# taz.de -- Rechte Petition in Rumänien: Für faschistischen Straßennamen | |
> In Cluj verhindern Unterzeichner einer Petition die Umbenennung einer | |
> Straße. Der Namensgeber ist ein Dichter der Faschistenbewegung. | |
Bild: Anhänger der faschistischen Legionärsbewegung beim jährlichen Sommertr… | |
Berlin taz | Die geplante Umbenennung einer Straße in der rumänischen | |
Großstadt Cluj/Klausenburg, die den Namen des faschistischen | |
Blut-und-Boden-Dichters Radu Gyr trägt, hat massive Proteste ausgelöst. | |
Etwa 7.000 Personen unterzeichneten eine Petition, in der der Bürgermeister | |
und der Stadtrat aufgefordert wurden, auf die Umbenennung zu verzichten. In | |
dem Schreiben wird der faschistische Dichter Radu Gyr (1905-1975) als | |
unschuldiges Opfer der kommunistischen Nachkriegsjustiz beschrieben. | |
Radu Gyr war einer der intellektuellen Köpfe der Legion des Erzengels | |
Michael, der in den 1920er Jahren entstandenen rumänischen | |
Faschistenbewegung. Viele seiner völkischen und legionärfaschistischen | |
Gedichte wurden vertont. | |
Als Lieder hatten sie einen besonders hohen Mobilisierungseffekt, so etwa | |
seine berüchtigte „Hymne der heiligen Legionärsjugend“, in der es wörtli… | |
heißt: „Für die Mutigen errichten wir Altäre / Für die Verräter haben wir | |
nur Kugeln!“Dieses Lied hatte für die rumänischen Faschisten einen | |
ähnlichen Stellenwert wie das so genannte Horst-Wessel-Lied, „Die Fahne | |
hoch“, für die deutschen Nazis. | |
Nach der Wende von 1990 wurde Radu Gyr von rechtsradikalen Kreisen und | |
Organisationen zu einem Symbol des antikommunistischen Widerstands | |
stilisiert. Nicht zufällig gehörten zu den Initiatoren der Petition die | |
Stiftung Ion Gavrilă Ogoranu und die Vereinigung Gogu Puiu/Haiducken der | |
Dobrudscha. In ihrer unermüdlichen Propagandatätigkeit setzen sich diese | |
ultrarechten Organisationen für die politische Rehabilitierung rumänischer | |
Faschisten ein, die während des Kommunismus inhaftiert waren und plädieren | |
gleichzeitig für eine Aufwertung der terroristischen Legion des Erzengels | |
Michael, die sie als eine makellose christliche Bewegung darstellen. | |
## Ultrarechter Protest | |
Die Namensgeber der beiden Organisationen, die sich als Vertreter der | |
Zivilgesellschaft aufspielen, Ogoranu und Puiu, gehörten der faschistischen | |
Legionärsbewegung an und waren nach dem Zweiten Weltkrieg in | |
antikommunistischen, bewaffneten Freischärlerverbänden aktiv. | |
Dem ultrarechten Protest gegen die Umbenennung der Radu-Gyr-Straße schloss | |
sich auch der Vorsitzende des Verbands ehemaliger politischer Häftlinge | |
(AFDPR), Unterstaatssekretär Octav Bjoza, an. In einer offiziellen | |
Mitteilung würdigte er den völkischen Dichter Radu Gyr als eine | |
herausragende Persönlichkeit der rumänischen Literatur und als ein Sinnbild | |
für „die Leiden des rumänischen Volkes“. | |
Bjoza geriet 2014 in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit, als er für | |
besondere Verdienste von Präsident Klaus Johannis mit dem höchsten Orden | |
Rumäniens ausgezeichnet wurde. In einem damals verbreiteten | |
Protestschreiben des Zentrums für die Bekämpfung des Antisemitismus (MCA) | |
wurde auf die von Bjoza öffentlich geäußerten Sympathiebekundungen für die | |
antisemitische Legion hingewiesen. Ohne Erfolg. | |
Obwohl im rumänischen Strafgesetzbuch die Verherrlichung faschistischer | |
Persönlichkeiten, von Kriegsverbrechern, antisemitische und | |
fremdenfeindliche Propaganda sowie Holocaustleugnung als Straftatbestände | |
gelten, werden diese Bestimmungen in der Praxis kaum respektiert. | |
## Antisemitisch grundierte Angriffe | |
Das der Regierung in Bukarest unterstellte Landesinstitut für das Studium | |
des Holocaust Elie Wiesel hat in den vergangenen Jahren immer wieder gegen | |
die Verherrlichung von Kriegsverbrechern oder Faschisten im öffentlichen | |
Raum protestiert. So auch im Fall der Radu-Gyr-Straße, für deren | |
Umbenennung sich das Institut ausgesprochen hatte. | |
Dies führte zu einer Kette von antisemitisch grundierten Angriffen, die | |
insbesondere in den sozialen Netzwerken und im Internet eine breite | |
Resonanz finden. In einem dieser im virtuellen Raum verbreiteten Beiträge | |
heißt es, der Versuch die Straßenumbenennung durchzusetzen, sei eine | |
„Kriegserklärung an die rumänische Nationalkultur und an den | |
antikommunistischen Kampf Rumäniens, die in den obskuren Laboratorien des | |
sechseckigen Sterns ausgeheckt wurde“. | |
27 Jun 2017 | |
## AUTOREN | |
William Totok | |
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