| # taz.de -- Wohnungsmarktbericht der IBB: 10-Euro-Grenze überschritten | |
| > Die Mieten rasen weiter durch die Decke. Das zeigt der neue Marktbericht | |
| > der Investitionsbank Berlin. Grund ist der unverminderte Zuzug nach | |
| > Berlin. | |
| Bild: Studierende studieren Wohnungsanzeigen | |
| Es gibt schlimmere Termine für Bausenatorin Katrin Lompscher (Linke). Wenn | |
| die Investitionsbank Berlin (IBB) ihren jährlichen Wohnungsmarktbericht | |
| vorstellt, wird Lompscher auch da gelobt, wo sie von der SPD gern angezählt | |
| wird – beim Wohnungsbau. | |
| Die Zahlen können sich tatsächlich sehen lassen. 25.052 Baugenehmigungen | |
| wurden 2016 erteilt, referiert IBB-Chef Jürgen Allerkamp. „Das sind 12,1 | |
| Prozent mehr als im Jahr zuvor.“ Noch größer ist der Anstieg bei den | |
| fertiggestellten Wohnungen. 13.659 waren es 2016, ein Plus gegenüber 2015 | |
| von 27,4 Prozent. So viel wurde seit zwanzig Jahren nicht mehr gebaut. „Wir | |
| sind hier auf einem guten Weg“, resümierte Jürgen Allerkamp am Montag bei | |
| der Vorstellung des Wohnungsmarktberichts 2017, der auf den Zahlen von 2016 | |
| basiert. | |
| Im Gegensatz zu den Gutachten von Maklern oder Immobilienverbänden ist der | |
| Bericht der landeseigenen IBB der einzige, der den Stempel „offiziell“ der | |
| Berliner Politik trägt. Und er ist auch der ausführlichste. Neben dem | |
| Neubaugeschehen ermittelt die vom Forschungsinstitut Regiokontext erstellte | |
| Erhebung auch die Entwicklung von Angebotsmieten und Kaufpreisen für | |
| Wohnungseigentum. Darüber hinaus werden sogenannte Bezirksprofile | |
| ermittelt, die eine kleinräumigere Bewertung des Geschehens auf dem | |
| Wohnungsmarkt ermöglichen. | |
| Die Neubauzahlen, das wurde bei der Präsentation im Hochhaus der IBB an der | |
| Bundesallee schnell deutlich, sind die einzigen guten Nachrichten, die | |
| Lompscher und Allerkamp verkünden durften. Denn die Mieten steigen weiter. | |
| Bei den Angebotsmieten, also jenen, die diejenigen zahlen müssen, die | |
| derzeit eine Wohnung suchen, liegen sogar schon die Zahlen von 2017 vor – | |
| und die haben es in sich. So lag die mittlere Angebotsmiete bei nunmehr | |
| 10,15 Euro pro Quadratmeter zuzüglich Betriebskosten und Heizung. Zum | |
| Vergleich: 2016 betrug der Mietpreis noch 9,07 Euro pro Quadratmeter. „Die | |
| Mietsituation hat sich dramatisch verschlechtert“, so Bausenatorin | |
| Lompscher. | |
| Vor allem bezahlbare Wohnungen fehlen inzwischen in fast allen Bezirken. | |
| Nur in Spandau und Marzahn-Hellersdorf gibt es mit 10 beziehungsweise 24 | |
| Prozent der Angebote noch Wohnungen für unter 6 Euro zu mieten. Deutlich | |
| gestiegen ist dagegen das hochpreisige Segment. Fast jede zweite Wohnung in | |
| Mitte kostet mehr als 13 Euro pro Quadratmeter, in Friedrichshain-Kreuzberg | |
| sind es 44 Prozent, in Charlottenburg-Wilmersdorf 35 und in Pankow 24 | |
| Prozent. | |
| Angesichts dieses Trends betonte Lompscher erneut, dass Neubau allein nicht | |
| die Lösung sei: „Die stetig steigenden Angebotsmieten machen deutlich, wie | |
| wichtig neben dem Neubau auch die Regulierung der Mieten im Bestand ist.“ | |
| Um aber den Anstieg bei den Bestandsmieten zu bremsen, sei es wichtig, dass | |
| bei Modernisierung nicht mehr 11 Prozent der Kosten auf die Miete umgelegt | |
| werden können, sagte Lompscher an die Adresse der schwarz-roten | |
| Bundesregierung, die sich am Montag auf der Zugspitze das Thema | |
| Mietenpolitik vorgenommen hatte. | |
| Grund für die weiterhin drastisch steigenden Mieten in Berlin ist die | |
| Zuwanderung. Vor allem aus dem Ausland zieht es immer mehr Menschen nach | |
| Berlin. Von den über 60.000 Neuberlinerinnen und Neuberlinern, die 2016 in | |
| die Stadt gekommen sind, stammten 46.257 aus dem Ausland. Gegenüber den | |
| alten Bundesländern beträgt der Wanderungsgewinn 16.011. Aus den neuen | |
| Bundesländern dagegen kamen nur noch 1.763 Menschen zusätzlich in die | |
| Stadt. Mehr Fort- als Zuzüge gab es im Verhältnis zum Umland. Hier beträgt | |
| der Wanderungsverlust 9.883 – und ist damit seit 2014 auf dem gleichen | |
| Niveau. | |
| Der Run auf Berlin hat auch das Umland erfasst. Allerdings werden im | |
| Berliner Speckgürtel, auch das geht aus dem Wohnungsmarktbericht hervor, | |
| nach wie vor vor allem Einfamilienhäuser gebaut. Ausnahmen sind Potsdam, | |
| Falkensee und Königs Wusterhausen. Perspektivisch könnte das Umland aber an | |
| Bedeutung gewinnen. Laut einem Bericht des Kommunalen Nachbarschaftsforums, | |
| bei dem die Bezirke Berlins ebenso vertreten sind wie die Umlandgemeinden, | |
| gibt es in Berlin und im Umland ein Wohnungsbaupotential von 218.000 | |
| Wohnungen. Davon entfallen 153.000 auf Berlin und 65.000 auf Brandenburg. | |
| Allerdings betonte Lompscher: „Das Berliner Wohnungsproblem lässt sich | |
| nicht in Brandenburg lösen.“ | |
| Lässt es sich überhaupt lösen? Denn sosehr die SPD in der Hauptstadt nach | |
| wie vor nach noch mehr Neubau schreit, scheint die Bauwirtschaft inzwischen | |
| ihre Kapazitätsgrenze erreicht zu haben, so IBB-Chef Allerkamp. Alleine | |
| 2016 betrug das Auftragsvolumen der Bauwirtschaft 1,3 Milliarden Euro. | |
| Bausenatorin Lompscher sagte, sie ermuntere die Bauwirtschaft immer wieder, | |
| ihre Kapazitäten zu erhöhen. „Aber mir wird entgegnet, dass das in den | |
| Neunzigern schon mal verlangt worden war, und dann seien die Zahlen wieder | |
| rückläufig gewesen.“ | |
| 7 May 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Uwe Rada | |
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