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# taz.de -- Wohnungsmarkt in Berlin: Für Reiche werden Wohnungen billiger
> Der Druck auf den Wohnungsmarkt steigt. Bausenator Andreas Geisel (SPD)
> setzt deshalb auf Neubau und will gegen die Spekulation mit
> Baugenehmigungen vorgehen.
Bild: Und, ist da irgendwo noch eine Wohnung frei?
Dass Berlin wächst, die Mieten steigen und dringend Wohnungen gebaut werden
müssen, ist längst nichts Neues mehr. Doch der jährliche
Wohnungsmarktbericht, den die Investitionsbank Berlin (IBB) und Bausenator
Andreas Geisel (SPD) am Freitag vorstellten, hatte neben Erwartbarem auch
zwei Überraschungen auf Lager.
Dem Bericht zufolge wurden im untersuchten Zeitraum 2014 genau 8.744
Wohnungen neu gebaut. Das ist ein Plus von 32 Prozent gegenüber 2013, als
6.641 Wohnungen fertiggestellt worden waren. Gestiegen ist auch die Zahl
der Baugenehmigungen, so Bausenator Geisel: Sie lag 2013 bei 12.518 und
stieg 2014 auf 19.199. Für 2015 rechnet der Senat mit mehr als 22.000
Baugenehmigungen, aber nur mit dem Bau von 12.000 neuen Wohnungen. „Das ist
ein Hinweis darauf, dass mit erteilten Baugenehmigungen Spekulation
betrieben wird“, sagte Geisel. „Das können wir so nicht hinnehmen.“ Man
müsse deshalb darüber nachdenken, wie man diese Entwicklung einschränken
könne. Gleichzeitig räumte Geisel ein, dass er noch keine Idee hat, wie:
„Ich bin noch nicht in der Lage zu sagen, mit welchen Instrumenten der
Senat reagieren wird.“
Ansonsten lautete die Botschaft: Berlin ist auf Kurs. „Das
Wirtschaftswachstum wird auch in Zukunft größer sein als im
Bundesdurchschnitt“, prognostizierte IBB-Vorstandschef Jürgen Allerkamp.
Auf Wachstumskurs ist auch die Einwohnerzahl. „Wir können davon ausgehen,
dass Berlin bald auf vier Millionen wächst.“ Allerkamp räumte ein, dass das
Thema Flüchtlinge im aktuellen Wohnungsmarktbericht keine Rolle gespielt
habe. „Wir müssen sehen, wie wir in Zukunft damit umgehen. Das ist eine
Herausforderung für uns alle.“
Schließlich sind auch die Berliner Mieten auf Wachstumskurs. Während die
Bestandsmieten von 5,54 Euro nettokalt 2013 auf 5,84 Euro und damit um 2,7
Prozent stiegen, kletterten die mittleren Angebotsmieten – also die Mieten
freier Wohnungen, die auf dem Markt angeboten werden – um 3,5 Prozent auf
8,80 Euro pro Quadratmeter. Im Durchschnitt kostet also eine bezugsfertige
100-Quadratmeter-Wohnung 880 Euro zuzüglich Betriebskosten und Kosten für
Heizung und Warmwasser.
Interessant ist aber die Entwicklung dieser Angebotsmieten in den zwölf
Bezirken. Während in Marzahn-Hellersdorf und in Spandau leere Wohnungen
noch durchschnittlich für 5,75 und 6,99 Euro pro Quadratmeter plus
Nebenkosten zu haben sind, müssen Wohnungssuchende in
Friedrichshain-Kreuzberg mit 10,99 Euro pro Quadratmeter am tiefsten in die
Tasche greifen.
Welchen grundlegenden Wandel Friedrichshain-Kreuzberg als Berlins teuerster
Bezirk durchmacht, zeigt noch eine andere Zahl. Nirgendwo ist der Anteil an
hochpreisigen Wohnungen derzeit höher als zwischen Frankfurter Allee und
Landwehrkanal. 67 Prozent aller angebotenen Wohnungen liegen über zehn Euro
pro Quadratmeter, in Mitte sind es lediglich 53 Prozent und in Pankow 42
Prozent. Demgegenüber ist das preiswerte Segment zwischen fünf und acht
Euro in Friedrichshain-Kreuzberg mit 9 Prozent der angebotenen Wohnungen so
gut wie nicht mehr vorhanden. In Pankow sind es immerhin noch 24 Prozent.
Dies ist insofern von Bedeutung, als die Zahl der sogenannten
Bedarfsgemeinschaften, also derer, die Hartz IV beziehen, in Kreuzberg laut
IBB-Chef Allerkamp gestiegen ist. „Da könnte ein Konfliktpotenzial
entstehen“, sagt Arnt von Bodelschwingh, der für die IBB den Bericht
erstellt hat.
Die zweite Überraschung an diesem Freitag betraf das Luxussegment. So sind
die Preise bei Eigentumswohnungen 2014 im Schnitt wieder auf unter 3.500
Euro pro Quadratmeter gesunken. „Das stagniert“, sagte von Bodelschwingh.
„Wir wissen aber noch nicht, ob das eine Verschnaufpause ist oder schon ein
Trend.“
11 Mar 2016
## AUTOREN
Uwe Rada
## TAGS
Wohnungen
Berliner Senat
Mieten
Wohnungspolitik
Katrin Lompscher
Wohnungen
Lügenleser
Berlin-Kreuzberg
Mieten
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