# taz.de -- Umstrittener Moscheebau in Bukarest: Gehetzt wird nach Pegida-Art | |
> Angst vor Muslimen auch in Rumänien: Im Kampf ums Abendland wird eine | |
> geplante Moschee zum Zentrum nationalistischer Propaganda. | |
Bild: Demonstration gegen den geplanten Bau einer Moschee in Bukarest am Montag. | |
BERLIN taz | Der Kampf gegen den Islam nimmt auch in Rumänien skurile Züge | |
an. „Pegida als Vorbild für Rumänien!”, jubelte jüngst die rechtsradikale | |
Internetpostille NapocaNews, in der die erste Demonstration gegen einen | |
Moscheebau in Bukarest angekündigt wurde. Die von der | |
ultranationalistischen Partei Noua Dreapta (Neue Rechte) organisierte | |
Demonstration fand am Montag Abend in Bukarest statt. | |
Zuvor hatte die Neue Rechte auf ihrer Internetseite bereits ein Referendum | |
gefordert und an die Wähler appelliert, gegen die Errichtung einer Moschee | |
in Bukarest zu stimmen. Im Einklang mit den Organisatoren forderten die | |
Teilnehmer auf der ersten Montagsdemonstration die Annullierung der | |
Baugenehmigung für die Moschee, die seit Tagen in den rumänischen Medien | |
die Gemüter erhitzt. | |
Die Regierung hatte dem rumänischen Muftiat ein 11.000 Quadratmeter großes | |
Grundstück für 49 Jahre überlassen, auf dem ab 2018 außer der Moschee noch | |
eine Bibliothek und eine Koranschule – für 20 Besucher - entstehen sollen. | |
Das Bauprojekt sowie die Anlegung eines muslimischen Friedhofs in Bukarest | |
wurde bereits 2011 zwischen dem damaligen Staatspräsidenten Traian Basescu | |
und dem türkischen Ex-Premier Erdogan vereinbart. Die Errichtung des | |
Zentrums soll, gemäß dieser Vereinbarung, zum Großteil von der Türkei | |
mitfinanziert werden und in erster Linie den Angehörigen der | |
türkisch-tatarischen nationalen Minderheit aus Rumänien als spirituelle | |
Anlaufstelle dienen. | |
Die seit Jahrhunderten auf dem Gebiete Rumäniens lebende türkisch- und | |
tatarischstämmige Minderheit ist zahlenmäßig geschrumpft und beläuft sich | |
heute auf etwa 65.000 Mitglieder. Der größte Teil der muslimischen | |
Minderheit lebt in der Dobrudscha, der ans Schwarze Meer angrenzenden | |
Region, in deren Kreishauptstadt Constanta/Konstanza sich eine der ältesten | |
Moscheen Europas befindet. | |
## Systematisch Überfremdungsängste geschürt | |
In der rumänischen Hauptstadt Bukarest leben zur Zeit rund 10.000 Muslime, | |
davon viele die nach 1990 aus dem Nahen Osten und der Türkei als | |
Geschäftsleute zugewandert oder als Flüchtlinge in Rumänien gestrandet | |
sind. Das in den rumänischen Medien als Mega-Moschee verteufelte Projekt, | |
erklärte das geistliche Oberhaupt der Muslime, Mufti Jusuf Murat in | |
mehreren Interviews, ist keineswegs ein Trojanisches Pferd des Islamismus | |
in Europa, sondern soll junge rumänische Muslime vor „fundamentalistischen | |
Verlockungen“ schützen. | |
Expräsident Basescu äußerte vor wenigen Tagen seine Bedenken gegenüber dem | |
Moscheebau und erklärte, in dem geplanten religiösen Zentrum habe man die | |
Absicht „abertausende muslimische Studenten“ auszubilden, die „ein | |
Sicherheitsrisiko“ für Rumänien darstellen würden. Mufti Murat bezeichnete | |
die Aussagen Basescus als „unverantwortlich“ und als einen Versuch die | |
Angelegenheit politisch aufzubauschen. | |
Für die rumänischen Rechtsnationalisten ist der umstrittene Moscheebau ein | |
gefundenes propagandistisches Fressen. In den unter dem Titel „Stimme der | |
Rechten” in der Bukarester Tageszeitung Evenimentul Zilei veröffentlichten | |
Kolumnen des bekannten Nationalisten Paul Ghitiu werden nicht nur | |
systematisch Überfremdungsängste geschürt, sondern auch krude islamophobe | |
Thesen verbreitet, die einen Tilo Sarrazin vor Neid erblassen ließen. | |
Am Montag schrieb Ghitiu, Rumänien erwarte das gleiche Schicksal wie | |
Westeuropa, das in 30 Jahren von Muslimen dominiert sein werde. Er | |
kritisierte das „humanitäre Getöse” der Westeuropäer bezüglich der Aufn… | |
von Flüchtlingen sowie deren Verteilung in EU-Länder als „neo-marxistische | |
Propaganda” und empfahl den Rumänien, sich nicht von „schwulen Ideologen” | |
verführen zu lassen, sondern sich aufs Kinderkriegen zu verlegen. | |
Außerdem sprach er von einer von langer Hand geplanten Islamisierung | |
Rumäniens. Die rechtsgerichtete Postille NapocaNews sekundierte und stellte | |
die steile Behauptung in den Raum, die „Mega-Moschee” sei das Ergebnis | |
einer „aggressiven atheistischen Offensive”, die dem „radikalen Islam” … | |
und Tor öffnet. „Der Islamismus”, schlussfolgerte die Gazette im | |
traditionell düsteren Weltuntergangstonfall rumänischer Rechtsextremisten, | |
„ist das Produkt des Atheismus und Neo-Marxismus”. | |
22 Jul 2015 | |
## AUTOREN | |
William Totok | |
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