# taz.de -- Greenpeace-Gutachten: Illegale Fischereipraxis im Schutzgebiet | |
> "Es ist verboten, Schweinswale zu vergrämen." Die vom Ministerium | |
> vorgeschlage Fischereipraxis in Schutzgebieten verstößt laut Greenpeace | |
> gegen EU-Recht. | |
Bild: Toter Schweinswal bei einer Greenpeace-Aktion in Berlin. | |
HAMBURG taz | Die Fischerei in Meeresschutzgebieten in der deutschen Nord- | |
und Ostsee könnte illegal sein. Ein Rechtsgutachten im Auftrag der | |
Umweltschutzorganisation Greenpeace kommt zu dem Schluss, dass die vom | |
Bundeslandwirtschaftsministerium vorgeschlagenen Fischereimaßnahmen gegen | |
europäisches Naturschutzrecht verstoßen. "Nur ein ganzjähriges Verbot der | |
Fischerei" würde den strengen Anforderungen der EU-Richtlinie | |
Flora-Fauna-Habitat (FFH) genügen, schreibt die Hamburger Rechtsanwältin | |
Michéle John in ihrer gutachterlichen Stellungnahme, die am Dienstag in | |
Hamburg vorgestellt wurde. | |
Ein Hauptgrund sei, dass in den Schutzgebieten "Natura 2000" weiterhin die | |
Fischerei mit Stellnetzen erlaubt sein soll. In diesen Netzen verfangen | |
sich in großer Zahl Schweinswale und ertrinken. "Schutz sieht anders aus", | |
findet Greenpeace-Meeresbiologe Thilo Maack. Die Reservate seien | |
eingerichtet worden, um unter anderem den Bestand der einzigen heimischen | |
Walart zu fördern. Zudem solle auch die Fischerei mit Grundschleppnetzen | |
weiter möglich sein. Diese fräst mit schweren Ketten Sandbänke und | |
Steinriffe um und vernichtet somit die Nahrungsgrundlage der kleinen | |
Delfine. | |
Auch der Einsatz von Pingern sei kontraproduktiv: Diese Geräte warnten | |
Schweinswale zwar vor Netzen, wegen ihrer hohen Frequenzen verscheuchten | |
sie diese aber auch "in einem Umkreis von etwa drei Kilometern", so Maack. | |
"Dadurch werden Schweinswale aus ihren Schutzgebieten vertrieben. Das ist | |
absurd." Nach Einschätzung von John verstößt das alles gegen | |
EU-Naturschutzrecht: "Es ist verboten, Schweinswale in Schutzgebieten zu | |
stören, sie zu vergrämen oder ihnen die Nahrungsgrundlage zu nehmen." | |
Deshalb müsse die Fischerei in den zehn deutschen Meeresschutzgebieten | |
ausnahmslos ausgeschlossen werden. | |
## Bundespolizei stoppt Greenpeace | |
Nach einer nichtöffentlichen Anhörung aller Interessengruppen im Juli | |
erarbeiten derzeit die Bundesministerien für Landwirtschaft und für Umwelt | |
eine gemeinsame Position. Am heutigen Nachmittag konferieren die | |
Fischereiminister der fünf norddeutschen Küstenländer in Kiel über das | |
Thema. | |
Greenpeace hatte vorige Woche im Schutzgebiet Sylter Außenriff mehrere | |
große Steinbrocken in 30 Meter Wassertiefe versenkt. Damit soll das | |
Steinriff vor der Fischerei geschützt und der Sand- und Kiesabbau behindert | |
werden. Die Bundespolizei stoppte die Aktion, rechtliche Schritte dagegen | |
prüft Greenpeace zurzeit. Vor dem Verwaltungsgericht Schleswig wird | |
demnächst darüber verhandelt, ob das Steineversenken eine Gefahr für | |
Fischkutter oder eine Naturschutzmaßnahme ist. | |
10 Aug 2011 | |
## AUTOREN | |
Sven-Michael Veit | |
Sven-Michael Veit | |
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