| # taz.de -- VW und das Ansehen Deutschlands: Die Volksrepublik | |
| > Der VW-Skandal trifft das Modell Deutschland hart: War man nicht gerade | |
| > dabei, endlich Vorsprung durch Menschlichkeit zu bekommen? | |
| Bild: Wolfsburg verliert – VW gewinnt dank Bayern-Beteiligung trotzdem. Aber … | |
| Ich bin ja auf Distanz zu Winterkorn. Schon immer. Aber jetzt erst recht. | |
| Er sollte zurücktreten, sofort. Ist er dann Mittwochabend auch. | |
| „Kreise“ im Konzern sagten das auch in den vergangenen Tagen. Sie ließen | |
| sich auf der Seite 1 der Süddeutschen Zeitung vom Mittwoch mit dem | |
| knallharten Statement zitieren: „Der weltweite Druck ist inzwischen so groß | |
| geworden, dass Winterkorn nur schwer zu halten sein wird.“ Ihre Namen | |
| nennen die „Kreise“ natürlich nicht, das wäre verfrüht: Denn da war | |
| Winterkorn ja vorne. | |
| Doch schon wenn dieser Text vor Ihnen liegt, kann es sein, dass aus den | |
| „Kreisen“ mutige Menschen geworden sind, mit Gesichtern und einer neuen | |
| Gewissenssoftware (die jetzige funktioniert nur im Testbetrieb) und einer | |
| knallharten Meinung: Winterkorn musste weg!! Warum? Weil er weg ist. | |
| Aber es sind nicht nur die Charaktermasken im deutschen Spitzenmanagement, | |
| die in der VW-Krise nackt dastehen; es sind auch mal wieder die | |
| Journalisten, und unter ihnen vor allem die Spezialisten und ganz unten | |
| dann die Autojournalisten der zahlreichen Motor- und Bewegungswelten, die | |
| (klar, eigentlich schon immer) als reine Werbebeilagen zu erkennen gewesen | |
| wären – so wie die Reiseteile als Anzeigenumfeld. | |
| Doch die Medien sind nur der Widerhall eines Publikums, das eines gerade | |
| nicht will, obwohl es nichts greinender einfordert: eine neue Erfahrung | |
| machen, die die eigene Existenz verlangsamen, durchrütteln oder innehalten | |
| ließe; die den Gedanken freisetzen könnte, man habe sich zuletzt, eine Zeit | |
| oder ein Leben lang in die falsche Richtung bewegt. | |
| Denn dann müsste man sich ja zum Beispiel eingestehen, dass der in | |
| Deutschland links wie rechts verbreitete Antiamerikanismus so intelligent | |
| ist wie das Statement des – renommierten, wie man so sagt – italienischen | |
| Journalisten Paolo Gradi, der, von einem TV-Sender nach dem VW-Abgasskandal | |
| gefragt, antwortete: „Historisch gesehen waren die Deutschen beim Gas schon | |
| immer Meister.“ | |
| Werden diejenigen, die in den USA nur den bombenwerfenden Weltpolizisten | |
| sehen wollen, sich davon beeindrucken lassen, dass die letzten beiden | |
| europäisch-deutschen Großskandale Fifa und VW von US-amerikanischen Stellen | |
| aufgedeckt wurden? Wird ihnen nun die offensichtliche Manipulationsgefahr | |
| in der Volkswagenbundesliga aufgehen, mit mehr als zwei Dutzend Vereinen in | |
| den beiden oberen Spielklassen, auf die VW Zugriff hat? Und werden sie als | |
| Journalisten und Fans daraus ihre Konsequenzen ziehen? Oder müssen wir | |
| warten, bis auch hier das US-Justizministerium Handlungsbedarf sieht? | |
| Werden jene, die bei TTIP immer nur den großen Satan USA am Werk sehen, | |
| sich nun mit dem Gedanken beschäftigen, dass auch der deutsche Konzern VW | |
| die Chance hätte, die amerikanische Regierung erfolgreich vor einem | |
| unabhängigen Investorenschiedsgericht auf Schadenersatz zu verklagen? | |
| Werden alle Ökos, deren Kritik an den deutsche Zuständen längst steril | |
| geworden ist, den VW-Betrug als Betrug einordnen oder werden sie so weit | |
| abdriften, dass sie den Flüchtlingen sagen: Kommt nicht hierher, hier | |
| werdet ihr vergiftet? | |
| ## Kriminelle Energie und Dummheit ohne Grenzen | |
| Und was ist mit denen, die meinen in der Flüchtlingskrise stoße die | |
| deutsche Aufnahmebereitschaft und Aufnahmefähigkeit auf die Grenzen der | |
| „Realität“, wo doch der VW-Irrsinn belegt, dass kriminelle Energie und | |
| Dummheit keine natürlichen Grenzen kennt: Es sind Menschen, die Grenzen | |
| ziehen und sie überschreiten, nicht eine bequeme „Realität“. | |
| Und was ist schließlich mit einem deutschen Verkehrsminister, einer | |
| deutschen Kanzlerin, ja überhaupt einer Bundesregierung, die | |
| parteiübergreifend sich zum Hausierer der deutschen, innovationsunwilligen | |
| Autoindustrie gemacht hat, weil die ja unseren Wohlstand sichert? Die | |
| Vorgaben macht, die diese Industrie nicht einhalten will oder kann, und die | |
| dann bei der Überprüfung dieser Vorgaben – vom Wahlvolk wohlwollend | |
| ignoriert – wegsieht, während ein großer Teil der Autokundschaft mit | |
| Panzern durch die friedlichen europäischen Innenstädte fährt? | |
| Aber das sind nur Fragen. Die alle hinfällig geworden sein werden, wenn er | |
| endlich zurückgetreten ist, dieser üble Herr Winterkorn. | |
| 24 Sep 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Ambros Waibel | |
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