendet hätten, „weil bei fast allen Autos diese
erhöhten Schadstoff-Werte festzustellen“ seien. Zugleich sprach die
Grünen-Politikerin von einer „Kumpanei von Herstellern und Politik“. So
habe die EU vor einigen Jahren auch Deutschland aufgefordert, „die Nutzung
der sogenannten Abschaltvorrichtungen durch Autohersteller unter Strafe zu
stellen. Nach meiner Kenntnis ist das nicht passiert“, sagte Höhn der
Saarbrücker Zeitung.
Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) äußerte sich in den Zeitungen der
Funke-Mediengruppe vom Donnerstag „fassungslos“ über die Manipulationen bei
VW. „Ich fürchte, dass die gesamte Automobilindustrie einen Schaden davon
trägt“, sagte Kauder.
## Klagewelle gegen VW in den USA und Kanada
Auf den Volkswagen-Konzern rollt nach Medienberichten eine Welle von
Sammelklagen in den USA und Kanada zu. Nach Recherchen des NDR und der
Süddeutschen Zeitung (Donnerstagausgabe) sind seit vergangenem Freitag 37
solcher Klagen bei US-Gerichten eingereicht worden, zwei weitere in Kanada.
Zahlreiche Anwaltskanzleien hätten zudem Aufrufe an VW-Käufer gestartet,
sich den Klagen anzuschließen.
Kläger sind den Berichten zufolge zumeist private Autokäufer, in einem Fall
auch ein Autohändler. Die Käufer sehen sich in Sachen Umweltfreundlichkeit
von VW getäuscht. In den Klageschriften werden dem Konzern Betrug,
Vertragsbruch und weitere Gesetzesverstöße vorgeworfen. „Der Grund, warum
sie das gemacht haben, ist: Die Leistung des Autos verringert sich, wenn
die Abgasreinigung arbeitet“, sagte der Anwalt Steve Berman aus Seattle im
Bundesstaat Washington in einem Video, mit dem er um weitere Mandanten
wirbt. Dies aber sei nicht gewollt gewesen, „weil niemand Autos mit einer
geringeren Leistung kaufen würde“.
Berman hatte den Angaben zufolge vergangenen Freitag für einen VW-Fahrer
aus Kalifornien die erste Klage dieser Art eingereicht. Die Kläger
verlangen Schadensersatz für den Wertverlust ihrer Fahrzeuge und die durch
den Rückruf entstehenden Kosten. Nach Angaben von Anwälten könnte sich die
Zahl der Kläger noch massiv erhöhen. Von den Rückrufen sind in den USA
482.000 Autos betroffen, weitere 100.000 in Kanada. Dabei handelt es sich
um Dieselfahrzeuge der Baujahre 2009 bis 2015.
Volkswagen hatte zugegeben, die Abgaswerte von Fahrzeugen in den USA
manipuliert zu haben. Mittels einer Software wurde der Schadstoffausstoß
nur bei offiziellen Tests vollständig kontrolliert, nicht aber beim
normalen Betrieb der Autos. Die Dieselfahrzeuge stießen folglich im
regulären Straßenverkehr mehr Stickoxide aus als erlaubt. Am Dienstag
räumte VW ein, dass die Software in weltweit rund elf Millionen Fahrzeugen
steckt.
24 Sep 2015
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USA
Martin Winterkorn
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Klage
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Schwerpunkt Klimawandel
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