# taz.de -- Greenpeace-Aktion vor Sylt: Schleppnetz-Sabotage mit Steinen | |
> Greenpeace versenkt erneut Riesensteine vor der Insel Sylt. Das so | |
> entstehende Riff soll die Schleppnetzfischerei in dem Meeresschutzgebiet | |
> verhindern. | |
Bild: Im Jahr 2008 machte Greenpeace die Aktion schon mal, und nun wieder: Plat… | |
HAMBURG taz | Sie sind gut einen Kubikmeter groß, mehrere Tonnen schwer und | |
reine Naturprodukte: Mehrere hundert Findlinge versenkt die | |
Umweltschutzorganisation Greenpeace seit Dienstag früh vor der Insel Sylt. | |
Die Steine sollen das nach der EU-Richtlinie "Natura 2000" geschützte | |
Sylter Außenriff vor der Fischerei mit Grundschleppnetzen schützen und den | |
Sand- und Kiesabbau behindern. | |
Beides pflüge den Boden in dem etwa 5.500 Quadratkilometer großen Areal um, | |
kritisiert Greenpeace: "Hier werden täglich Millionen Meeresorganismen | |
sinnlos getötet." Deshalb solle mit dem Versenken der Steine "ein | |
Schutzgebiet geschützt werden", erklärte Greenpeace-Meeresbiologin Iris | |
Menn. Die Bundesregierung müsse "diese zerstörerischen Aktivitäten endlich | |
beenden", fordert ihr Kollege Thilo Maack, der die Aktion vor Ort auf dem | |
Greenpeace-Schiff "Beluga 2" leitet. | |
## Gewonnener Rechtsstreit | |
Bereits vor drei Jahren hatte Greenpeace damit begonnen, in dem Gebiet | |
Felsen auf den Meeresboden hinabzulassen. Nachdem 320 von 1.000 Steinen im | |
August 2008 in rund 30 Meter Tiefe versenkt worden waren, hatte die Wasser- | |
und Schifffahrtsdirektion Nord die Arbeit gestoppt. Diese Bundesbehörde sah | |
einen Verstoß gegen das gesetzliche Verbot, auf hoher See Gegenstände | |
einzubringen. Sie befürchtete unter anderem, dass Fischkutter an den | |
unerwarteten Hindernissen kentern könnten. | |
Im anschließenden Rechtsstreit jedoch verfügte das Bundesverwaltungsgericht | |
in Leipzig als höchste Instanz am vorigen Donnerstag, dass das zuständige | |
Verwaltungsgericht Schleswig prüfen soll, ob die Steine überhaupt eine | |
Gefahr darstellen - oder nicht. Dies hatte das Gericht in erster Instanz | |
nämlich unterlassen. Oliver Salge, Leiter der Meereskampagne bei | |
Greenpeace, freute sich über den Richterspruch: "Jetzt kann endlich über | |
die Sache geredet werden", sagte er der taz. | |
## Erste Erfolge | |
Dass die nun vorerst unklare Rechtslage für eine Fortsetzung der Aktion | |
genutzt werden soll, will bei der Umweltschutzorganisation am Hamburger | |
Fischmarkt so niemand bestätigen. "Es ist für ein paar Tage ruhiges und | |
sonniges Wetter ohne hohen Wellengang prognostiziert", sagte Meeresbiologin | |
Menn nur. | |
Das bisherige Steineversenken am Sylter Außenriff betrachtet Greenpeace als | |
Erfolg. Bereits ein Jahr nach der Aktion hatten die Umweltschützer einen | |
ersten Monitoring-Bericht präsentiert. Danach hätten sich | |
lebensraumtypische Organismen angesiedelt. "Schutzgebiete sind wie eine | |
Atempause für die übernutzten Meere", sagte Maack damals. Im neuesten | |
Bericht vom 24. Mai 2011 weist Greenpeace zahlreiche Organismen auf den | |
Steinen nach. Seenelken, Seesterne, Muscheln, Moostiere, Krebse und | |
zahlreiche Fischarten haben die Findlinge zu ihrer Heimat erkoren. Die | |
Felsen seien "Teil des natürlichen Riffs geworden", so Maack. | |
Salge verweist zudem auf Vorbilder in Schweden und Dänemark. Dort seien | |
lädierte Riffe mit großen Felsen wieder aufgeschüttet und zu lebendigen | |
Biotopen gemacht worden. Dass in Deutschland verboten sei, was dort als | |
Schutzmaßnahme gilt, sei nicht nachvollziehbar. Zudem seien die Findlinge | |
in den Seekarten eingetragen, sagt Salge: "Wir sehen da keine Gefahr." Der | |
Vorsitzende des Fischereiverbandes Schleswig-Holstein, Lorenz Marckwardt, | |
hält die Aktion für eine "große Sauerei". Greenpeace nehme billigend in | |
Kauf, dass Schiffe und Besatzungen "vernichtet werden". | |
2 Aug 2011 | |
## AUTOREN | |
Sven-Michael Veit | |
Sven-Michael Veit | |
## TAGS | |
Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung | |
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