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# taz.de -- Fragwürdiges MSC-Siegel: Natürlich Krabben fangen
> Umweltverbände kritisieren Vergabe des MSC-Siegels an Krabbenfischerei in
> der Nordsee. Diese erfülle noch immer zu wenige Anforderungen, um
> nachhaltig zu sein
Bild: Frisch an Bord verarbeitet, aber nicht nachhaltig gefangen: Nordseekrabbe…
HAMBURG taz | Die Krabbenfischerei in der Nordsee habe bei der
Nachhaltigkeit zwar Fortschritte gemacht, sagt Hans-Ulrich Rösner, „aber es
reicht nicht für die Anerkennung als umweltverträgliche Fischerei.“
Und deshalb hat der Leiter des Wattenmeerbüros der Umweltstiftung WWF in
Husum Einspruch dagegen eingelegt, dass die Krabbenfischerei vor der
Westküste mit dem MSC-Siegel ausgezeichnet werden soll. Die Fischer hätten
zwar erfreuliche Verbesserungen eingeleitet, doch werde weiter im
Nationalpark Wattenmeer und in anderen Meeresschutzgebieten gefischt.
Nach Ansicht Rösners kann eine Fischerei im Schutzgebiet aber erst als
umweltverträglich zertifiziert werden, „wenn sie übereinstimmend mit den
Schutzzielen ausgeübt wird“. Dafür jedoch müsse auch der MSC strengere
Anforderungen für Fischerei in Schutzgebieten in seinen Standard aufnehmen.
## Nähe zur Fischindustrie
Der Marine Stewardship Council (MSC) ist eine unabhängige, gemeinnützige
und nichtstaatliche Organisation mit Sitz in London, die 1997 vom
Lebensmittelkonzern Unilever und dem WWF gegründet wurde. Sie vergibt ein
kleines blaues Siegel für nachhaltige Fischerei. Es gilt als einziges
weltweit anerkanntes Zertifikat für nachhaltig gefangenen Wildfisch.
Verbraucher sollen damit erkennen, dass der Fisch aus gesunden Beständen
stammt, der mit umweltfreundlichen und schonenden Methoden gefangen wird.
Mehrere Umweltverbände, vor allem Greenpeace, attestieren jedoch dem MSC zu
große Nähe zur Fischindustrie und kritisieren seine Kriterien als zu lasch
– jetzt tut dies auch der Mitbegründer WWF.
Nach jahrelangen Anstrengungen hatten Krabbenfischer aus Deutschland,
Dänemark und den Niederlanden im Juli eine erste Hürde für das MSC-Siegel
genommen. Gutachter im Auftrag des MSC hatten empfohlen, den
Krabbenfischern aus Deutschland, Dänemark und den Niederlanden das
MSC-Siegel für nachhaltige Fischerei zuzuerkennen. Zuvor waren nationale
Anerkennungsversuche in den Niederlanden und Deutschland erfolglos
verlaufen.
## Beifang muss verringert werden
Zusammen mit dem WWF hätten auch der Naturschutzbund (Nabu) und die
Schutzstation Wattenmeer jetzt Widerspruch gegen die Zertifizierung
eingelegt. Damit wird ein mehrmonatiger Prozess mit neuen Prüfungen durch
unabhängige Gutachter eingeleitet.
Die Vertreter der Krabbenfischer wollen dieses Verfahren nun abwarten und
mit den Naturschützern im Gespräch bleiben. Den etwaigen Verzicht auf
Fanggebiete lehnen sie jedoch ab: „Wir geben keinen Quadratmeter ab“, sagte
Geschäftsführer Dirk Sander von der Erzeugergemeinschaft der Deutschen
Krabbenfischer in Cuxhaven.
Der WWF begrüßte zwar die Absicht der Krabbenfischer, sich einer
ökologischen Zertifizierung zu stellen. „Krabbenfischerei an unserer Küste
muss eine Zukunft haben“, stellte Rösner ausdrücklich klar. Die bisherigen
Verbesserungsmaßnahmen reichten aber bei Weitem nicht aus.
„Damit eine Öko-Zertifizierung glaubwürdig wird, muss die Krabbenfischerei
in mindestens drei Bereichen besser werden“, so Rösner. Der Schutz des
Wattenmeer-Nationalparks lasse sich nur erreichen, wenn auf die Fischerei
mit Bodenschleppnetzen verzichtet werde. Nur dann könnten die heute
verschwundenen Sandkorallenriffe sich wieder ansiedeln. Zudem müsse die
Menge des Beifangs weit stärker verringert werden und die Fischerei sich
einer Umweltprüfung nach europäischem und nationalem Naturschutzrecht
unterziehen.
Dafür müsse auch der MSC seine Bewertungskriterien verbessern. Selbst zwei
Jahrzehnte nach Einführung des Labels sei nicht verbindlich vorgeschrieben,
dass die Fischerei in Schutzgebieten erhöhte Ansprüche erfüllen müsse, um
nachhaltig und naturverträglich zu sein. „Fischerei in Schutzgebieten
braucht besondere Leitplanken“, stellt Rösner klar. Dieses Defizit müsse
der MSC beseitigen, um glaubwürdig zu bleiben.
31 Aug 2017
## AUTOREN
Sven-Michael Veit
## TAGS
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Nachhaltigkeit
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