# taz.de -- Der Stör in Nord- und Ostsee: Ein Fisch kehrt zurück | |
> Forscher ziehen ein erstes positives Fazit zur Wiederansiedlung des Störs | |
> in Nord- und Ostsee. Doch das Tier hat viele Feinde. | |
Bild: Seit 2006 setzen Forscher Jungstöre in den drei größten Flüssen Mitte… | |
Rostock taz | Der Stör kehrt in Nord- und Ostsee zurück. Zwischen Estland | |
und Norwegen wurde der urtümliche Knochenfisch, der schon vor 200 Millionen | |
Jahren als Zeitgenosse der Dinosaurier in den Weltmeeren schwamm, wieder | |
nachgewiesen, sowie auch in der Nordsee und der Biscaya. Ausgesetzt wurden | |
sie vor Jahren als Jungfische in Elbe, Oder und Weichsel sowie deren | |
Nebenflüssen. Damit fällt das erste Fazit dieses | |
Wiederansiedelungsprogramms „verhalten positiv“ aus, sagte Jörn Geßner vom | |
Berliner Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei jetzt | |
auf dem Deutschen Fischereitag in Rostock. | |
Allerdings kehren die langlebigen Fische, die bis zu 100 Jahre alt werden | |
können, erst mit frühestens 16 Jahren nach Wanderungen in den Meeren zum | |
Laichen in die Flüsse zurück. „Wir müssen noch ein bisschen Geduld | |
aufbringen“, sagt Gessner. | |
Seit 2006 setzen Forscher Jungstöre in den drei größten Flüssen | |
Mitteleuropas aus, in denen sie bis vor etwa 70 Jahren heimisch waren. Noch | |
im 19. Jahrhundert hatten Fischer jährlich bis zu 10.000 Störe aus der Elbe | |
gezogen, in Hamburg gab es eine eigene Auktionshalle nur für die bis zu | |
fünf Meter langen Raubfische. Die Jagd und die zunehmende Verschmutzung der | |
Gewässer ließen den Europäischen Stör aussterben: Der letzte in Deutschland | |
wurde 1969 gefangen, bis heute hat nur im südfranzösischen Fluss Gironde | |
ein Restbestand von etwa 400 Tieren überlebt. Und dieser ist die | |
Quellpopulation für das Wiederansiedlungsprojekt. | |
In Aufzuchtteichen in Born auf der Ostseehalbinsel Darß werden mehrere | |
Dutzend geschlechtsreifer Störe gehalten. Aus deren Laich ziehen | |
Wissenschaftler Fischlarven heran, in diesem Jahr waren es erstmals mehr | |
als eine Million. Nach einigen Monaten oder einem Jahr werden sie als | |
Jungtiere ausgesetzt, mehr als 1,1 Millionen sind es bislang gewesen. Doch | |
wie viele von ihnen noch leben, weiß Geßner nicht. Fressfeinde, | |
Krankheiten, die Fischerei – Gefahren gibt es viele. Und für ein | |
flächendeckendes Monitoring fehlt das Geld, sagt Geßner. | |
## Verlässliche Prognosen in 25 Jahren | |
Also sind die Wissenschaftler darauf angewiesen, dass Fischer gefangene und | |
mit Markierungen in den Rückenflossen versehene Störe melden – und die | |
Tiere wieder ins Wasser zurücksetzen. So wie die Nummer 07186, die im | |
November 2011 vor Tönning im schleswig-holsteinischem Wattenmeer einem | |
Krabbenfischer ins Netz ging. Erst drei Wochen vorher war er in der Stör | |
(sic!), einem Nebenfluss der Unterelbe, ausgesetzt worden. Das 27 | |
Zentimeter kurze Fischchen hatte in Rekordzeit eine mehr als hundert | |
Kilometer lange Reise hinter sich gebracht. Und wurde von einem Fischer | |
gefangen, der seinen Fang dem Nationalparkamt meldete und dem Stör seine | |
Freiheit wiedergab. | |
Wenn das regelmäßig geschieht, könnten sich in 25 Jahren die Enkel der | |
jetzigen Jungfische erstmals in Elbe und Oder vermehren. „Dann können wir | |
verlässliche Prognosen über Erfolg oder Misslingen der Wiederansiedlung | |
abgeben“, sagt Geßner, „vorher nicht.“ | |
26 Aug 2015 | |
## AUTOREN | |
Sven-Michael Veit | |
## TAGS | |
Tiere | |
Fischerei | |
Naturschutz | |
Fische | |
Flüsse | |
Fischerei | |
Ostsee | |
Nordsee | |
Foodwatch | |
Fischerei | |
Sylt | |
Artgerechte Tierhaltung | |
Europa | |
Delfine | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Auswilderung von Fischen in der Oder: Viele Stör-Manöver | |
Der Stör ist seit Urzeiten in Deutschland heimisch. Aber vor 50 Jahren | |
verschwand er aus der Oder. Lässt er sich wieder ansiedeln? | |
Fragwürdiges MSC-Siegel: Natürlich Krabben fangen | |
Umweltverbände kritisieren Vergabe des MSC-Siegels an Krabbenfischerei in | |
der Nordsee. Diese erfülle noch immer zu wenige Anforderungen, um | |
nachhaltig zu sein | |
Neue Fischfangquoten für die Ostsee: Esst weniger Dorsch! | |
Die EU erlaubt 63 Prozent mehr Dorschfang, als Wissenschaftler empfehlen, | |
kritisiert der WWF. Die Reform der Fischereipolitik stockt. | |
Wem das Watt gehört: Noch reichlich Baustellen übrig | |
Das Wattenmeer ist ein Nationalpark vor der Küste eines Industrie- und | |
Agrarlandes in einem der am stärksten genutzten Meere der Welt. Ein | |
30-Jahre-Fazit. | |
Foodwatch kritisiert EU-Kommission: Lecker Thunfisch mit mehr Gift | |
Der Verbraucherorganisation Foodwatch zufolge will die EU-Kommission die | |
Grenzwerte für Quecksilber in Raubfischen anheben. Die seien aber schon | |
belastet. | |
Überfischung der Ostsee: Der Kampf um den Dorsch | |
Fischer, Wissenschaftler und Meeresschützer streiten über die Fangquoten. | |
Die drohen um 80 Prozent reduziert zu werden. | |
Der Modellfisch Guppy: Attraktive Homos | |
Guppys sind bunt, können Zicken und Machos sein und reagieren auf LSD mit | |
Größenwahn. Ansonsten sind sie Fische, an denen viel getestet wird. | |
Schutz der Schweinswale: Sylter Außenriff wird geschützt | |
Auf Druck der EU hin will die Bundesregierung mit dem Naturschutz in dem | |
Seegebiet ernst machen. | |
Ethisch korrekte Kaviar-Firma geht pleite: Töten ist günstiger | |
Vivace Caviar verspricht Luxus mit ethischem Anspruch, weil Störe vor der | |
Eierernte nicht getötet werden. Jetzt meldete die Firma Insolvenz an. | |
Meeresschutz in der EU: Europa fischt im Trüben | |
Die Umweltbehörde der EU warnt, dass Europa zentrale Ziele beim | |
Meeresschutz verfehlt. Die meisten marinen Ökosysteme seien unter Druck. | |
Biologin über bedrohte Art: „Keinen Fisch aus Neuseeland essen“ | |
Es gibt nur noch 45 Maui-Delfine. Umweltschützer warnen, dass die | |
neuseeländischen Tiere in 15 Jahren ausgestorben sein könnten. |