# taz.de -- Fish-Dependence-Day: Fisch auf Kosten der Anderen | |
> Brot für die Welt, Slow Food und die Bremer Initiative Fair Oceans | |
> erinnern an den Fish-Dependence-Day, der die Ungerechtigkeit des | |
> westlichen Konsums misst. | |
Bild: Der Thunfisch hat fast nur einen Feind: Den Menschen. Mittlerweile stirbt… | |
BREMEN taz | Ab dem 6. April isst Deutschland seinen Fisch auf Kosten | |
ausländischer Fischgründe. Darauf haben in einer gemeinsamen Aktion die | |
kirchliche Entwicklungshilfeorganisation Brot für die Welt, der | |
Genuss-Verein Slow Food Deutschland und die Bremer Initiative Fair Oceans | |
e.V. hingewiesen. Bremen, das sich mit dem Titel „Hauptstadt des Fairen | |
Handels“ schmückt, ist daran beteiligt: Sowohl die Lebensmittelindustrie | |
als auch die Häfen des Landes profitieren davon erheblich. | |
Jeder Fisch, der ab dem Fish-Dependence-Day in Deutschland bis Ende des | |
Jahres konsumiert wird, muss rein rechnerisch importiert werden. Zumal über | |
die Bremer Häfen und Bremerhaven werden große Mengen Fisch und Fischmehl | |
eingeführt, vielfach werden sie direkt hier weiterverarbeitet. | |
Allein im vergangenen Jahr ging es dabei um 237.000 Tonnen Fisch- und | |
Krebstiere, die an Lebensmittelindustrie, Direktabnehmer und Einzelhandel | |
verkauft wurden sowie rund 190.000 Tonnen Fischmehl: Deren Hauptabnehmer | |
ist die Futtermittelindustrie. Das proteinreiche Pulver wird in der Kälber- | |
und Geflügelmast verwendet. | |
Der Fish-Dependence-Day wurde 2010 erstmals von der britischen [1][New | |
Economics Foundation] errechnet. Er macht aufmerksam auf die globale | |
Überfischung infolge des Konsums der Industriestaaten. Mittlerweile wird | |
jeder zweite in Europa verzehrte Fisch jenseits der EU-Gewässer gefangen. | |
Das kritische Datum rückt stetig weiter Richtung Jahresanfang. | |
Ein Trend, den Brot für die Welt, Slow Food Deutschland und der Bremer | |
Verein Fair Oceans stoppen und umkehren wollen: In Entwicklungsländern | |
führt nämlich der hiesige Fischhunger zu Problemen. „Wir können uns auch | |
ohne deren Fisch ausgewogen ernähren“, sagt Francisco Marí, | |
Fischereireferent von Brot für die Welt, „die Menschen dort können das | |
jedoch nicht.“ Er warnte, dass Fischereiabkommen mit diesen Ländern nicht | |
dazu führen dürften, „dass die einheimische Bevölkerung mangelernährt“ … | |
Deshalb fordert das Aktionsbündnis die Bundesregierung und die Europäische | |
Union auf, fremde Fischbestände zu schonen. | |
Man müsste dafür nicht einmal auf Fisch verzichten, so Ursula Hudson von | |
Slow Food Deutschland: Anders als Importgüter wie Bananen, Kakao oder | |
Kaffee, die in unseren Breiten nicht gedeihen, gibt es ja heimische | |
Fischgründe – von ungenutzter Vielfalt: „Es gibt über 25.000 genießbare | |
Fischarten, aber nur etwa 20 finden sich in unseren Fischtheken“, sagt | |
Hudson. Die heimischen Gewässer böten mit unbekannten, aber köstlichen | |
Fischarten wie der Schleie hervorragende Alternativen. Anders als die | |
Aquakultur: Die sei „in keiner Weise nachhaltig“, so Hudson. | |
Ähnlich sieht es Kai Kaschinski von Fair Oceans: Gerade die | |
Onshore-Fischzucht sorge für einen größeren Verbrauch von Fischmehl aus dem | |
Pazifik. Das werde zudem mit – ebenfalls importierter – Soja angereichert. | |
Insgesamt ergebe sich „eine schlechte Energiebilanz ohne ökologischen | |
Gewinn“. | |
1 Apr 2015 | |
## LINKS | |
[1] http://www.neweconomics.org/ | |
## AUTOREN | |
Christoph Reis | |
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