# taz.de -- Nachhaltigkeit in der Ostsee: Fischer fordern höhere Fangquoten | |
> Beifang muss seit Jahresbeginn auf die Fangquote angerechnet werden. Der | |
> Deutsche Fischerei-Verband hofft, dass die EU diese Regel aufweicht. | |
Bild: Was im Netz landet muss mit ans Land gebracht werden. | |
Hamburg taz | Von der „Nachhaltigkeitswende“ schwärmt die deutsche | |
Fischwirtschaft. Der Kabeljau, „seit über zehn Jahren der Symbolfisch für | |
die Überfischung der Nordsee“, sei zurück. Der vom Internationalen Rat für | |
Meeresforschung (Ices) festgelegte Schwellenwert für Nachhaltigkeit „ist | |
fast erreicht“, jubelte am Donnerstag der Deutsche Fischerei-Verband (DFV) | |
in Hamburg. Und hofft nun, dass die Europäische Union der Empfehlung des | |
Ices folgt, die Fangquoten für das kommende Jahr um 15 Prozent zu erhöhen. | |
Für den DFV zeigt der Kabeljau: „Fangstopps, wie sie von Umweltverbänden | |
gefordert wurden, sind unnötig.“ Die deutsche Fischwirtschaft erwarte nun, | |
nach Jahren der Beschränkungen, „eine Nachhaltigkeitsdividende“ – zum | |
Beispiel Ausnahmen vom Rückwurfverbot der EU für die meisten Fischarten, | |
das seit Jahresbeginn auf der Ostsee gilt. Demnach dürfen Fischer | |
unbeabsichtigten Beifang von zu kleinen Fischen oder anderen Arten, der | |
sich mit im Netz verheddert hat, nicht über Bord werfen. Damit soll | |
verhindert werden, dass verletzte und sterbende Tiere wieder ins Meer | |
geworfen werden. | |
Jetzt müssen die Ostseefischer wirklich jeden Fisch an Land bringen und auf | |
ihre Fangquote anrechnen lassen, auch wenn er wegen geringer Größe oder | |
Verletzungen nur zu Tiefstpreisen vor allem an die Tierfutterindustrie | |
verscherbelt werden kann. Das sei nicht praktikabel, sagt | |
DFV-Generalsekretär Peter Breckling, „wir brauchen praxisnahe Ausnahmen“ | |
etwa für überlebensfähige Jungfische. | |
Was simpel klingt, ist in der Realität komplex. Die Überlebensquote von | |
Nordseeschollen, die zurück ins Meer geworfen wurden, liegt bei „0 bis 100 | |
Prozent“, hat Sarah Kraak vom Rostocker Institut für Ostseefischerei in | |
Tests ermittelt. „Es ist unmöglich, das genauer festzustellen.“ Eine | |
Auskunft, die die Fischer nicht gern hören. | |
Umkämpft ist auch der Kabeljau in der Ostsee, der dort Dorsch heißt. Eine | |
Reduzierung der Fangquoten für 2015 um bis zu 80 Prozent hatte der Ices | |
empfohlen, für den Fischereiverband unannehmbar. Bislang sei „keine | |
Dorschfischerei in der westlichen Ostsee nach einem der gängigen | |
Nachhaltigkeitsstandards zertifiziert“ worden, rügt der Rat. | |
Die Dorschfischerei in der Ostsee sei überhaupt nicht nachhaltig, | |
kommentiert Thilo Maack, Fischereiexperte von Greenpeace. Und wenn | |
Breckling prophezeie, die Ostsee werden schon bald „das erste nachhaltig | |
bewirtschaftete Meer der Europäischen Union“ sein, hält Maack das für | |
„einen schlechten Witz“. | |
3 Sep 2015 | |
## AUTOREN | |
Sven-Michael Veit | |
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