# taz.de -- Wohnungspolitik in Berlin: Mieter auf der Sonnenseite | |
> Nach dem Kompromiss beim Mietenvolksbegehren hat der Senat einen | |
> Gesetzentwurf vorgelegt. Doch es gibt auch neue Forderungen. | |
Bild: Sind eine umworbene Wählergruppe: Mieter in Berlin. | |
Die Mietenexplosion in Berlin bleibt auch nach der Einigung beim sozialen | |
Wohnungsthema ein politischer Dauerbrenner. „Die Mieten sind in Berlin viel | |
schneller gestiegen als die Einkommen. Wer als Normalverdiener in Berlin | |
eine bezahlbare Wohnung sucht, der hat ein Problem“, sagt der | |
stellvertretende DGB-Chef in Berlin und Brandenburg, Christian Hoßbach. Der | |
DGB organisiert zusammen mit dem Mieterverein, dem Sozialverband | |
Deutschlands und der Volkssolidarität einen Sozialgipfel, der am heutigen | |
Mittwoch mit Bausenator Andreas Geisel (SPD) über neue Maßnahmen gegen die | |
Mietsteigerungen diskutieren will. | |
Der Forderungskatalog, den die Sozialorganisationen und der Mieterverein | |
aufgestellt haben, geht weit über das Thema Sozialwohnungen hinaus. Im frei | |
finanzierten Neubau etwa sollen die Mieten künftig nicht mehr als um 15 | |
Prozent in fünf Jahren steigen dürfen. Darüber hinaus soll es weitaus mehr | |
Milieuschutzgebiete in Berlin geben, um die Umwandlung von Miet- in | |
Eigentumswohnungen stärker begrenzen zu können. Um Zweckentfremdungen zu | |
verhindern – etwa durch die Nutzung als Ferienwohnungen –, soll mehr | |
Personal eingesetzt werden. Allerdings richtet sich diese Forderung nicht | |
alleine an das Land Berlin, sondern auch an den Bund. Neue | |
Milieuschutzverordnungen dagegen fallen in die Zuständigkeit der Bezirke. | |
Dennoch formiert sich mit dem Sozialgipfel erstmals ein Bündnis, das sich | |
mit der Einigung bei den Sozialwohnungen nicht zufrieden gibt. Wie | |
berichtet, haben sich der Senat und die Initiatoren des | |
Mietenvolksbegehrens im August auf einen Kompromiss geeinigt. Er sieht | |
vor, dass Sozialmieter nicht mehr als 30 Prozent ihres Nettoeinkommens für | |
die Kaltmiete aufbringen müssen. Auch sollen die sechs landeseigenen | |
Wohnungsbaugesellschaften künftig 55 Prozent ihrer Wohnungen an bedürftige | |
Haushalte vermieten. Zwanzig Prozent davon sollen an Obdachlose oder | |
Flüchtlinge gehen, der Rest an Inhaber eines Wohnberechtigungsscheins. | |
Im Kern profitieren also nur die Mieterinnen und Mieter der 118.000 | |
Sozialwohnungen und der 285.000 landeseigenen Wohnungen von dem Kompromiss. | |
Inzwischen hat die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung auch einen | |
Gesetzentwurf dazu erarbeitet, der sich derzeit noch in der Abstimmung mit | |
den anderen Ressorts befindet. Geben alle Senatorinnen und Senatoren grünes | |
Licht, kann das neue „Wohnraumversorgungsgesetz“ am Dienstag im Senat | |
beschlossen werden. Anschließend muss das Abgeordnetenhaus darüber beraten. | |
„Unser Ziel ist es, dass das Gesetz am 1. Januar 2016 in Kraft tritt“, sagt | |
der Sprecher von Senator Geisel, Martin Pallgen. | |
Der Sprecher des Mietenvolksbegehrens Rouzbeh Taheri begrüßte die Vorlage | |
des Entwurfs. „Wenn das Gesetz vom Parlament verabschiedet ist, werden wir | |
darüber beraten, ob wir das Volksbegehren beenden“, so Taheri zur taz. Dass | |
sich nun ein Bündnis mit weitergehenden Forderungen formiert, sieht er | |
nicht als Kritik, sondern als Ansporn. „Mit dem Kompromiss haben wir eine | |
Lösung für den sozialen Wohnungsbau gefunden. Das heißt nicht, dass wir | |
nicht weitergehende Forderungen unterstützen.“ Die im Volksbegehren | |
versammelten Initiativen, so Taheri, würden ebenfalls weitere Maßnahmen | |
diskutieren. „Das können Kampagnen im Wahlkampf sein. Es kann aber auch ein | |
neues Volksbegehren sein.“ | |
8 Sep 2015 | |
## AUTOREN | |
Uwe Rada | |
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