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# taz.de -- 80 Jahre nach der Ausrottung: Nordsee soll Austernriffe kriegen
> Die ausgestorbene Europäische Auster soll in die Nordsee zurückkehren.
> Die Wiederansiedlung soll für mehr Artenvielfalt sorgen und den
> Küstenschutz verbessern.
Bild: Artenvielfalt gesteigert: Von Greenpeace vor acht Jahren angelegtes küns…
Hamburg taz | Auf der Europäischen Auster ruhen große Hoffnungen. „Sie hat
eine Schlüsselfunktion für die Artenvielfalt im marinen Ökosystem“, sagt
Beate Jessel, Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz (BfN). Und darum
soll die große Muschel, die vor Deutschlands Westküste einst heimisch war,
dort wieder angesiedelt werden. In einem dreijährigen Testlauf wollen
WissenschaftlerInnen des BfN und des Bremerhavener Alfred-Wegener-Instituts
für Polar- und Meeresforschung (AWI) jetzt dafür geeignete Meeresgebiete
untersuchen. Wenn alles optimal läuft, könnte es in der Nordsee in 30
Jahren wieder die ersten Austernriffe voller Artenreichtum geben.
Die Europäische Auster (siehe Kasten) war bis 1930 in der deutschen Nordsee
verbreitet. Durch Übernutzung sind die Austernbänke, die mit ihrer größten
Ausdehnung von 21.000 Quadratkilometern größer waren als
Schleswig-Holstein, gegen Ende des 19. Jahrhunderts verschwunden. „Es ist
ein Paradebeispiel dafür, wie eine Tierart in wenigen Jahren durch
Überfischung ausgerottet werden konnte“, sagt Jessel. Eiswinter und Stürme
sowie Krankheiten und Parasiten hätten eine Erholung der Bestände
verhindert. Zudem wächst die Europäische Auster nur sehr langsam, deshalb
sind ihre Reproduktionszyklen dementsprechend sensibel.
Von dieser Austernart existieren nur noch wenige Restpopulationen in
England, Schottland, Irland und Frankreich. Kürzlich wurde sogar eine
kleine Muschelbank vor der niederländischen Küste entdeckt, die noch
genauer erforscht wird. In Nordfrankreich wird die Europäische Auster auch
in kleinen Mengen in Aquakultur gezüchtet. Aus diesen isolierten Beständen
sollen die Jungaustern für die Wiederansiedlung in der Nordsee gewonnen
werden, sagte Projektleiterin Bernadette Pogoda.
## Versuch im Windpark
Infrage dafür kommen in erster Linie drei Natura-2000-Gebiete in der
deutschen Wirtschaftszone in der Nordsee: Borkum Riffgrund vor den
ostfriesischen Inseln, das Sylter Außenriff westlich von Sylt und die
flache Doggerbank am nordwestlichsten Zipfel der deutschen
200-Seemeilen-Zone mitten in der Nordsee, erläuterte Karen Wiltshire,
Vize-Direktorin des AWI. Vor Borkum sollen die Austern versuchsweise auch
an zwei Offshore-Windparks angesiedelt werden, sagt Pogoda. In den
Windparks und in den Natura-Gebieten gibt es keine Fischerei, denn das ist
eine der Voraussetzungen, damit die Jungaustern die Chance zu überleben
haben.
Das Sylter Außenriff, wo die Umweltschutzorganisation Greenpeace 2008
tonnenschwere Findlinge versenkte, um ein künstliches Riff aufzuschütten,
kommt ebenfalls für eine Ansiedlung infrage. Im Mai dokumentierte
Greenpeace mit Unterwasserfotos, dass sich dort neue Lebensgemeinschaften
aus Seesternen, Muscheln und Fischen entwickelt haben. Ob genau diese
Felsenlandschaft auch für die Austern geeignet sei, müsse aber noch geprüft
werden, sagt Jessel.
## Filter fürs Meer
Ziel des 854.000 Euro teuren und auf drei Jahre angelegten
Forschungsvorhabens ist es, ab 2019 ein gezieltes Wiederansiedlungsprojekt
mit den geeignetsten Jungaustern an den geeignetsten Plätzen zu starten.
Daraus soll eine „gesunde, überlebensfähige Population“ erwachsen. Weil d…
Europäische Auster so langsam wächst, bildet sie eben jene Riffstrukturen,
die anderen Lebewesen Nahrung und Schutz bietet. Zudem filtert sie bis zu
240 Liter Meerwasser pro Tag und kann deshalb wirksam vor giftigen
Algenblüten schützen. Und als Wellenbrecher sind Austernriffe außerdem ein
natürlicher Küstenschutz.
All das mache die Schlüsselrolle der Europäischen Auster im ökologischen
Kontext der Nordsee aus, sagt Jessel: „Und deshalb wollen wir sie wieder
ansiedeln.“
10 Nov 2016
## AUTOREN
Sven-Michael Veit
## TAGS
Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung
Greenpeace
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Meer
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Nordsee
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