# taz.de -- Skandal um LuxLeaks: Sie verlassen den besteuerten Sektor | |
> Das EU-Parlament deckt auf, wie Staaten Schlupflöcher für Steuern | |
> zulassen. Auslöser ist Luxemburg, dessen Ex-Premier Juncker Stellung | |
> nehmen will. | |
Bild: Hinterm Horizont beginnt die EU und damit das Steuerparadies. | |
Brüssel taz | Nach langem Zögern will sich EU-Kommissionspräsident | |
Jean-Claude Juncker nun doch zur LuxLeaks-Affäre äußern. Am 17. September | |
will er dem so genannten TAXE-Sonderausschuss des Europaparlaments Rede und | |
Antwort stehen. | |
Zu Junckers Amtszeit als luxemburgischer Premierminister sind zahlreichen | |
Großkonzernen fragwürdige Steuererleichterungen von den Behörden des Landes | |
verbindlich zugesichert worden – was anderen Staaten Milliarden an | |
Steuereinnahmen gekostet hat. | |
Die Anhörung zu dieser LuxLeaks-Affäre könnte turbulent werden, denn die | |
Abgeordneten haben in monatelanger Kleinarbeit viele Schlupflöcher und | |
Versäumnisse bei der Besteuerung großer Konzerne in der gesamten EU offen | |
gelegt. Dies geht aus dem Entwurf des Abschlussberichts des | |
TAXE-Ausschusses hervor, über den das Parlament im Oktober abstimmen will. | |
In dem 46-seitigen, der taz vorliegenden Entwurf, werden die 28 EU-Staaten | |
unverblümt des Rechtsbruchs beschuldigt. Durch die „Bevorzugung bestimmter | |
Unternehmen“ hätten die nationalen Steuerbehörden „eine | |
Wettbewerbsverzerrung auf dem Binnenmarkt bewirkt“, heißt es gleich zu | |
Beginn der Schlussfolgerungen. | |
## Gwinner: Google, Apple, Amazon, IKEA, Deutsche Bank | |
Zudem hätten die Mitgliedstaaten mehrere EU-Verordnungen zum Austausch von | |
Steuerdaten missachtet und den „Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit“ mit | |
Füßen getreten. Die Abgeordneten verweisen vor allem auf ein EU-Gesetz, das | |
schon in den 90er Jahren die Meldung von so genannten Vorabbescheiden | |
vorsah, mit deren Hilfe EU-Staaten mehr Transparenz über Steuertricks von | |
Unternehmen innerhalb der EU bekommen hätten. | |
Von den Steuervereinbarungen mit Luxemburg profitierten nach | |
Medienberichten unter anderem Google, Apple, Amazon, FedEx, IKEA und die | |
Deutsche Bank sowie EON und Fresenius Medical Care. | |
Ähnliche Sonderregeln gab es aber auch in vielen anderen EU-Ländern, fanden | |
die Europaabgeordneten heraus. Welche Länder an der „Steueroptimierung“ | |
beteiligt sind und welche Konzerne profitieren, konnten sie jedoch nicht | |
ermitteln, weil ihre Arbeit massiv behindert wurde. „Bislang ist kein | |
einziger EU-Finanzminister im Ausschuss erschienen“, klagt der | |
FDP-Europaabgeordnete Michael Theurer. | |
Zudem hätten die Mitgliedstaaten bis heute zahlreiche angeforderte | |
Dokumente nicht geliefert. Deutschland antwortete mit sechswöchiger | |
Verspätung, Österreich und Italien hatten bis zum Beginn der Sommerpause am | |
15. Juli noch gar nicht geantwortet. „Es erschreckend, dass bei den meisten | |
Verantwortlichen kaum Unrechtsbewusstsein besteht“, empört sich der | |
SPD-Abgeordnete Peter Simon. | |
Noch schwerere Geschütze fährt der Linkspolitiker Fabio De Masi auf: „Die | |
Architekten der Steueroasen Luxemburg und Niederlande – Jean-Claude Juncker | |
und Jeroen Dijsselbloem – sitzen fest im Sattel als Chefs der EU-Kommission | |
und der Eurogruppe.“ Die Aufdecker von LuxLeaks – Whistleblower und | |
Journalisten – stünden hingegen vor Gericht. Dies sei inakzeptabel, sind | |
sich die Europaabgeordneten im TAXE-Ausschuss einig. | |
## Verschuldeten Staaten fehlen Steuergelder | |
Die Lage sei „nicht länger tragbar“, heißt es in ihrem gemeinsamen | |
Berichtsentwurf, der nur noch unwesentlich geändert werden dürfte. Die | |
Staats- und Regierungschefs der EU müssten unverzüglich Abhilfe schaffen. | |
Denn die systematische Steuervermeidung habe massive „Auswirkungen auf die | |
nationalen Haushalte, die ohnehin den Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung | |
unterworfen sind“. Zudem würden einfache Steuerzahler sowie kleine und | |
mittlere Unternehmen benachteiligt. | |
Zu all dem soll Juncker bei seiner Anhörung im September Stellung nehmen. | |
Der Ausschuss möchte vor allem erreichen, dass die EU-Kommission den | |
Mitgliedstaaten stärker beim automatischen Informationsaustausch auf die | |
Finger schaut – und endlich eine gemeinsame Basis für die | |
Körperschaftssteuer vorschlägt. Das fordert das EU-Parlament nämlich schon | |
seit Jahren. | |
Den Rücktritt von Juncker oder andere politische Konsequenzen fordert es | |
hingegen nicht. Schließlich ist Juncker der erste Kommissionschef, der vom | |
Europaparlament bestimmt wurde. Das verbindet. | |
18 Aug 2015 | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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