| # taz.de -- Überfischung der Ostsee: Der Kampf um den Dorsch | |
| > Fischer, Wissenschaftler und Meeresschützer streiten über die Fangquoten. | |
| > Die drohen um 80 Prozent reduziert zu werden. | |
| Bild: Die Fischer sollen viel weniger Dorsch angeln, fordern Wissenschaftler. | |
| Hamburg taz | Der Ostseedorsch ist heiß umkämpft. Gegen eine drohende | |
| Kürzung der Fangquoten im nächsten Jahr um bis zu 80 Prozent läuft die | |
| Fischereiwirtschaft Sturm: „Das ist für die Fischerei nicht zu verkraften“, | |
| sagt Holger Ortel, Präsident des [1][Deutschen Fischerei-Verbandes] (DFV). | |
| Seine Hoffnungen setzt er auf Bundeslandwirtschaftsminister Christian | |
| Schmidt (CSU), der auch für Fischfang zuständig ist. Der ließ kürzlich | |
| verlauten, er werde sich „auf europäischer Ebene für eine Anpassung | |
| zugunsten der Küstenfischerei der Ostsee einsetzen“. Damit ist klar, dass | |
| Schmidt im Oktober bei den Verhandlungen im EU-Ministerrat über die | |
| europäischen Fischfangquoten eine deutlich höhere Fangmenge beim Dorsch | |
| erreichen will. | |
| Die Wissenschaftler des [2][Internationalen Rats für Meeresforschung] | |
| (ICES) haben der EU nahegelegt, die Quote für Dorsch in der westlichen | |
| Ostsee für das Jahr 2016 um 80 Prozent zu senken. Nach deren Einschätzung | |
| ist der Ostseedorsch weiterhin überfischt. „Dorsch ist für die | |
| Ostseefischerei von herausragender Bedeutung, der Wiederaufbau der Bestände | |
| ist daher vorrangiges Ziel des Fischereimanagements“, heißt es dazu auf der | |
| ICES-Homepage. Allerdings sei bislang „keine Dorschfischerei in der | |
| westlichen Ostsee nach einem der gängigen Nachhaltigkeitsstandards | |
| zertifiziert“ worden, rügt der Rat. | |
| Nicht ganz so krass sieht das deutsche [3][Thünen-Institut für | |
| Ostseefischerei] die Problematik. Der Dorschbestand würde schon bei einer | |
| jährlichen Reduzierung um zehn Prozent bereits 2018 „den grünen Bereich“ | |
| wieder erreichen, schätzen die Rostocker Wissenschaftler. | |
| Eine zweimalige Kürzung um jeweils 30 Prozent in den nächsten beiden Jahren | |
| fordert dagegen Karoline Schacht von der Umweltstiftung WWF. Das würde den | |
| Dorschbestand sichern und die Küstenfischerei nicht gefährden. Zudem hätten | |
| die deutschen Fischer in den vergangenen drei Jahren ihre Quote „nur zu 73, | |
| 59 und 88 Prozent ausgefischt“, sagt Schacht, weil die Nachfrage nach | |
| Dorsch gar nicht so groß sei. | |
| ## „Überhaupt nicht nachhaltig“ | |
| Die Dorschfischerei in der Ostsee sei überhaupt nicht nachhaltig, sagt auch | |
| Thilo Maack von Greenpeace. „Die Bundesregierung unterstützt die | |
| umweltzerstörerische Grundschleppnetzfischerei“, so sein Vorwurf, zudem sei | |
| das Mindestmaß von 38 auf 35 Zentimeter Länge gesenkt worden. Damit werde | |
| kein Druck aufgebaut, selektivere Fangnetze zu entwickeln. Stattdessen | |
| gelte es, umweltschonende Handwerksfischer durch alternative | |
| Vermarktungsprogramme zu stärken: „Dann entstünden in der strukturschwachen | |
| Region an der deutschen Ostseeküste neue Arbeitsplätze“, sagt Maack. Das | |
| wäre „eine angemessene Förderung der regionalen Fischerei“, findet er. | |
| Norbert Kahlfuss, Vorsitzender des Verbandes der Deutschen Kutter- und | |
| Küstenfischer, prophezeit, dass die Ostsee schon bald „das erste nachhaltig | |
| bewirtschaftete Meer“ sein werde. Und DFV-Chef Ortel sagt: „Die | |
| Nachhaltigkeitswende haben wir vollzogen, jetzt erwarten wir die | |
| Nachhaltigkeitsdividende.“ Greenpeacer Maack kann da nur den Kopf | |
| schütteln: „Die Mär von der nachhaltig bewirtschafteten Ostsee ist ein | |
| schlechter Witz.“ | |
| 31 Aug 2015 | |
| ## LINKS | |
| [1] http://www.deutscher-fischerei-verband.de/ | |
| [2] http://www.ices.dk/Pages/default.aspx | |
| [3] https://www.ti.bund.de/de/of/ | |
| ## AUTOREN | |
| Sven-Michael Veit | |
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